Gesetzeslücke

Rechtliche Nebelschwaden um Cloud-Daten

15.07.2013 von Joachim Hackmann
Wenn Cloud-Provider die Daten ihrer Kunden umstrukturieren, greift möglicherweise ein Recht an der neu entstandenen Datenbankstruktur, sagt IT-Anwalt Alexander Duisberg. Nicht alle Anwender und Anbieter haben diese Rechtsfolge vor Augen.
Große Anbieter betreiben ihre Cloud-Angebote nicht nach deutschem Recht.

Wenn Cloud-Provider die Daten ihrer Kunden umstrukturieren, greift möglicherweise ein Recht an der neu entstandenen Datenbankstruktur, sagt IT-Anwalt Alexander Duisberg. Nicht alle Anwender und Anbieter haben diese Rechtsfolge vor Augen.
von Joachim Hackmann
Der juristische Blick auf das Cloud Computing zeigt, dass der deutsche Gesetzgeber noch einige Aufgaben vor sich hat. Auf ein beachtenswertes und weitgehend unbekanntes Rechtsphänomen machte etwa Alexander Duisberg, auf IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt der internationalen Kanzlei Bird & Bird, aufmerksam. So kann beim Datenbank-Hersteller beziehungsweise -Provider ein eigenes Recht an der Datenbankstruktur auf die gespeicherten Daten des Kunden entstehen, wenn er unstrukturierte Daten oder anders strukturierte Daten, die ihm vom Anwender übergeben wurden, ordnet und neu formatiert, um sie etwa der eigenen Datenbankstruktur anzupassen.

Zwar sehen die meisten Cloud-Bedingungen die Herausgabe der Daten in der einen oder anderen Form vor und es ist bislang kein Fall bekannt, in dem ein Provider diesen Einwand erhoben hat. Doch die Möglichkeit besteht und spätestens beim Unternehmenskauf kommt die Frage der Herauslösbarkeit der Daten aus der Cloud auch rechtlich auf den Prüfstand.

Duisberg präsentierte seine juristische Bewertung anlässlich des dritten Best-in-Cloud-Stammtisches in Berlin, zu dem die COMPUTERWOCHE regelmäßig in verschiedenen Städten einlädt. Die Abendveranstaltungen, zu denen zuvor schon in München und Frankfurt am Main jeweils knapp 30 Gäste kamen, sollen das Networking von Cloud-Interessenten und Teilnehmern des Best-in-Cloud-Awards fördern.

Die deutsche Cloud-Szene traf sich ...
... Mitte Oktober zum COMPUTERWOCHE-Wettbewerb "Best in Cloud" in der Rheingoldhalle in Mainz.
Heinrich Vaske, Chefredakteur der COMPUTERWOCHE ...
... moderierte durch die Veranstaltung.
Die Jury von Best in Cloud
Neben Stefan Ried von Forrester Research, Frank Sempert von Saugatuck Technology Inc., Carlo Velten von der Experton Group AG und Horst Westerfeld vom Bundesland Hessen (hier im Bild v.l.n.r.), prüften noch Peter Burghardt von der Techconsult GmbH, Wolfgang Martin vom Wolfgang Martin Team, Stefan Tai von KIT und Mathias Weber vom Bitkom die Cloud-Projekte auf Herz und Nieren.
Jeder Finalist ...
... hatte sechs Minuten Zeit sein Projekt vorzustellen. Hier im Bild: Evelyn Ott von Wepro.
Danach stellte die Jury ...
... noch vier Minuten lang Fragen.
Neben der Jury...
... konnten auch die Teilnehmer ...

.... ihren Favoriten wählen.
Das war Best in Cloud 2012
Prof. Gunter Dueck ...
... präsentierte auf dem Best in Cloud Event seine Ansichten ...

... über das Leben und Arbeiten nach dem Cloud Computing.
Arno van Züren von Trend Micro über ...
... Kontrolle ist gut - Deep Security ist besser!
Unsere Jurymitglieder Dr. Carlo Velten und Horst Westerfeld ...
...fragten nach.
Das war Best in Cloud 2012
Nikolaus Gouders von arvato Systems ...
... präsentierte mit großem Erfolg das Projekt: farmpilot - mobile Organisation für landwirtschaftliche Maschinen.
Das war Best in Cloud 2012
Horst Westerfeld im Interview
Das war Best in Cloud 2012
Bilder von der Preisverleiung
Bilder von der Preisverleiung
Alle Gewinner vom Best in Cloud Event 2012

In seinem knapp 15 minütigen Vortrag wies Duisberg die Gäste auf weitere Ungereimtheiten hin: "Große Anbieter betreiben ihre Cloud-Angebote nicht nach deutschem Recht, sondern legen in ihren Bedingungen zum Beispiel irisches oder US-amerikanisches Recht mit einem ausländischen Gerichtsstandort fest", warnte Alexander Duisberg, auf IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt der internationalen Kanzlei Bird & Bird. "Das tun sie unter anderem, weil sonst das deutsche AGB-Recht auch im B2B-Bereich für den Cloud-Betrieb maßgeblich ist und einer strengen richterlichen Kontrolle unterliegt."

Zwar ließen sich aus Herstellersicht einige Regelungen etwa hinsichtlich Haftung zum Teil mit Hilfe der Nutzungsvereinbarungen eingrenzen, doch insgesamt ist das hiesige AGB-Recht nur schwer mit dem Cloud-Geschäftsmodell in Einklang zu bringen, betonte der IT-Anwalt. Ursache der rechtlichen Unsicherheit ist unter anderem, dass die Grundlagen des deutschen Zivilrechts, die bereist im 19. Jahrhundert formuliert wurden, den Begriff der Daten nicht kennen. "Daten, also das als Öl des 21. Jahrhunderts, sind als Asset bisher kaum auf dem Radar und ausreichend geschützt", fasst Duisberg zusammen. "Bessere Vertragsbedingungen könnten den Cloud-Erfolg in Deutschland und Europa erheblich begünstigen."

Zum Video: Rechtliche Nebelschwaden um Cloud-Daten

Zeit zum Netzwerken in der Pause
Eintreffen der Partner und Aussteller
Regina Böckle von ChannelPartner heißt Gäste und Referenten Willkommen
Annika Holicki (Autotask) mit Christian Diem (Bechtle)
Thomas Ewald (Avnet Technology Solutions) hat sichtlich Freude an der Diskussion
Die Sponsoren stellen sich vor (v.l.): Bernhard Gössel (Infinigate), Christian Sojtschuk (ArrowECS), Rüdiger Herfrid (Adobe) Stefan Wahlscheidt (Tech Data), Thomas Ewald (Avnet), Uwe Knoke (weclapp) und Christian Prich (Cyberpower)
Peter Haupt (Utilitas) berichtet von anfänglichen Bedenken, ins Geschäft mit Office 365 einzusteigen
... und beschreibt anschließend, wie das Modell zum Fliegen kam (Peter Haupt, Utilitas)
Aufmerksame Zuhörer
Avinash Putty (EMC Mozy) mit Christian Sojtschuk (Arrow ECS)
Bernd Gehle von weclapp (links) mit Besucher
Bernhard Gössel (Infinigate) referiert zur Absicherung von Daten in der Cloud
Christian Pirch (Cyberpower) mit Regina Böckle (ChannelPartner)
Andreas Fischer (Kutzschbach Electronic) mit Martin Klein (Wortmann)
Annika Holicki (Autotask) zeigt, wie Partner ihre Dienstleistungen leichter verwalten und abrechnen können
Annika Holicki (Autotask)
Referent Christian Sojtschuk (Arrow ECS) erläutert...
... wie die Bereitstellungs- und Abrechnungsplattform ArrowSphere funktioniert (Christian Sojtschuk Arrow ECS)
Björn Brauer (SafeNet) mit Besuchern
Christine Händler (ElectronicPartner SE) im Gespräch
Besucher wollen am Arrow-Stand mehr zu ArrowSphere erfahren
Stärkung in der ersten Frühstückspause
Patrick Ruppelt (pr itk solutions) berichtet, wie es zur Gründung des Projekts "Rechenzentrum München" kam und wie das Modell funktioniert.
Patrick Ruppelt (pr itk solutions) beantwortet Fragen im Anschluss an den Vortrag
Die Fragerunde wird in der Kafeepause fortgesetzt
Angeregte Diskussionen am Stand von SafeNet / Infinigate
Bernhard Gössel (Infinigate) diskuiert mit Besuchern
In den Pausen ist Zeit fürs Netzwerken untereinander
Thomas Ewald (Avnet) spricht über die Möglichkeiten der dynamischen IT auf Basis von HP CloudSystems
Juergen Schmidtke (United Systems AG) startet die Fragerunde nach einem Vortrag
Fanni Szabo und Annika Holicki (Autotask)
Georg Wesinger (Uniscon) mit einem Kollegen
Hands on!
Pausendebatten
Security Consultant Karl Hoffmeyer mit einem Kollegen
Sabine Schlund und Thomas Jank (ChannelPartner)
Stefan Wahlscheidt (Tech Data) mit Christine Haädler (ElectronicPartner SE) und Uwe Knoke (weclapp)
Jörg Suthoff (Telonic) informiert sich am Autotask-Stand
Thomas Hauptmann (Simon Executive Consultants) im Gespräch
Neue Kontakte werden geknüpft
Live-Demo zum Online-Backup am Stand von EMC Mozy
Maria Kornoff (iTeam) mit Timo Ulmer (Buerotex metadok)
Matthias Schorer (VMware) fesselte die Zuhörer mit seinen Ausführungen zum Software Defined Datacenter...
... und veranschaulichte mit einem drastischen Bild, weshalb der Wandel erforerlich ist.
Manche Besucher hatten in der Vergangenheit bereits gemeinsam Projekte abgewickelt.
Nicolas Deuss (Telekom Deutschland) im Gespräch
Diskussion unter Partnern
Olaf Kaiser (iTeam) mit Werner Führer (Buerotex metadok)
Rüdiger Herfrid (Adobe)
Patrick Ruppelt (pr-itk solutions) mit Dr. Andreas Thomas (IGN GmbH)
Thomas Ewald (Avnet) mit Besuchern
Uli Meyer und Karl-Heinz Hetfleisch-Wenzel (Acerdon) mit Regina Böckle (ChannelPartner)
Bernhard Gössel (Infinigate) mit Besucher
Dieter Schumann (Net Integration) mit Systemhauskollegen
Debatten in den Vortragspausen
Sybille Luecke Tech Data mit Ruediger Herfrid v Adobe
Rechtsanwalt und Externer Datenschutzbeauftrager Dr. Sebastian Kraska (IITR) sezierte äußerst unterhaltsam die Fallstricke und Untiefen des Datenschutzes
Die Partner nutzen die Gelegenheit, Fragen an den Referenten zu stellen.
Rüdiger Herfrid (Adobe) schildert das Abo-Modell der Team CerativeCloud
Sabine Schlund (ChannelPartner) mit Christian Pirch (Cyberpower)
Uwe Knoke (weclapp) erläutert die Details zum Channelprogramm
Stefan Wahlscheidt (Tech Data)
Peter Haase (PHC) im Gespräch
Sybille Lücke (TechData) in der Herrenrunde
Thomas Jank (ChannelPartner) mit Sebastian Woerle (IDG Business Media)
Uwe Knoke (weclapp) zeigt Stefan Wahlscheidt (Tech Data) die Cloud-basierten ERP-Cloud Lösungen
Rüdiger Wesinger (uniscon GmbH) mit einem Kollegen
Thomas Jank und Sabine Schlund (ChannelPartner)
Annika Holicki (Autotask)
Zeit zum Gespräch an den Ständen
Schlussrunde: Podiumsdiskussion mit Christian Sojtschuk (Arrow ECS), Regina Böckle (ChannelPartner), Thomas Ewald (Avnet) und Patrick Ruppelt (pr itk solutions)
Carsten Bezuk und Manfred Wagner (Aligia) lassen den Tag beim abschließenden Get Together ausklingen

Aber auch abseits der grundsätzlichen juristischen Erwägungen tun sich ganz praktische Hürden auf dem Weg in die Cloud auf. Der Betrieb von Anwendungen in der Wolke folgt neuen technischen und marktwirtschaftlichen Anforderungen. Es geht darum, möglichst schnell und mit einem verlässlichen, leistungsstarken Produkt den Zugang zum Kunden finden.

Damit tun sich nach Einschätzung von Mathias Petri, CTO von Stone One und Vorstandmitglied des lokalen Branchenverbands ICT & Digital Business Association Berlin-Brandenburg e.V. (SIBB), vor allem Hersteller schwer, die den Sprung von der on-Premise- in die on-Demand-Welt schaffen müssen. "Wenn man morgen oder übermorgen noch am Markt erfolgreich sein will, muss man heute das Geschäftsmodell anpassen", appellierte er an die Anbieter. Warnendes Beispiel, so Petri, sollte vielen etablierten Anbietern der Erfolg von Salesforce sein. Der SaaS-Pionier hat den traditionellen Herstellern von CRM-Software erhebliche Marktanteile abgejagt und kann mittlerweile auf einen weltweiten Umsatz von mehr als drei Milliarden verweisen.

Vor dem Hintergrund, dass das Sammeln und Auswerten von Daten schon in naher Zukunft für viele Anwenderunternehmen wettbewerbskritisch ist, gewinnt der Cloud-Betrieb auch aus Kundensicht an Bedeutung. "Big Data für den Mittelstand wird vor allem aus der Cloud kommen", erwartet Frank Sempert, Senior Programm Executive beim Analystenhaus Saugatuck Technology. "Die Provider stellen die Tools und Algorithmen bereit, die den KMUs die Ergebnisse liefern."

Doch Vorsicht Falle, so Sempert: Im Web warteten viele unstrukturierte Daten zur Auswertung, daher bewege man im Big-Data-Umfeld schnell Massen, die in den Peta-Bereich hineinreichten. Der zeitnahe Transport solche Datenmengen sei wirtschaftlich kaum zu betreiben, daher sieht der Cloud-Experte durchaus auch künftig Bedarf an hausinternen Data-Center, in denen Informationen gespeichert und ausgewertet werden. "Große Konzerne neigen eher zu on-Premise-Lösungen, mittelgroße Anwenderunternehmen werden hybride Installationen verwenden, und für kleine Firmen dürfte der reine Cloud-Betrieb erst Wahl sein", schloss Sempert seinen Vortrag.
(Der Beitrag wurde von der CP-Schwesterpublikation Computerwoche übernommen / rb)