Microsoft, VMware, Citrix

Server-Virtualisierung zum Nulltarif

18.03.2010 von Andrej Radonic
Wir haben kostenlose Lösungen zur Server-Virtualisierung für Sie genauer unter die Lupe genommen.

Schon seit einigen Jahren geben die großen Hersteller von Lösungen für die Server-Virtualisierung ihre Einsteigerprodukte kostenlos ab. Die Hypervisor von Microsoft, Citrix und VMware werden durch stetige Entwicklung nicht nur besser, sondern rücken auch in puncto Leistung immer enger zusammen. Oberflächlich betrachtet wird der Einstieg in die Server-Virtualisierung damit immer einfacher - kaum Kosten, wenig Risiko, viel Leistung. Anwender sollten jedoch die Einschränkungen kennen und die Folgekosten einkalkulieren.

Vor allem VMware und Microsoft positionieren ihre Produkte explizit als Lösungen für Standalone-Server mit den Anwendungsschwerpunkten

  1. Testen von Server-Virtualisierung

  2. Aufbau von Entwicklungs- und Testumgebungen

  3. Betrieb weniger kritischer Workloads

Dies erklärt sich aus dem Charakter der drei Probanden: der technische Kern - der Hypervisor - ist den "großen Brüdern" entnommen. Was in allen Fällen fehlt, sind übergreifende Managementfunktionen, die einen effizienten, hochverfügbaren Betrieb in größeren Umgebungen gewährleisten: automatischer Failover, High Availability, Backup, Ressourcenverteilung und dergleichen mehr sind die Features, mit denen die Anbieter ihr Geld verdienen und die man in den Gratis-Virtualisierern daher teilweise vergeblich sucht. Diese lassen sich durchaus nachrüsten, jedoch zu sehr unterschiedlichen Tarifen.

Allen vorgestellten Produkten gemeinsam ist, dass es sich um Bare-Metal-Systeme handelt (Hypervisor des Typs 1): Das heißt, die Virtualisierungsschicht läuft direkt oberhalb der Hardware und nicht "auf" einem Betriebssystem. Darüber hinaus verfolgen alle Hersteller unterschiedliche Ansätze: Während Microsoft Hyper-V und Citrix XenServer als Produkt untrennbar mit den jeweiligen Management-Betriebssystemen - Windows 2008 respektive Linux - verbunden sind, kommt VMware ESXi als minimale Appliance daher.

Microsoft Hyper-V Server 2008 R2

Der Hyper-V Server ist identisch mit der Hyper-V Rolle im Windows 2008 Server R2, wird jedoch standalone in Verbindung mit Windows Server Core betrieben. Wie inzwischen üblich lässt sich Hyper-V nur auf 64Bit-Hardware mit Virtualisierungs-Unterstützung (AMD-V, Intel VT) installieren, ist dafür bei der unterstützten Hardware aber nicht wählerisch.

Hyper-V-Manager auf Vista-PC

Das Paket aus Hypervisor und dem abgespeckten Windows-Betriebssystem wird lokal über das textbasierte sconfig-Tool konfiguriert und fühlt sich dadurch nicht wie ein Windows-System an. Der Hyper-V-Manager, ein Snapin für die Microsoft Management Console (MMC), kann auf Windows-Clients zur Administration verwendet werden; außerdem steht für solche Zwecke die Powershell remote sowie mit hvremote ein mächtiges Command Line Interface (CLI) für vereinfachte Remote-Administration des Hypervisors zur Verfügung. Diese ist vor allem dann hilfreich, wenn der Hyper-V Server nicht in derselben Domain wie die Admin-Workstation steht, was grundsätzlich das Management erschwert.

Als weitere Rollen neben dem Hypervisor sind lediglich Multipath IO, Bitlocker, SNMP sowie Windows Backup möglich. Ein Update auf Windows 2008 R2 kann nicht durchgeführt werden.

Seit Release 2 beherrscht Hyper-V nun auch Live Migration. In Verbindung mit den dafür notwendigen Cluster Shared Volumes sowie dem Failover Clustering lässt sich mit dem Hyper-V Server ein Cluster und somit eine sehr ausfallsichere virtualisierte Server-Umgebung aufsetzen - völlig kostenfrei, jedoch nicht unbedingt komfortabel. Wer mehr Komfort benötigt und alles "aus einer Hand" managen will, muss in den System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) investieren.

Microsoft-typisch ist der Redmonder Hypervisor hauptsächlich für das Virtualisieren von Windows-Systemen - von NT bis Windows 7 - geeignet. Neben Novell SUSE wird nun auch Red Hat Enterprise unterstützt - hierzu sind spezielle Treiber, die Integration Components, nötig.

Microsoft Hyper-V - Pro und Contra

Pro:

Contra:

Citrix XenServer 5.6 Free

Citrix XenServer beschreitet mit der Free-Edition die Pfade des Urvaters Xen: Die Software liegt inklusive der von Citrix angereicherten Management-Funktionen vollständig als Open-Source-Produkt vor und wird kostenfrei abgegeben, wobei eine Registrierung Pflicht ist, um eine für jeweils 12 Monate gültige Freischaltungslizenz zu erhalten.

XenCenter Managementkonsole

Enterprise-Funktionen sind trotz des Gratis-Charakters reichlich vorhanden: Neben der Unterstützung für alle gängigen Storage-Varianten (iSCSI, FC, NFS) sowie auch für das Microsoft-VHD-Format inklusive Thin-Provisioning ist auch Live Migration mit an Bord. Auf Basis eines zentralen Speichers kann der Administrator auf einfachste Weise zwei oder mehr XenServer zu einem Pool zusammenschalten und laufende virtuelle Maschinen zwischen den Rechnern verschieben. High Availiability sowie Loadbalancing und andere interessante Zusatzfunktionen sind jedoch nur gegen Aufpreis verfügbar, wobei Citrix drei kostenpflichtige Editionen (Standard, Enterprise, Platinum) mit einem Lizenzpreis ab 775,- EURO je Rechner vorsieht. Dies gilt leider auch für die Dynamische Speicherverwaltung (DMC), welche mit Version 5.6 verfügbar geworden ist. Diese schichtet zur Laufzeit den physischen Arbeitsspeicher zwischen den Virtuellen Maschinen nach Bedarf um, was die VM-Dichte je XenServer-Rechner erhöhen hilft.

Xen-typisch verfügt das Virtualisierungssystem über einen breiten Support für verschiedenste Betriebssysteme: neben allen wichtigen Windows-Varianten sind auch die gängigen Linux-Systeme vertreten. Debian und CentOS lassen sich dabei sehr komfortabel direkt aus mitgelieferten Templates mit wenigen Klicks aufsetzen. Sollen vorhandene Systeme virtualisiert werden, helfen das mitgelieferte P2V-System (Linux) sowie XenConvert (Windows). Hilfreich zur Seite steht Administratoren auch der Free-Variante der neue (wiewohl noch experimentelle) OVF-Assistent: dieser unterstützt beim Import wie Export von VMs nach dem OVF-Standard und ermöglicht so einen deutlich reibungsloseren Austausch virtueller Maschinen zwischen unterschiedlichen Hypervisor.

Ein echtes Argument für XenServer liefert Citrix den Anwendern von XenApp: Spezielle Optimierungen im Hypervisor sorgen für eine spürbare Beschleunigung, so dass XenApp virtualisiert performanter betrieben werden kann als auf anderen Virtualisierungsschichten.

Citrix XenServer 5.6 Free - Pro und Contra

Pro

Contra

VMware ESXi

ESXi perfektioniert den Minimalismus in der Server-Virtualisierung: VMware hat daraus die ESX Service Console entfernt und ein Appliance-artiges System geschaffen, welches aufgrund seines kleinen Footprints von verschiedenen Server-Herstellern im Bios mitgeliefert wird.

ESXi Konfigurationsmenü

Der Minimalismus äußert sich neben der einfachen und schnellen Installation in dem Umstand, dass lokal nur ein einfaches Textmenü für Basiskonfigurationen (Netzwerk, Berechtigungen usw.) bereitsteht. Selbst ein SSH-Zugang zum Linux-System des ESXi bleibt dem Administrator verwehrt, wenn er nicht den Hersteller-Support verwirken will.

Der Königsweg für die Administration ist denn auch der kostenfreie vSphere Client für Windows, der kaum Wünsche offen lässt. Zudem ist für Scripting-Zwecke ein Remote CLI zu haben. Das vCLI aus vSphere lässt sich jedoch nur read-only verwenden.

Im Gegensatz zur - immer noch verfügbaren - Version 3.5 lässt sich ESXi nur noch auf 64-Bit-Hardware installieren und ist dabei VMware-typisch recht restriktiv, was offiziell zulässige Komponenten angeht.

VMware hat ESXi für den Betrieb auf Standalone-Servern vorgesehen, was sich allein schon aus dem Fehlen von Vmotion ergibt, es kann jedoch in größeren VMware-Umgebungen auch gemischt mit ESX betrieben werden, da das Management einheitlich über vorhandene Tools erfolgt. Neben ESX kann somit auch ESXi Bestandteil einer VMware vSphere Suite sein.

Wesentliche Abstriche gegenüber dem großen Bruder ESX sind unter anderem:

Mit VMWare Go können Einsteiger die Installation und initiale Konfiguration von einem Web-Browser aus bewerkstelligen: Go lädt alle am Anfang benötigten Komponenten selbsttägig herunter. Der integrierte Assistent hilft anschließend, einen geeigneten Server zu identifizieren und ESXi darauf zu installieren - inklusive dem dafür erforderlichen Brennen des Installationspakets auf DVD.

VMware-typisch verfügt ESXi über eine sehr breite Unterstützung für die unterschiedlichsten Betriebssysteme bis hin zu Netware, Solaris und FreeBSD. VMware Converter als kostenfreies Tool ermöglicht außerdem die Migration von Windows-Systemen in die virtuelle Welt.

VMware ESXi - Pro und Contra

Pro

Contra

Fazit

Es überrascht nicht, dass die kostenlosen Systeme zur Server-Virtualisierung wichtige Funktionen ausklammern. Immerhin lassen sie sich nachkaufen, in den meisten Fällen ist ein nahtloses Upgraden auf höherwertige Varianten möglich. Bereits auf den Light-Hypervisoren eingerichtete VMs lassen sich dabei direkt übernehmen.

Insbesondere VMware und XenServer bieten denen Vorteile, die Systeme für Testing und Evaluierung verwenden wollen: sie lassen sich problemlos um Funktionen erweitern oder in größere Umgebungen einbetten.

Insgesamt eignen sich die vorgestellten Lösungen eher für kleine und mittlere Unternehmen, die mit Standalone Virtualisierungs-Servern auskommen und nicht unbedingt automatisierte HA- und Loadbalancing-Features sowie ausgefeiltes Management benötigen. Alle Kandidaten bieten sich somit beispielsweise für folgende Szenarien an:

Reine Windows-Umgebungen dürften mit dem Hyper-V Server von Microsoft gut bedient sein, jedoch sollte hier mittelfristig die Bereitschaft zur Investition in den System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) vorhanden sein, um ein vernünftiges Management abzubilden.

Wer ein sehr "rundes" Produkt sucht und eine heterogene Server-Landschaft betreiben muss, ist mit XenServer gut beraten, da hier viel Management im Gratispaket mitgeliefert wird. Insbesondere Linux-erfahrene Unternehmen können von diesem Produkt profitieren, da sie im Extremfall Highend-Funktionen dem Linux-Fuhrpark entnehmen können.

VMware ESXi wird aufgrund seiner breiten Betriebssystemunterstützung, der technologischen Vorreiterschaft (zum Beispiel Memory Overcommit) und seines nahtlosen Upgradepfades der größten Zahl der Anwender gerecht, mutiert dabei jedoch auch am ehesten zum Kostentreiber. Gegenüber den beiden Wettbewerbern muss es jedoch zunächst auf Migration verzichten. (wh)

Weblinks Server-Virtualisierung

Hyper-V Server

Citrix XenServer

VMware ESXi