Generative-AI-Funktionen

SAP stellt mit Joule einen eigenen KI-Bot vor

29.09.2023 von Martin Bayer
Neue KI-Funktionen würden die Art und Weise, wie Anwender SAP-Software nutzen, grundlegend verändern, sagt SAP. Was genau der neue SAP-Bot Joule dazu betragen wird, bleibt in vielen Facetten aber noch unscharf.
SAP setzt mit Joule auf neue KI-Funktionen und hofft damit, die Anwender zum Umzug in die Cloud bewegen zu können.
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SAP hat mit Joule einen digitalen Assistenten auf Basis von Generative AI angekündigt. Die KI soll natürliche Sprache nutzen und die Geschäftsabläufe von Unternehmen grundlegend verändern können, teilte der deutsche Softwarekonzern mit. Joule soll sukzessive in das gesamte SAP-Cloudportfolio integriert werden und Anwendern proaktive und kontextbezogene Erkenntnisse aus SAP-Lösungen sowie aus Quellen von Drittanbietern bieten, verlautete aus Walldorf.

"Joule hat das Potenzial, die Geschäftsabläufe von Unternehmen und die Arbeitsweise ihrer Mitarbeitenden neu zu definieren", sagte Christian Klein, CEO von SAP, und verwies auf weltweit fast 300 Millionen Nutzerinnen und Nutzer, die regelmäßig mit Cloudlösungen von SAP arbeiteten. Mit dem neuen KI-Assistenten würden Technologie und Geschäftsprozesse miteinander verknüpft. "Joule versteht nicht nur die Anweisung des Nutzers, sondern auch den betriebswirtschaftlichen Kontext."

SAP-CEO Christian Klein glaubt, mit Joule die Prozesse und Arbeitsweisen in Unternehmen neu definieren zu können.
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SAP bemüht sich seit geraumer Zeit, KI-Funktionen in seine Software einzubauen - mit wechselndem Erfolg. Erst kürzlich musste SAP-Chef Klein einräumen, dass der erste Anlauf unter dem Label Leonardo gescheitert sei. Der Grund: Die Adaption der Lösung durch die Anwender habe gegen null tendiert.

SAP nimmt neuen KI-Anlauf

Jetzt nimmt der Softwarekonzern einen zweiten Anlauf und will dafür den Hype rund um Generative AI und Large Language Models (LLMs) nutzen. Joule durchsuche Daten aus unterschiedlichen Systemen und setze sie in einen Zusammenhang, um intelligentere Erkenntnisse zu gewinnen, beschreibt SAP ihren Ansatz. Dadurch könnten Nutzer ihre Aufgaben schneller erledigen und gleichzeitig erhöhe sich die Effizienz, verspricht der Hersteller.

Doch noch ist vieles unklar, was eigentlich hinter Joule steckt. Laut einer ersten Beschreibung des Teams rund um Thomas Saueressig, Vorstand für das Product Engineering bei SAP, scheint Joule aus mehreren Komponenten und Ebenen zu bestehen. Zunächst soll nach Eingabe eines Promts, also einer Nutzerfrage, direkt in den eigenen Unternehmensdaten nach einer Antwort gesucht werden. Saueressig hatte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auf rund 130 KI-Szenarios verwiesen, die bereits in SAP-Lösungen integriert seien. SAP spricht von "Embedded AI Capabilities". Dabei dürfte es sich allerdings vorwiegend um klassische Advanced-Analytics-Funktionen handeln, die wenig mit der neuen Generative-AI-Generation zu tun haben.

Kernfrage: Mit welchen Daten trainiert SAPs KI?

Die nächste Ebene bildet das AI Foundational Model in SAPs Business Technology Platform (BTP). Die BTP bildet den Dreh- und Angelpunkt für die neue Softwaregeneration der Walldorfer. Hier sollen Anwender mit Hilfe vorkonfigurierter Integrationsszenarien modulare Business-Softwarelandschaften entwerfen, implementieren und betreiben können. Dazu gehören auch bestimmte Funktionsblöcke wie zum Beispiel KI.

Allerdings bleiben auch hier noch Fragen offen, vor allem, wie SAP sein KI-Modell trainiert. Einerseits hieß es, man trainiere die Modelle nicht mit den Daten anderer Kunden. SAPs Technikchef Saueressig betonte die hohen ethischen und sicherheitstechnischen Standards und Maßstäbe, die der Hersteller an die eigene KI-Entwicklung anlege. Andererseits benötigen gerade LLMs möglichst viele Daten als Analysegrundlage, um sinnvolle Antworten liefern zu können. Saueressig verwies in diesem Zusammenhang auf rund 25.000 Cloud-Kunden SAPs, die angeblich zugestimmt hätten, ihre Daten für die KI-Entwicklung und das Training der Algorithmen zur Verfügung zu stellen.

Thomas Saueressig, Vorstand für das Product Engineering bei SAP, bekräftigte, dass SAP bei der KI-Entwicklung seit Jahren hohe Standards hinsichtlich Ethik und Sicherheit der Daten einhalte.
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Eines zumindest scheint klar: SAP kooperiert auch mit den Shooting-Stars am KI-Himmel wie OpenAI, Anthropic, Cohere und Aleph Alpha, genauso wie mit den großen Plattformanbietern AWS, Microsoft und Google, die mit Hochdruck an der Integration von Generative AI arbeiten. Die LLMs und Bots dieser Anbieter wie ChatGPT, Bard und Claude will SAP indes nicht blindlings auf die Daten der eigenen Kunden loslassen. Die SAP-Verantwortlichen sprechen zwar von einem neuen KI-Ökosystem, das sie für ihr Produktportfolio nutzen wollen. Wie diese GenAI-Lösungen von Drittanbietern integriert werden sollen, bleibt aber offen.

SAP will Joule in alle Lösungen einbauen

SAP verspricht derweil den Nutzern mit Joule völlig neue Möglichkeiten. "Mitarbeitende stellen einfach eine Frage oder formulieren ein zu lösendes Problem per Sprachbefehl. Sie erhalten dann intelligente Antworten auf Grundlage der zahlreichen Geschäftsdaten aus dem ganzen SAP-Portfolio sowie aus Quellen von Drittanbietern, wobei der Geschäftskontext erhalten bleibt", hieß es in einer Mitteilung des Konzerns.

Kunden erhielten zum Beispiel mit Hilfe von Joule bessere Einblicke in ihre Vertriebsleistung. Der neue Assistent sei in der Lage, leistungsschwächere Regionen zu ermitteln oder eine Verknüpfung zu Datensätzen herzustellen, die auf ein Problem in der Lieferkette hinweisen. Darüber hinaus werde es auch möglich sein, sich automatisch mit dem Lieferkettensystem zu verbinden, um entsprechende Lösungen anzubieten.

50 Jahre SAP: Der Softwarekonzern steht am Scheideweg

Joule soll in SAP-Anwendungen - vom Personalwesen bis zum Finanzwesen, Supply Chain Management, Einkauf und Kundenerlebnis - sowie in die SAP Business Technology Platform integriert werden, kündigte SAP an. In den kommenden Monaten würden laufend neue Szenarien für alle SAP-Lösungen bereitgestellt. Joule werde Ende dieses Jahres mit SAP-SuccessFactors-Lösungen und SAP Start sowie Anfang 2024 mit SAP S/4HANA Cloud, Public Edition verfügbar sein, hieß es. Danach folgten SAP Customer Experience und SAP-Ariba-Lösungen zusammen mit der SAP Business Technology Platform.

Nur Cloud-Kunden kommen in den KI-Genuss

Von SAPs schöner neuer KI-Welt werden allerdings nicht alle Kunden profitieren können. Der Konzern will die neuen Funktionen ausschließlich in der Cloud für Kunden mit RISE- und GROW-Verträgen anbieten. Anwenderunternehmen, die ihre SAP-Systeme - auch das neue S/4HANA - on-premises betreiben, bleiben außen vor. Diese Cloud-only-Strategie sorgte in Reihen der SAP-Anwender zuletzt für viel Ärger.

Auch die von SAP angekündigten Preiserhöhungen haben Anwendervertreter harsch kritisiert. Noch ist unklar, wie das Pricing für Joule konkret aussehen soll. Vertreter des Softwarekonzerns hatten zuletzt jedoch durchblicken lassen, dass mit neuen KI-Funktionen ausgestattete Premium-Versionen von RISE und GROW bis zu 30 Prozent mehr kosten könnten.

Da stelle sich die Frage, was wirklich neu sei, und welche KI-Komponenten nicht schon in den bestehenden Lösungen vorhanden seien, merkte Thomas Henzler, bis vor kurzem Fachvorstand für den Bereich Lizenzen, Service & Support bei der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), auf dem Jahreskongress der Anwendervertretung vor wenigen Tagen kritisch an.

Henzler mahnte mehr Transparenz hinsichtlich der KI-Produktstrategie bei SAP an. Gerade mit Blick auf jüngsten Kooperationsankündigungen müsse an sich fragen, was davon unterm Strich in SAPs Business AI ankomme und wofür die Kunden zur Kasse gebeten würden. Mit Blick auf die zahlreichen neuen Lösungen im Umfeld von Generative AI sollten SAP-Kunden überlegen, was sie vielleicht selbst bauen und was andere Softwareanbieter liefern könnten, riet Henzler.