Unternehmensnachfolge

Rechtzeitig das unternehmerische Lebenswerk sichern

30.01.2008
Das geplante Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge wird grundlegende Änderungen bringen. Firmenchefs können sich schon jetzt darauf einstellen und Vorkehrungen treffen.

Wer soll die Firma weiterführen, wenn der Chef es nicht mehr kann oder will? Wie lässt sich die Nachfolge sinnvoll regeln? Sowohl eine Übertragung an eigene Kinder als auch eine Veräußerung an Externe erfordert eine systematische Planung. Das geplante Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge wird grundlegende Änderungen bringen. Firmenchefs können sich schon jetzt darauf einstellen und Vorkehrungen treffen.

Nach einer Erhebung des Instituts für Mittelstandsforschung stellt sich für rund 70.000 Unternehmer jährlich die Frage der Betriebsübergabe. Gerade im Mittelstand bleibt die Unternehmensnachfolge oft ungeregelt und rückt eher kurzfristig auf die Tagesordnung. Nur 40 Prozent der Familienunternehmen haben ihre Nachfolge geklärt.

Wachsender Handlungsbedarf

Für mittelständische Firmeninhaber ist die Nachfolgeregelung ein ebenso sensibles wie komplexes Thema. Viele scheuen alle damit in Verbindung stehenden Fragen und prüfen erst sehr spät geeignete Lösungsmodelle. Dabei birgt die Übergabe eines Unternehmens viele Unsicherheiten. Allein die Existenz eines gewillten Nachfolgers garantiert noch keinen reibungslosen Fortbestand der Firma. Der geeignete Kandidat sollte nicht nur mit seiner fachlichen, sondern auch sozialen Kompetenz überzeugen. Nur so kann er das Vertrauen von Management, Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden gleichermaßen gewinnen.

Über den Erfolg einer Unternehmensnachfolge entscheidet eine Vielzahl von internen und externen Faktoren. Nur wer vorausschauend handelt, kann alle steuerlichen und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorteilhaft nutzen. Experten empfehlen einen Zeithorizont von mindestens sechs Monaten für die Klärung von strategischen Fragen, um dann zielgerichtet alle Umsetzungsmaßnahmen schrittweise zu verfolgen.

Auch in Hinblick auf die laufende Unternehmensführung gibt es viele gute Gründe, rechtzeitig zu handeln. "Die Frage der Nachfolgeregelung nimmt Einfluss auf die Rating-Beurteilung und kann maßgeblich für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit sein", betont Professor Klaus Ballarini, Geschäftsführer des Instituts für Mittelstandsforschung. Inhabergeführte Unternehmen sollten auch über einen Firmennotplan verfügen, der im schlimmsten Fall auch den Ausfall der Geschäftsleitung zu überbrücken weiß.

In Sachen Nachfolgeplanung hat sich in der Praxis eine Faustregel bewährt: Wird der aktuelle Geschäftsführer 50, sollte er mit der Nachfolgersuche starten - in der eigenen Familie oder unter den Mitarbeitern. Wird er dort nicht fündig, hat er noch genügend Zeit, einen externen Junior-Chef aufzubauen.

Übertragung innerhalb der Familie

Eine Nachfolgeregelung im Familienkreis gestaltet sich heutzutage immer schwieriger. Viele gestandene Firmenchefs sind nicht mit dem Kinderreichtum vorausgegangener Generationen gesegnet. Zudem strebt der Nachwuchs oft einen eigenen Karriereweg an und will nicht automatisch das Geschäft der Eltern weiterführen.

In manchen Fällen kann es angebracht sein, eine Übergabe innerhalb der Familie so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. Dank Abschlagsregelung und Freibeträgen kann dies möglicherweise ohne Erbschaftssteuerzahlung erfolgen. "Wer in absehbarer Zeit Firmeneigentum übertragen will, sollte jetzt nachrechnen, was es ihn kosten würde", rät Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Andreas Rohde von der Beratungsgesellschaft DHPG in Bonn. Aus seiner langjährigen Beratungspraxis weiß er, dass die Kosten einer Unternehmensnachfolge je nach Zeitpunkt und Gestaltungsmodell sehr unterschiedlich ausfallen können.

Für große Unsicherheit sorgte lange Zeit eine schwebende Gesetzessituation. Nach monatelangem Gerangel haben sich Union und SPD mittlerweile auf ein Eckpunktepapier geeinigt. Nach dem nunmehr vorliegenden Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts stehen die beabsichtigten Änderungen fest. Grund für die Gesetzesänderung war unter anderem eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die grundrechtskonforme Bewertungsregeln für Immobilien und Betriebsvermögen fordert. Nach der derzeit noch gültigen Bewertungspraxis werden diese Vermögenswerte in der Regel unterbewertet. Künftig werden Immobilien und Betriebsvermögen höher bewertet und die Erbschafts- und Schenkungssteuerbelastung steigt tendenziell an. Allerdings gibt es im Rahmen des ErbStRG einige besondere Bedingungen für die Unternehmensnachfolge.

Neue Eckpunkte für die Unternehmensnachfolge

Voraussichtlich im Mai oder im Juli 2008 tritt die Erbschaftssteuerreform in Kraft. Zukünftig werden bei Betriebsübertragungen unter Umständen 85 Prozent des Betriebsvermögens von der Erbschaftssteuer befreit. Schon jetzt sollten Unternehmer eine geplante Übertragung sorgfältig planen und sich mit den wichtigsten Punkten vertraut machen:

1. Verschonungsregelung: Kleine Unternehmen werden vom Fiskus spürbar entlastet:

Liegt der zu versteuernden Anteil unter 150.000 Euro, soll das gesamte Betriebsvermögen steuerfrei sein. Bis zum Betrag von 450.000 Euro wird diese Begünstigung voraussichtlich schrittweise abgeschmolzen.

2. Fortführungsklausel: Von der Steuer-Freistellung profitieren nur Betriebe, bei denen im Zeitraum von zehn Jahren nach der Übertragung die Lohnsumme 70 Prozent der Durchschnittslöhne der letzten fünf Jahre nicht unterschreitet. Geringere Lohnsummen haben eine anteilige Nachversteuerung zur Folge (ein Zehntel pro Jahr).

3. Verhaftungsregelung: Das Betriebsvermögen muss mindestens 15 Jahre im Betrieb verbleiben. Bei teilweiser oder ganzer Veräußerung ist der entsprechende Anteil rückwirkend zu versteuern. Davon abgesehen wird nur dann, wenn der Erlös in das Unternehmen reinvestiert wird.

4. Freibeträge: In der neuen Regelung werden nahe Familienangehörige deutlich begünstigt. So soll der Freibetrag für Ehepartner von derzeit 307.000 auf 500.000 Euro angehoben werden. Ferne Verwandte und andere Erben kommen ebenfalls in den Genuss steigender Freibeträge, haben jedoch mit einem höheren Steuertarif rechnen.

Mit den "Verschonungsregelungen" für die Übertragung von Betriebsvermögen werden vor allem mittelständische Unternehmen bei einer Generationennachfolgen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer entlastet. Ziel ist, den Erwerb von Betriebsvermögen unter bestimmten Bedingungen vollständig steuerfrei zu stellen. "Diese Regelung lohnt sich nur für Nachfolger, die sich langfristig an den Betrieb binden wollen", gibt DHPG-Experte Dr. Andreas Rohde zu bedenken.

Veräußerung an Externe

Die Zahl der Familienunternehmen, die keinen neuen Geschäftsführer innerhalb der Verwandtschaft findet, nimmt deutlich zu. Selbst für etablierte Familienunternehmen stellt die Übernahme durch Investoren keine Seltenheit mehr dar. Schon heute wird der Führungswechsel in rund der Hälfte aller Familienunternehmen mit einem Investor durchgeführt, ermittelte das Institut für Mittelstandforschung.

Für viele Unternehmen ist eine Veräußerung an eigene Mitarbeiter in Form eines Management-Buy-Outs (MBO) eine interessante Option. Oft sind es langjährige verdiente Mitarbeiter, die an einer Übernahme Interesse zeigen. Sie können vom Firmeninhaber langsam und systematisch an die neuen Aufgaben herangeführt werden. So kann das Unternehmen gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern Kontinuität wahren. Wer auf dem freien Markt nach Nachfolgern sucht, kann die Firmenbörsen regionaler IHKs in Anspruch nehmen. Sie stellen Anbieter- und Nachfragerprofile zur Verfügung, um geeignete Kandidaten gezielt zusammenzubringen.

Daneben stehen auch Spezialisten für Unternehmensveräußerungen (M&A) bereit, die für Finanzinvestoren und Private Equity Fonds nach geeigneten Akquisitionen suchen. Diese zeigen verstärktes Interesse auch an etablierten mittelständischen Firmen. Oft wird ein Mindestumsatz von 5 Millionen Euro pro Jahr erwartet.

Gerade externe Nachfolgeregelungen erfordern eine besonders gründliche Planung und Abwicklung. Diese Form des Führungswechsels kann die Unternehmenskultur weitaus stärker verändern, als eine familieninterne Übergabe.

Frühzeitig planen, zielgerichtet handeln

Unabhängig vom Modell der Firmenübergabe gilt: Ein fundiertes Nachfolgekonzept ist von hoher betriebswirtschaftlicher Bedeutung. Es bietet der Unternehmensführung Planungssicherheit und sichert den Mitarbeitern eine langfristige Perspektive. Zudem ist ein offener Umgang mit der Nachfolgefrage für den Inhaber selbst oft befreiend. Er gewinnt das Gefühl, nicht nur gut vorbereitet zu sein, sondern auch ein Unternehmen mit Zukunftsperspektive zu führen.

Im Rahmen der Nachfolgeplanung ist eine Vielzahl von Punkten zu prüfen und zu regeln, wie die Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen, die Testamentsgestaltung und eventuell eine Vorübertragung auf einen Nachfolger an der Unternehmensspitze. Oft können erfahrene Rechts- und Steuerberater den Handlungsbedarf am besten einschätzen und Unternehmen bei konkreten Schritten begleiten.

Angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderungen ist jetzt der Beratungsbedarf besonders hoch. Je früher ein Unternehmen beginnt, eine Nachfolgeregelung auf den Weg zu bringen, desto besser. Denn meistens vergehen einige Monate, bis ein Lösungsvorschlag mit allen Beteiligten abgestimmt ist. DHPG-Experte Dr. Andreas Rohde weiß aus langjähriger Erfahrung: "Man kann nicht innerhalb von vier Wochen einen Plan mit Kunden, Mitarbeitern, dem Geschäftsführer und seinem designierten Junior-Chef abstimmen." Und mit Blick in die Zukunft fügt DHPG--Berater Dr. Andreas Rohde hinzu: "Klar ist: Die Nachfolgegestaltung wird nicht einfacher werden."

Unternehmensnachfolge zur Chefsache machen

Egal wie die Neuregelung der Begünstigungen für Betriebsvermögen letztlich ausgestaltet wird, sie dürfte im Vergleich zu den bestehenden Regelungen nachteilig sein. Firmenchefs sollten deshalb frühzeitig ihre Handlungsoptionen prüfen und sich gegebenenfalls noch schnell Vorteile sichern:

1. Frühzeitig planen: Wer soll zukünftig das Ruder übernehmen? Diese Frage lässt sich meistens nicht in wenigen Wochen beantworten. Geeignete Nachfolger sollten mit Mitarbeitern, Management und Geschäftspartnern vertrauensvoll zusammenarbeiten. Eine frühzeitige Nachfolgeplanung gewährleistet eine zuverlässige Einarbeitung und Übergabe unter Ausschöpfung aller Gestaltungsvorteile.

2. Umfassend denken: Welche Übertragungsvarianten empfehlen sich? Neben einer Übertragung innerhalb der Familie ist auch eine Veräußerung an Externe denkbar. Dabei ist immer eine Vielzahl von rechtlichen und steuerlichen Aspekten zu beachten. Es empfiehlt sich, diese umfassend und zusammenhängend zu prüfen.

3. Zeitpunkt prüfen: Welcher Termin ist für die Übertragung sinnvoll? Häufig ist eine schrittweise Übertragung für alle Beteiligten die beste Wahl. Aufgrund der geplanten Gesetzesänderungen kann bei einem Generationenwechsel schnelles Handeln sinnvoll sein. Nach dem geltenden Erbschaftsteuerrecht lassen sich Betriebe noch steuerfrei übergeben, ohne dass eine langjährige Fortführungsverpflichtung besteht.

Weitere Informationen: Die DHPG Dr. Harzem & Partner KG gehört zu den 15 größten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland. Zudem ist sie aktives Mitglied im Netzwerk NEXIA International. NEXIA zählt mit rund 350 Büros in über 90 Ländern zu den größten Beratungsunternehmen weltweit. Die DHPG erarbeitet individuelle Lösungen für komplexe Fragen im Steuer-, Rechnungs- und Prüfungswesen. Besondere Expertise besteht in den Bereichen Strategie- und Nachfolgeplanung sowie Steueroptimierungsberatung von mittelständischen inhabergeführten Unternehmen.

Über den DHPG-Experten Dr. Andreas Rohde: Nach Ausbildung zum Bankkaufmann Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Passau. Promotion über den freien Kapitalverkehr in der Europäischen Gemeinschaft. Zulassung zur Rechtsanwaltschaft 1998, Steuerberater seit 2003. Seit 1999 bei der DHPG, ab 2002 Partner. Tätigkeitsschwerpunkte: Beratung von Unternehmen im Steuer- und Gesellschaftsrecht sowie bei Nachfolgeregelungen und Unternehmens(ver)käufen; vielfältige Veröffentlichungen. Autor: Wibke Spiessbach (mf)