Marktprognose bis 2014

Servermarkt 2010 - Comeback mit Schönheitsfehlern

15.04.2010
Der Servermarkt steht vor einem Comeback, und Analysten vertrauen darauf, das Katastrophenjahr 2009 endgültig als singuläre Ausnahme zu den Akten legen zu können. Doch die Analysten zeigen sich einig: Der Markt tendiert in Richtung niedrigmargige Volumen-Server.

Von Wolfgang Leierseder

Die Marktforscher sind sich einig: Das katastrophale Jahr 2009 gehört der Vergangenheit an; Unternehmen kaufen wieder Server. Doch die Wachstumsprognosen für 2010 und die kommenden fünf Jahre haben einen Schönheitsfehler: Sie besagen eindeutig, dass der Rekord, den Serveranbieter im Jahr 2007 verbuchen konnte, sich nicht wiederholen lassen werden.

Zudem steht der Servermarkt nach Meinung der Analysten vor einem Umbruch: Standardserver (x86-Server und Blades) setzen sich durch; für die Serverboliden aus der RISC-Ecke wird der Markt immer dünner. Die vermutlich Konsequenz aber lautet: x86-Server werden austauschbar, und die Anbieter müssen sich dringend überlegen, ihre Angebote unterscheidbar zu machen.

Marktforscher IDC zufolge wird sich der Servermarkt in diesem Jahr etwas erholen. Gegenüber 2009, als die schwächsten Serverzahlen aller Zeiten konstatiert wurden und lediglich 12,8 Milliarden Dollar in die Kassen der Anbieter flossen, heißt das: Es dürften um rund 2,4 Prozent mehr Server verkauft werden.

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Um in Europa zu bleiben: Verglichen mit dem Jahr 2007, als in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) Server für insgesamt 19 Milliarden Dollar verkauft wurden, kann das prognostizierte durchschnittliche Wachstum von 0,3 Prozent bis zum Jahr 2014 die Rekordmarke 2007 nicht einmal streifen. Der Ausgangspunkt heißt dabei 2009: In diesem Jahr wurden in Europa zwei Millionen Server im Wert von 12,8 Milliarden Dollar verkauft.

12 statt 17 Millionen verkaufte Server: Das Jahr 2009 war katastrophal. (Quelle: IDC)

Dem steht ein durchschnittliches Wachstum nach Stückzahlen von 4,9 Prozent bis zum Jahr 2014 gegenüber. Das bedeutet, dass sich die allgemeine Margensituation für den nackten Server kontinuierlich verschlechtern wird.

IDC-Analyst Nathaniel Martinez zufolge liegt dieser Entwicklung schlicht zugrunde, dass immer mehr Unternehmen x86-basierte Server einsetzen beziehungsweise ihren Einsatz planen. Zwar würden Hochleistungsserver gewiss nicht ausrangiert, doch wie IDC-Kollegin Beatriz Valle formulierte, sei "Hardware, die auf x86-Prozessoren basiert, dazu eine höhere Rechenleistung bietet", des Weiteren "Verlässlichkeit, Verfügbarkeit und Zukunftsfähigkeit" garantiere, und zudem Virtualisierungsmöglichkeiten und umfängliche automatisierte Management-Möglichkeiten biete, ein mächtiges Argument gegen RISC-Server und Mainframes.

RISC und Mainframes

Das legen zumindest die Zahlen für das vierte Quartal 2009 nahe. In diesen traditionell starken, von Investitionen geprägten drei Monaten legten die Midrange- und High-end-Server nicht zu. Sie verloren vielmehr deutlich. Insgesamt ging der Umsatz mit diesen Rechnern gegenüber dem Vergleichsquartal 2008 um 27,4 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar zurück.

Über 70 Prozent der verkauften Server stammen von IBM und HP.(Quelle: IDC)

Zwar sank der Umsatz im Midrange-Server-Segment nur um moderate drei Prozent, doch die Umsätze mit Highend-Servern schrumpften im Jahresvergleich um 37.6 Prozent.

Ob sich dieser Trend wieder umkehren lässt, bezweifeln Analysten. So erklärte Martinez das vierte Quartal 2009 zum definitiven Trendquartal für Standard-Server. Diese würden für eine immer größere Zahl von Aufgabenstellungen genutzt. Die Menge der Workloads auf diesen Servern nehme so deutlich zu, dass beispielsweise IBM in diesem Quartal erstmals höhere Umsätze mit x86- als mit RISC- Servern verzeichnete.

Das Gegenargument von IBM, exemplarisch für die Handvoll Verfechter der RISC- und Itanium-Architekturen, lautet aber: Nach wie vor über würden 90 Prozent der "mission critical- Applications" auf Nicht x86-Systemen laufen, versicherte vor kurzem Jürgen Wiegand, für den Vertrieb der Power-Systeme bei IBM Deutschland verantwortlich, gegenüber ChannelPartner. Zudem sei abzusehen, dass der Trend zur Virtualisierung die deutlichen Kostenvorteile, die die Midrange-Server böten, aufzeigen wrede. Trotz der immer stärkeren Vielkern-Rechner, wie sie Intel und AMD produzieren? "90 Prozent der virtualisierten Rechner laufen derzeit auf Nicht x86-Rechnern", sagte Wiegand.

x86- und Blade-Server

Wenig überrascht die Aussage von IDC, der Blade-Markt werde auch in den kommenden Jahren hohe Zuwachsraten erfahren. Der Marktforscher prognostiziert, die durchschnittliche Umsatzwachstumsrate werde bis 2014 bei knapp 14 Prozent liegen. Dass sich dafür die Anbieter bei Stückzahlen mächtig ins Zeug legen müssen, versteht sich: IDC geht von einem jährlichen Zuwachs von rund ein Fünftel aus. Trifft diese Prognose zu, würde im Jahr 2014 der Anteil der Blades am Servermarkt rund ein Drittel ausmachen. Der Umsatzanteil der Blade-Server läge dann bei immerhin 28,5 Prozent.

IDC zufolge wurden mit x86-Server in den letzten drei Monaten 2009 2,3 Milliarden Dollar umgesetzt. Das entspricht 58,4 Prozent des gesamten Serverumsatzes. Vergleicht man die Jahresentwicklung, stellt man fest, dass die Umsätze mit x86-Server um sieben Prozent zunahmen. Im vierten Quartal 2009 legten sie sogar um 32,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zu. Dazu erklärte IDC lapidar, diese Entwicklung zeige, dass Unternehmen vor allem in x86-Server investierten, sofern sie ihre IT-Infrastruktur auf den neuesten Stand brächten.

Dem entspricht auch die Entwicklung der Betriebssysteme. Nur Windows und Linux konnten die Umsätze in EMEA steigern. Das Microsoft-OS konnte im vergangenen Jahr um 7,2 Prozent zulegen, Linux um 4,1 Prozent. In EMEA betrug der Marktanteil des Microsoft-OS 42,8 Prozent, auf Linux entfielen 27,3 Prozent.

Insgesamt, so die Meinung der Analysten, zeigen die Zahlen unumstößlich, dass der Servermarkt sich gerade wieder erholt. Die Nachfrage von Unternehmen zieht wieder an, die Serverhersteller packen ihre Maschinen mit immer mehr Prozessoren und Management-Möglichkeiten voll, und wer annimmt, dass die Krise noch keineswegs ausgestanden ist, hat in diesen Kreisen nichts zu suchen. (wl)