Rückblick: Das Jahr '96 verabschiedete sich mit Pauken und Trompeten

17.01.1997
MÜNCHEN: In unserem Jahresrückblick 1996 in der letzten ComputerPartner-Ausgabe 19/96 versprachen wir Ihnen, die wichtigsten Ereignisse im Dezember nachzureichen. Ursprünglich hatten wir dafür maximal 100 Zeilen eingeplant. Doch einmal mehr zeigt sich die Wahrheit des Satzes: Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum. Als wenn das letzte Jahr sich absichtlich mit einem Paukenschlag verabschieden wollte, präsentierte es uns im Dezember gleich mehrere spektakuläre Konkurse und Übernahmen. Für alle ComputerPartner-Leser hier noch einmal die wichtigsten Ereignisse des Dezembers im Überblick. Mit 100 Zeilen kamen wir allerdings nicht aus.

MÜNCHEN: In unserem Jahresrückblick 1996 in der letzten ComputerPartner-Ausgabe 19/96 versprachen wir Ihnen, die wichtigsten Ereignisse im Dezember nachzureichen. Ursprünglich hatten wir dafür maximal 100 Zeilen eingeplant. Doch einmal mehr zeigt sich die Wahrheit des Satzes: Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum. Als wenn das letzte Jahr sich absichtlich mit einem Paukenschlag verabschieden wollte, präsentierte es uns im Dezember gleich mehrere spektakuläre Konkurse und Übernahmen. Für alle ComputerPartner-Leser hier noch einmal die wichtigsten Ereignisse des Dezembers im Überblick. Mit 100 Zeilen kamen wir allerdings nicht aus.

CompuNet: Umsatzrendite wie ein Broadline-Distributor

Ich wäre unglücklich", sagte CompuNets Finanzvorstand Dr. Dieter Koch 1995 hinsichtlich der Umsatzerwartungen für das Geschäftsjahr 1995/96 (30.6.), "wenn vor unserer zweistelligen Wachstumsrate keine Zwei stehen würde." Angesichts einer realisierten 24prozentigen Steigerung der Erlöse in 1995/96 auf 1,439 Milliarden Mark (vgl. Grafik) braucht man sich um die Kochsche Gemütslage glücklicherweise keine Sorgen zu machen.

Ob der CompuNet-Finanzchef beim Blick auf die Ertragslage aber auch so happy ist, erscheint fraglich. Denn eine Nettoumsatzrendite von lediglich 1,75 Prozent (entspricht 25,2 Millionen Mark) erwartet man schon mal von einem Broadline-Distributor, nicht aber von einem VAR, der gerne seine Dienstleistungskompetenz herausstreicht. Selbst wenn man die von CompuNet als Entschuldigung für das unbefriedigende Ergebnis ins Spiel gebrachten 15,8 Millionen Mark an außerordentlichen Belastungen berücksichtigt, käme unterm Strich lediglich eine Umsatzrendite von 2,8 Prozent heraus. Was Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper zu derartigen Ergebnissen sagen dürfte, läßt sich denken. Beeindruckend sind diese Ergebnisse kaum. So richtig viel Geld hat CompuNet in den letzten Jahr nie verdient. Die höchste Nettoumsatzrendite in den letzten acht Jahren lag bei 3,5 Prozent 1993/94.

Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist zweifelsohne, daß sich der Anteil des Dienstleistungsgeschäfts am Gesamtumsatz von 17,4 Prozent im Vorjahr auf knapp 16,4 Prozent (235,5 Millionen Mark) verschlechtert hat. Während die Dienstleistungserlöse um 16,4 Prozent anstiegen, nahm der Umsatz im Handelsgeschäft um immerhin 25,5 Prozent auf 1,204 Milliarden Mark zu. Der PC-Absatz vor allem mit Compaq- und IBM-Rechnern kletterte auf 134.000 Stück gegenüber 110.000 Stück im Vorjahr. Den Durchschnittsumsatz pro Rechnersystem gibt CompuNet mit 10.740 Mark an.

Mit Prognosen hinsichtlich der Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr halten sich die Kerpener zurück. Das ist verständlich. Denn es bleibt abzuwarten, wie die Übernahme durch General Electric Mitte letzten Jahren die Geschäftslage beeinflußt.

Flexko: Große Klappe - nichts dahinter

Boris Korte präsentierte sich nach außen gerne als der große Macher mit glänzenden Kontakten nach Fernost und einem einzigartigen Konzept. Vor allem den Fachhändlern versprach der Geschäftsführer der Flexko Computer GmbH in Dreieich das Blaue vom Himmel. 100.000 PCs wollte er allein schon 1996 verkaufen, der billigste Computerhersteller wollte er sein (vgl. ComputerPartner Nr. 2/96, Seite 20). Im Dezember war es klar: Kortes Versprechen erwiesen sich allesamt als heiße Luft. Am 6. 12. meldete das Unternehmen beim Amtsgericht Langen Konkurs an.

Inzwischen kristallisiert sich immer deutlicher heraus, daß Korte und das Flexko-Management mit der Führung des Unternehmens heillos überfordert waren. "Denen fehlte jegliches betriebswirtschaftliche Know-how. Es war das reinste Chaos", berichtet ein ehemaliger Mitarbeiter. Hinweise, daß sich auch die Staatsanwaltschaft für die Hintergründe des Flexko-Konkurses interessieren soll, konnte die für Dreieich zuständige Staatsanwaltschaft Darmstadt gegenüber ComputerPartner nicht bestätigen.

Als größtes Problem für die Flexko-Fachhändler stellt sich nach dem Konkurs die Garantieversicherung dar.

Anscheinend haben es die Hessen nämlich versäumt, alle Geräte, die sie mit Garantieerklärung verkauft haben, bei ihrem Garantieversicherer zu melden. Die Händler sind aber ihren Kunden gegenüber für die abgeschlossene Garantiezeit voll versicherungspflichtig. Eine Möglichkeit, wie man als Flexko-geschädigter Fachhändler eventuell mit einem blauen Auge aus dieser Lage herauskommen kann, nennt Fachhändler Stephan Feldmann aus Esens: "Flexko bekommt von mir noch 2.000 Mark für den Profit-Winner. Die Chancen stehen nicht schlecht, daß aufgrund dieser Garantieproblematik nicht der gesamte Betrag fällig wird", meint Feldmann. Inzwischen bemühen sich mit dem AKC Arbeitskreis Com

puterfachhandel in Lilienthal und der M.V.S. GmbH in Bad Homburg (gegründet von dem ehemaligen Commodore- und Aquarius-Manager Rolf Wiehe) gleich zwei Kooperationen bzw. Unternehmen um die Flexko-Händler.

CHS/Merisel verstärkt sich mit Frank & Walter

Nach dem Kauf von Merisel-Europa übernahm CHS im Dezember wie erwartet die restlichen Anteile von Frank + Walter in Braunschweig. "Deutschland ist jetzt wie die USA. Man muß klotzen statt kleckern, um Geld zu machen", kommentierte CHS-Chef Claudio Osario die Übernahme. Mit einem Umsatz von rund 2,3 Milliarden Mark kann sich CHS nun mit Computer 2000 um den Titel des größten Distributors in Deutschland streiten.

Für seine Anteile erhält F&W-Geschäftsführer Carsten Frank ein CHS-Aktienpaket im Wert von 37 Millionen Dollar, einen Sitz im Aufsichtsrat von CHS und den neugeschaffenen Europa-Chefsessel als CHS-Vizepräsident. Der Name Frank&Walter soll bestehen bleiben.

Dagegen wird der Name Merisel spätestens im September verschwinden. Was die Zusammenarbeit zwischen Carsten Frank und CHS/Merisel-Geschäftsführer Helmut Schmitt betrifft, ist nach Angaben von Schmitt alles geregelt "Das läuft in den nächsten sechs Monaten noch parallel", so Schmitt. Und danach? "Kein Kommentar".

Tandem verkauft UB Networks an Newbridge Networks

Nach langem Hin und Her scheint nun alles klar zu sein: Tandem Computers und Newbridge Networks haben eine Absichtserklärung über den Verkauf der Tandem-Tochter UB Networks unterschrieben.

Damit dehnt Newbridge nicht nur sein Operationsfeld auf den LAN-Bereich aus (Newbridge konzentriert sich vor allem auf den WAN-Bereich), sondern wird auf einen Schlag 1.100 Mitarbeiter und etwa 377 Millionen Dollar größer. Newbridge selbst repräsentiert mit 4.200 Angestellten einen Umsatz von rund 675 Millionen Dollar. Wieviel Geld Newbridge für UB Networks auf den Tisch legen muß, ist nicht zu

erfahren.

Bay Networks gibt 100 Millionen für Technologiekauf aus

Knapp 100 Millionen Dollar (davon 44 Millionen Dollar bar und den Rest in Aktien) ließ sich der amerikanische Netzwerkspezialist Bay Networks die Übernahme der US-Company Netics kosten. Ungewöhnlich bei diesem Deal: Netics erzielte keinen müden Dollar Umsatz und hat auch keine marktreifen Produkte im Regal stehen. Was dieses Unternehmen für Bay interessant macht, ist deren Spezialität, Fast-Eternet-Switches auf ASIC-Basis zu entwickeln. Das erste Produkt aus dieser Verbindung soll im ersten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen.

SCO's "Tarantella" ermöglicht UNIX-Anwendungen über Web-Browser

Gewissermaßen als Weihnachtsgeschenk für windowslastige Intranet-Anwender kündigte SCO (Santa Cruz Operation) das Softwarepaket "Tarantella" für Anfang dieses Jahres an. Damit sollen UNIX-Anwendungen an Desktop-Rechner im Netz verteilt werden können, sofern diese mit der Ablaufumgebung "Java Virtual Machine" versehen sind. Für Anwender bedeutet das, daß sie UNIX- und Front-end-Anwendungen von ihrer Homepage aus mit einem beliebigen Browser starten können. Laut SCO gilt das für Rechner jeden Typs, also neben UNIX-Workstations, PCs und Macintosh-Rechner auch sogenannte Thin-Clients, die in Intranets verstärkt zum Einsatz kommen sollen.

Tarantella besteht aus den Teilen System-Management und Anwendungsemulation. Letztere erlaubt die Wahl eines beliebigen Browsers; Systemadministratoren hingegen können die Homepage des Java-Rechners für die Anwendungen komplett einrichten. Tarantella wird Bestandteil des hauseigenen Unixware-Upgrades sein, das SCO im ersten Quartal dieses Jahres ausliefern will.

Strässle geht in Konkurs

Strässle hat seit zehn Jahren keine müde Mark mehr verdient", erklärt der Inhaber eines Systemhauses in Baden-Württemberg zum Konkurs des Stuttgarter Softwareherstellers Strässle.

Und ein anderer, der auch nicht namentlich genannt werden will, hält es für "völlig ausgeschlossen, daß Strässle aufgrund offener Forderungen die Segel streichen mußte. Strässle ging es seit Jahren nicht gut. Das CAD- und PPS-Geschäft ist knüppelhart", erklärte er gegenüber ComputerPartner. Tatsache ist: Nach langjährigem Schlingerkurs, begleitet von abrupten Wechseln in der Geschäftsführung, Prozessen und fehlgeschlagenen Verkaufsversuchen unprofitabler Geschäftszweige wie der Tochtergesellschaft Geo, hat Mehrheitsbesitzer Christian Straube im Dezember den Geldhahn endgültig zugedreht. Zur Konkursmasse zählen neben der Strässle Informationssysteme Holding GmbH die Tochtergesellschaften Strässle und Geo Informationssysteme und Auslandsgesellschaften in der Schweiz und Singapur.

Zwar geht bei Strässle noch immer jemand ans Telefon, doch was mit den 340 Mitarbeitern in Stuttgart passieren wird, entscheidet jetzt Konkursverwalter Klaus Albert Meier. Branchenkenner vermuten, daß Teile von Strässle verkauft werden sollen.

Management-Revirement bei Lotus

Nach nur einem Jahr als Geschäftsführer bei Lotus in München kehrt Gerhard Rumpf in seine australische Heimat zurück. Sein Nachfolger heißt Fritz Fleischmann und war bisher als Managing Director von Lotus Consulting Central Europe tätig (eine Einheit, von dessen Existenz bisher sicher nur die wenigsten wußten). Daß der Management-Wechsel mit der anscheinend geplanten "Fusion" mit der IBM-Software-Organisation in Verbindung steht, ist nicht erkennbar. Aber: Aus dem Kommentar von Europa-Manager Pierre Van Beneden zum Abgang von Rumpf läßt sich auch nicht herauslesen, daß er Rumpf gerne gehalten hätte. Der neue Geschäftsführer ist bereits seit 25 Jahren in der IT-Industrie tätig. Fleischmann wechselt im Dezember 1995 von CSC Computer Science (heute CSC Ploenzke) zu Lotus. Vorherige Stationen waren Digital Equipment und Siemens.

Apple versucht Neuausrichtung mit Next

Nach monatelangen Diskussionen über die zukünftige Ausrichtung hat Apple-Chef Gilbert Amelio eine 400 Millionen Dollar teure Entscheidung getroffen: Software-Anbieter Next gehört seit dem 20. Dezember 1996 dem angeschlagenen Macintosh-Hersteller. Apple-Gründer Steven Jobs, der 1986 Apple verlassen mußte und daraufhin Next gründete, kehrt als "Teilzeitberater" nach Cupertino zurück, und die Unix-basierende Software Nextstep soll Grundlage des kommenden System 8 namens "Rhapsody" werden. Es soll innerhalb der nächsten zwei Jahre auf den Power-PC portiert werden. (wl/ld/sic)