Handy, Parkschein, Stau

Rechtsirrtümer im Straßenverkehr

08.09.2014 von Renate Oettinger
In vielen Situationen rund ums Thema Autofahren glaubt man zu wissen, was stimmt – und doch ist alles ganz anders. Die Arag-Experten decken einige hartnäckige Irrtümer im Straßenverkehr auf.

Was meinen Sie? Das Handyklingeln während der Fahrt wegdrücken gilt nicht als Telefonieren am Steuer. Der Parkscheinautomat ist kaputt, also darf man einfach so dort parken. In diesen Situationen rund ums Thema Autofahren glaubt man zu wissen, was stimmt – und tatsächlich ist alles doch ganz anders.

Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man den Überholvorgang unter bestimmten Umständen mit der Lichthupe ankündigen.
Foto: Markus Langer - Fotolia.com

Dürfen Motorräder rechts am Stau vorbeifahren?

Keiner steht gerne im Stau – auch Motorradfahrer nicht. Rechts an den stehenden Autos vorbeifahren dürfen sie aber trotzdem nicht. Denn rechtlich ist klar: Das Rechtsüberholen – auch beim Durchschlängeln – ist unzulässig und kann als Verstoß gegen die StVO mit einem Bußgeld und bis zu drei Punkten in Flensburg geahndet werden. Kommt es zum Unfall, rechnen die Gerichte dem Fahrer außerdem ein Mitverschulden an.

Auch das Ausweichen auf den Seitenstreifen ist nicht zulässig. Der gilt nämlich laut StVO nicht als Fahrbahn und darf deshalb nicht zum Fahren benutzt werden. Links überholen dürfen Motorradfahrer zwar grundsätzlich, aber nur innerhalb der Fahrbahnmarkierung – und das dürfte oft am fehlenden Platz scheitern. Anders sieht die Lage nach der StVO für Mofa- und Radfahrer aus: Sie dürfen einen Stau oder wartende Fahrzeuge an der Ampel vorsichtig rechts überholen (OLG Düsseldorf, Az.: 5 Ss (OWi) 151/90).

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Schlechte Karten für Drängler
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Wann gilt das "faktische Überholverbot"?
Verursacht ein Verkehrsteilnehmer beim Überholen einen Unfall, haftet er nicht automatisch für Schäden. Auch das Einhalten der Höchstgeschwindigkeit spielt eine Rolle.<br>
Crash nach Ausfahrt aus Grundstück
Die Ausfahrt aus einem Grundstück mit anschließendem Linksabbiegen kann unter bestimmten Umständen ein besonders gefährliches Fahrmanöver sein. Die Versicherung muss den Schaden voll übernehmen.<br>

Den Handyanruf wegdrücken - ist das erlaubt?

Falsch: Schon das Wegdrücken eines ankommenden Anrufs auf dem Handy während der Fahrt gilt als Benutzung des Geräts und zieht ein Bußgeld nach sich. Das entschied das Oberlandesgericht Köln und verhängte gegen den Autofahrer eine Geldbuße von 50 Euro. Denn beim Abweisen des Anrufs wird das Handy ebenso benutzt wie beim Beenden einer Gesprächsverbindung oder beim Ein- und Ausschalten. Ob und aus welchen Gründen die Telefonverbindung scheitert, sei dabei unerheblich, so die Richter (OLG Köln, Az.: III-1 RBs 39/12).

Vor dem Überholen darf keine (Licht-) Hupe benutzt werden – stimmt das?

Das gilt nur innerhalb geschlossener Ortschaften. Außerhalb der Städte – so die StVO – darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen (sprich: Hupe oder Lichthupe) angekündigt werden. Allerdings dürfen entgegenkommende Fahrzeuge durch das Fernlicht nicht geblendet werden. Und: Mehrmaliges Aufblenden oder zu dichtes Auffahren stellt eine Nötigung des Vorausfahrenden dar.

Darf man an defekten Parkautomaten einfach parken?

Gibt es in der gleichen Parkzone noch weitere (funktionsfähige) Parkscheinautomaten, muss der Autofahrer dort einen Parkschein ziehen. Ist das nicht der Fall oder sind auch die anderen Automaten ausgefallen, schreibt die StVO vor, dass eine Parkscheibe zu verwenden ist. Geparkt werden darf dann aber maximal bis zu der auf dem Automaten angegebenen Höchstparkdauer. Übrigens: Ist mal kein passendes Kleingeld zur Hand oder nimmt der Automat ein bestimmtes Geldstück nicht an, muss man sich andere Münzen besorgen. Denn es ist Sache des Autofahrers – so das Oberlandesgericht Hamm –, so viele Versuche mit unterschiedlichen Münzen zu machen, bis ein Parkschein produziert wird (OLG Hamm, Az.: 3 Ss OWi 576/05).

Laute Musik im Auto geht nur den Fahrer etwas an?

Dass man im Auto die Musik so laut aufdrehen darf, wie man will, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Denn laut StVO trifft den Fahrzeugführer die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sein Gehör nicht durch Geräte beeinträchtigt wird. Und eine solche Beeinträchtigung liegt spätestens dann vor, wenn der Fahrer ein Martinshorn überhört und den Einsatzwagen behindert – egal, ob die laute Musik aus der Anlage kommt oder Kopfhörer benutzt werden. In diesem Fall begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit, die vom Gesetz mit einem Bußgeld von zehn Euro bestraft wird.

Quelle: www.arag.de