EuGH

Referenzen kein Kriterium für Auftragsvergabe

30.07.2008 von Armin Weiler
Laut einem aktuellen EuGH-Urteil dürfen die Referenzen eines Unternehmens nicht den Ausschlag für die Vergabe öffentlicher Aufträge geben.

Laut einem aktuellen EuGH-Urteil dürfen die Referenzen eines Unternehmens nicht den Ausschlag für die Vergabe öffentlicher Aufträge geben. Zwar kann der Auftraggeber die gesammelten Referenzen eines Unternehmens bzw. seiner Mitarbeiter (Personalreferenzen) als prinzipielles Eignungskriterium für den ausgeschriebenen Auftrag berücksichtigen. Als Zuschlagskriterium für die tatsächliche Auftragsvergabe ist die Berücksichtigung von Referenzen laut EuGH aber klar unzulässig. Auf diesen Umstand weisen die Rechtsanwälte Gunter Estermann und Ralf D. Pock hin. Öffentliche Auftraggeber sollten jedenfalls gewarnt sein, wollen sie keine Neuausschreibung von Aufträgen riskieren.

"Jede Ausschreibung, die Referenzen als Zuschlagskriterium verwertet, kann durch Einleitung eines Vergabekontrollverfahrens für nichtig erklärt werden. Solche Ausschreibungen sind daher für öffentliche Auftraggeber zum Damoklesschwert geworden", erklärt Estermann. Wird eine rechtswidrige Ausschreibung bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist angefochten, kann dies laut aktueller EuGH-Rechtssprechung zur vollständigen Aufhebung der Ausschreibung führen. "Damit sind nicht nur Verfahrenskosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden, sondern auch ein erheblicher Zeitverlust, der sich vor allem bei dringenden Vergaben negativ auswirken kann", so Estermann weiter.

Hintergrund der Rechtsproblematik ist, dass öffentliche Auftraggeber laut Gesetz sauber zwischen sogenannten Eignungskriterien und Zuschlagskriterien bei der Auftragsvergabe trennen müssen. Zwar dürfen Zuschlagskriterien für eine Ausschreibung vom Auftraggeber in eigenem Ermessen festgelegt und ausgewählt werden. Zuschlagskriterien vorzusehen, die in Wahrheit zur Prüfung der Bietereignung dienen, wie etwa das Heranziehen von Referenzen, ist laut EuGH aber rechtswidrig. Gerade bei der Auftragsvergabe im Bereich geistiger Dienstleistungen stehen Auftraggeber aber vor dem Problem adäquater Bewertungsmethoden. Bis vor kurzem zeigten die Vergabekontrollbehörden daher zumindest bei geistigen Dienstleistungen ein gewisses Verständnis für dieses Bewertungsproblem.

"Aus dem aktuellen EuGH-Urteil ergibt sich , dass Referenzen auf keinen Fall als Zuschlagskriterien verwertet werden dürfen und zwar unabhängig davon, ob es sich um Unternehmensreferenzen oder Personalreferenzen von Schlüsselpersonal handelt und auch unabhängig davon, ob der Ausschreibung geistige Dienstleistungen oder sonstige Leistungen zu Grunde liegen", folgert Estermann. Für junge aufstrebende Unternehmen am Markt könnte diese Entscheidung die Ausgangsposition bei Ausschreibungen verbessern, glaubt Estermann. Voraussetzung sei natürlich, dass sich die ausschreibungspflichtigen Auftraggeber an die rechtlichen Vorgaben halten, so der Rechtsanwalt. Sonst bleibe nur der Weg zur Vergabekontrollbehörde.(pte)