Keine Einschränkungen erlaubt

Rückgaberecht – schlechte Karten für Online-Händler

12.08.2010
Urteil des Europäischen Gerichtshofs stärkt Position des Internetkäufers. Von Dr. Ulf Vormbrock

Der Handel über das Internet boomt; insbesondere der Geschäftsbereich des Konsumentenhandels verzeichnet Jahr für Jahr große Zuwachsraten. Ein Grund hierfür ist auch, dass Verbraucher Waren, die ihnen nicht zusagen, innerhalb von zwei Wochen ohne Begründung an den Internethändler zurückschicken können. Ein solches Rückgaberecht bei Nichtgefallen gibt es bekanntlich im stationären Handel nicht; vielmehr ist der Verbraucher hier auf die Kulanz des Händlers angewiesen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun in einer viel beachteten Entscheidung die Rechte von Verbrauchern bei der Rückabwicklung von Internetgeschäften weiter ausgedehnt (Az.: C 511/08 vom 15. April 2010). Es ging um die Rückerstattung von Versandkosten.

Das bundesdeutsche Versandunternehmen Heinrich Heine hatte in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel aufgenommen, wonach ein Internetkäufer in jedem Fall einen pauschalen Versandkostenbetrag von 4,95 Euro pro Kauf für die Zusendung der Ware zu tragen hatte. Gab der Käufer die Ware zurück, konnte er nicht die Rückerstattung dieser Pauschale verlangen. Die Kosten für die Rücksendung der Ware muss er ohnehin tragen. Insbesondere um die Klausel, die die Nichterstattung der Hinsendekosten betraf, ging es in dem Musterverfahren, das die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen initiiert hatte. Nachdem sowohl Landgericht wie auch Oberlandesgericht diese Praxis von Heine als unzulässig kritisierten, legte der Bundesgerichtshof den Fall wegen des Bezuges zu einer europäischen Richtlinie zum Internethandel dem EuGH zur Entscheidung vor.

Auch dieser erklärte die Heine Klausel für rechtswidrig: Nach der Richtlinie zum Internethandel (Richtlinie 97/7 EG Artikel 6 Absatz 2, Satz 1 und 2) sollen einem Verbraucher, der von seinem Rückgaberecht Gebrauch macht, sämtliche Kosten und Aufwendungen erstattet werden, die ihm im Zusammenhang mit der unmittelbaren Kaufhandlung entstanden sind. Strafzahlungen oder sonstige Nachteile aus der Geltendmachung eines Rückgaberechts seien nicht zulässig; vielmehr ergebe sich aus der Richtlinie und den Erwägungsgründen hierzu, dass ein Verbraucher frei und unabhängig von möglichen negativen finanziellen Folgen von seinem Rückgaberecht Gebrauch machen soll. Die einzigen Kosten, die ein Verbraucher bei Ausübung seines Rücktrittrechts tragen müsse, seien die unmittelbaren Kosten für die Rücksendung der bestellten Ware. Da aber die Nichterstattung von Versandkosten möglicher Weise einen Verbraucher von seinem Rückgaberecht abhalten könne, sei die Klausel von Heine europarechtswidrig.

Klare Botschaft: Nichterstattungsklauseln sind unwirksam

Die Botschaft dieses Urteils an die Praxis ist klar und eindeutig: Klauseln, die im Ergebnis auf eine Nichterstattung von Versandkosten hinauslaufen, wenn das Rücktrittsrechts ausgeübt wird, haben keinen Bestand mehr. Sie sind unwirksam und können sowohl von Wettbewerbern als auch Verbraucherverbänden angegriffen werden. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie dieses hoch geschützte Rücktrittsrecht der Internetkäufer respektieren und keine Versuche unternehmen, es durch vermeintlich findige Klauseln einzuschränken. Klar ist aber nach dieser Entscheidung auch, dass ein Internethändler auf keinen Fall mit den Kosten belastet werden kann, die bei der Rücksendung von Waren anfallen - es sei denn er hat sich hierzu freiwillig verpflichtet.

Aus der Entscheidung kann aber auch der Schluss gezogen werden, dass der Verbraucher die Erstattung von Versandkosten nur verlangen kann, wenn er die bestellte Ware vollständig zurückgibt. Behält er hingegen einen Teil, kann er mit den vollständigen Hinsendekosten belastet werden. (oe)

Der Autor Dr. Ulf Vormbrock ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei Peters Rechtsanwälte in Düsseldorf.

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