12-Kern Mac Pro 2,93 GHz

Schnellster Mac aller Zeiten? (ausführlicher Test)

23.09.2010 von Christian Möller
Dank Intels neuester CPU-Generation stecken jetzt bis zu zwölf Prozessorkerne im neuen Mac Pro. Unsere Schwesterpublikation Macwelt hat das High-End-Modell im Wert von über 8.000 Euro getestet. Ist das der schnellste Mac aller Zeiten?

Der Mac Pro ist Apples traditionelles Flaggschiff. Hier findet meist die neueste Hardware-Technologie Anwendung und die Modelle lassen sich in vielfältiger Weise erweitern und aufrüsten. So auch beim aktuellen 2010er Modell.

Wie bei allen Mac-Pro-Rechnern setzt Apple Server-Prozessoren von Intel ein. Drei Basiskonfigurationen finden sich im Apple-Store, die man je nach Gusto erweitern kann. Im Vergleich zum direkten Vorgänger hat sich an der grundlegenden Systemarchitektur kaum etwas geändert.

Erstmals kommen beim Mac Pro Intel-Prozessoren mit der aktuellen Westmere-Mikroarchitektur zum Einsatz. Intel hat gegenüber dem Vorgänger (Nehalem) einige Änderungen vorgenommen. Die wichtigste dürfte der 32-Nanometer-Fertigungsprozess (vorher 45 Nanometer) sein, der dazu führt, dass die CPUs trotz höherer Rechenleistung kaum mehr Strom verbrauchen. Durch den Schrumpfungsprozess passen mehr Transistoren auf den Chip, erst dadurch wird ein Sechskern-Modell, wie es Apple einsetzt, möglich.

Der neue Xeon-Chip im Detail

Intels Xeon-X5600-Serie mit Westmere-Architektur arbeitet mit vier bis sechs Kernen. Die Technologie wird durch zusätzliches Hyper-Threading pro Kern ergänzt. In der Dual-Sockel-Konfiguration, die Apple in den beiden Mac-Pro-Top-Modellen einsetzt, stehen dem Betriebssystem somit 16, respektive 24 virtuelle Kerne zur Verfügung. Beim Westemere-Chip greift jeder reale Kern pro CPU auf einen gemeinsamen Level-3-Cache von 12 Megabyte zu. Der Vorgänger hatte nur acht Megabyte Cache zu bieten.

Der im Prozessor integrierte Speicher-Controller des Xeon 5600 unterstützt unverändert zum Vorgänger drei DDR3-Speicher-Kanäle. Pro Kanal sind drei gepufferte oder ungepufferte DIMMs mit ECC möglich. Neu bei den Xeon-5600-CPUs ist, dass der Controller auch zwei DIMMs pro Kanal mit 1333 Megahertz ansteuern kann. Erst beim dritteln Riegel schaltet die Speichergeschwindigkeit auf 1066 Megahertz zurück. Beim Vorgänger wurde die Taktfrequenz bereits beim zweiten DIMM auf 1066 Megahertz reduziert.

Da Apple im Mac Pro vier DIMM-Steckplätze pro CPU anbietet, nutzt der Mac nur zwei Kanäle, die jeweils mit zwei DIMMs bestückt werden können. Daher bleibt die Taktfrequenz der Speichermodule unabhängig von der Bestückung immer bei vollen 1333 Megahertz.

Variabler CPU-Takt

Apple setzt zwei Xeon X5670 im High-End-Mac-Pro ein. Der Chip arbeitet mit einer Grundtaktfrequenz von 2,93 Gigahertz. Wie beim Vorgänger verfügt der Westmere-Xeon über einen Turbo-Modus. Diese Technologie erlaubt automatisches Übertakten der Kerne, je nach den gerade laufenden Anwendungen.

Lastet ein Programm beispielsweise nur einen, zwei oder drei Prozessorkerne aus, erhöht der Turbo-Mode deren Taktfrequenz um drei so genannte "Speed Bins". Durch die von Intel definierten 133 Megahertz pro Speed Bin bearbeitet der Xeon X5670 dann mit 3,33 Gigahertz. Sind mehr als drei Kerne aktiv, dürfen diese um bis zu zwei Speed Bins höher takten.

Durch die Turbo-Technologie reizt Intel den spezifizierten TDP-Wert (Thermal Design Power) des Xeon X5670 von 95 Watt aus. Platz nimmt der Xeon 5600 im Socket LGA1366. Das ist derselbe Steckplatz wie beim Vorgänger-Mac-Pro (Nehalem). Damit arbeitet der Sechskern-Chip theoretisch auch im 2009er Mac-Pro-Modell, Hardware-Upgrades der älteren Mac-Pro-Generation wären also denkbar.

Ob Apple die jedoch in den EFI-Treibern zulässt, ist fraglich. Außerdem sind die Server-Chips im freien Markt nur sehr schwer zu bekommen und als Einzelstücke extrem teuer.

Mac-Pro-Modelle auf dem Prüfstand

Als High-End-Konfiguration des Mac Pro schickt uns Apple ein Modell mit 12 Kernen, 2,93 Gigahertz, 12 Gigabyte RAM und einer 512 Gigabyte fassenden SSD-Festplatte, der eine zweite herkömmliche Platte mit zwei Terabyte Kapazität zur Seite steht. Als Grafikkarte kommt hier eine ATI Radeon HD 5870 zum Einsatz, die es als BTO-Option gibt. Rechnen wir alle Optionen zusammen, kommen wir auf einen Endpreis von 8300 Euro.

Neben dem 12-Kern-Flaggschiff bekommen wir auch den Einsteiger-Mac-Pro mit einer Quadcore-CPU ins Testcenter. Der Chip arbeitet mit 2,8 Gigahertz Takt und basiert noch auf der Architektur des Vorgängers (Nehalem). Gegen Aufpreis kann man sich hier entweder einen höher getakteten Nehalem-Chip (plus 400 Euro) oder eine Westmere-CPU mit sechs Kernen (plus 1200 Euro) bestellen.

Zunächst macht sich Apples 12-Kerner - was die Rechenleistung angeht - sehr gut. Gegenüber dem vorherigen Spitzenmodell (mit acht Kernen) messen wir in CPU-intensiven Anwendungen eine Steigerung von etwa 50 Prozent bei gleicher Taktfrequenz. Das überrascht nicht, denn es entspricht ziemlich genau den vier zusätzlichen Rechenkernen.

Wichtiger ist aber: die "gefühlte" Geschwindigkeit des Systems liegt wesentlich höher und hier kommt die SSD-Festplatte ins Spiel. Einmal mehr zeigt sich, dass der Massenspeicher und nicht die CPU-Leistung der eigentliche Flaschenhals bei der täglichen Arbeit ist.

Die extrem kurze Zugriffszeit (0,2 ms) und die hohen Datenraten der SSD-Platte (über 200 MB/s) sorgen für ein ganz neues Geschwindigkeitsempfinden unter Mac-OS X. Fenster und Dialog öffnen sich ohne spürbare Verzögerung, Programme starten in Sekundenbruchteilen und selbst umfangreiche Dokumente werden in Rekordzeit geladen. Das macht richtig Spaß, aber 12 CPU-Kerne braucht man dazu nicht.

Grafikleistung

Wieder einmal wechselt Apple den Grafikkartenanbieter. Fand sich im Vormodell noch eine Karte von Nvidia, kommt in der Modellreihe 2010 wieder der Konkurrent ATI zum Zuge. Die Leistung der Standardausstattung (Radeon HD 5770) liegt nun deutlich über der vorherigen Grafikkarte (Geforce GT120) und verweist auch das ehemalige Spitzenmodell (ATI Radeon HD 4870) knapp in ihre Schranken.

Aktuelle Grafikkarten im alten Mac Pro

Beide in den aktuellen Mac-Pro-Konfigurationen getesteten Grafikkarten bekommt man auch einzeln im Apple Store. Entgegen Apples Angaben laufen sie auch in älteren Mac-Pro-Modellen.

Wir testen die Radeon HD 5770 in einem Mac Pro der ersten Stunde (Mac Pro 1,1). Unter Leopard (Mac-OS X 10.5) liefert die Karte zwar ein Bild, die Hardware-Beschleunigung ist jedoch deaktiviert. Unter Snow Leopard (Mac-OS X 10.6) läuft die Karte einwandfrei und liefert in unseren Benchmarks ihre volle Leistung. Auch die drei Monitorausgänge lassen sich nutzen.

Allerdings müssen wir darauf hinweisen, dass Apple die Karten offiziell nicht in alten Mac-Pro-Modellen unterstützt. Es kann durchaus passieren, dass sie nach einem Systemupdate in der Zukunft nicht mehr funktionieren werden.

Noch etwas bessere Ergebnisse liefert die Radeon HD 5870, die man gegen 200 Euro Aufpreis bekommt. Allerdings liefert die Karte im Test nicht soviel an Mehrleistung, als dass sich die Ausgabe lohnen würde. Die Standard-Grafikkarte dürfte für die meisten Anwendungen ausreichen. Nach wie vor gibt es kaum Software, die von Open CL Gebrauch macht und die Grafikkarte für allgemeine Rechenoperationen benutzt. Andernfalls wäre die Investition in die schnellere ATI-Karte durchaus sinnvoll.

Ein weiterer Vorteil der neuen Karten: es gibt nun drei Monitor-Ausgänge. Alle drei lassen sich simultan benutzen. So kann man beispielsweise zwei Cinema-LED-Displays per Mini-Display-Port und einen weiteren Monitor per DVI anschließen. Besonders im kreativen Gewerbe, wie Grafik oder Audio- und Videobearbeitung machen drei Monitore durchaus Sinn.

Stromverbrauch und Geräuschentwicklung

Trotz der Verbesserungen in der Rechenleistung bleibt der Stromverbrauch fast unverändert. Wir testen vier verschiedene Szenarien: der Rechner ist eingeschaltet, führt aber keine Arbeiten aus, der Mac Pro arbeitet unter Volllast aller zur Verfügung stehenden CPU-Kerne, der Mac befindet sich im Ruhezustand und ausgeschaltet.

Das 12-Kern-Top-Modell braucht unter Volllast kaum mehr Strom als der Vorgänger. Hier zeigen sich die Stromspar-Eigenschaften, die Intel mit der neuen CPU-Generation ausreizt.

Unschön ist allerdings der vergleichsweise hohe Strombedarf im Ruhezustand. Die Macs ziehen hier sechs bis acht Watt aus dem Stromnetz. Das ist zwar etwas weniger als beim Vorgänger (11 Watt) aber immer noch zu viel für ein System, das quasi nicht arbeitet. In diesem Punkt sollte Apple nachbessern. Bis dahin lautet unser Tipp: schalten Sie den Mac Pro bei jeder sich bietenden Gelegenheit lieber ganz aus.

Auch in puncto Geräuschentwicklung bleibt der Mac Pro moderat. Mit 1,1 Sone im Betrieb ohne Last ist er sogar etwas leiser als sein direkter Vorgänger. Unter Last wird er dagegen etwas lauter, was aber kaum hörbar wird. So leise wie ein iMac (ohne Last) ist der Mac Pro jedoch nicht. (Macwelt/haf)

Feedback: christian.moeller@macwelt.de

Kaufempfehlung und Fazit

Die neuen Mac-Pro-Modelle sind wieder auf dem Stand der Technik. Allerdings fragt man sich, ob sechs oder gar 12-Rechenkerne nicht übertrieben sind, denn die wenigsten Anwendungen nutzen alle Kerne aus.

Und so bleibt Kritik an Apple: es gibt immer noch viel zu wenig Programme, die von den vielen Rechenkernen Gebrauch machen - sogar im eigenen Haus. iTunes nutzt zum MP3-Kodieren nach wie vor nur zwei CPU-Kerne. Beim Kodieren in AAC kommt sogar nur ein Kern zum Einsatz. Hier muss sich dringend etwas ändern. Bis dahin bringt eine SSD-Festplatte spürbar mehr gefühlte Geschwindigkeit als 12 Rechenkerne.

+ Extrem hohe Rechenleistung, kaum mehr Stromverbrauch im Vergleich zum Vorgänger, moderate Geräuschentwicklung
- Immer noch keine Bluray-Option serienmäßig, Stromverbrauch im Ruhezustand zu hoch
Einsteiger: Mac Pro Quadcore "Nehalem"
Profis: Mac Pro 12-Core "Westmere"