Beispiel "Probleme mit dem Drucker"

Service, Service und noch mal Service ...

18.04.2011
Wie Sie für Ihre Firma Kundenloyalität und Geschäftschancen schaffen können, sagt Karl Heinz Lorenz.
Im Service liegen gute Verkaufschancen.
Foto: AXA Konzern AG

Jeden Tag verrichten zahlreiche Maschinen und Geräte zuverlässig ihre Arbeit, sorgen für reibungslose Produktionsabläufe, arbeiten für ihren Privathaushalt. Dabei gibt es ein breitgefächertes Angebot von Maschinen, Apparaturen und technischen Hilfsmitteln, von der Druckerpresse, über die Rolltreppe im Kaufhaus, vom Handy bis zur Waschmaschine daheim. Wenn es einmal zu Störungen kommt, erwarteten die Menschen - Ihre Kunden - einen schnellen und qualifizierten Service. Ob zu Hause oder im Betrieb - wir wollen die Technik nutzen und nicht auf sie warten. Oft hängen weitere Produktionsschritte von der einwandfreien Funktion ab. Jeder Stillstand kostet Zeit und Geld. Servicemitarbeiter werden also meist sehnsüchtig erwartet, damit sie schnell, freundlich, unkompliziert und mit Fachkompetenz die Störungen vor Ort beheben. Gerät repariert, Kunde zufrieden. Aus dieser Kundenzufriedenheit erwachsen zusätzliche, ganz besondere Chancen vertrieblicher Art, die erschlossen werden können.

Die klassische Falle: Teilungsverhalten

In vielen Organisationen waren und sind die Aufgaben des Vertriebs und die des Services strikt getrennt. Die Servicetechniker und Kundendienstmitarbeiter vieler Unternehmen waren dazu angehalten, ihre Dienstleistungen schnell und unauffällig zu erledigen. Gutes Serviceverhalten wurde in erster Linie an schneller Instandsetzung und dem freundlichen Verhalten des Mitarbeiters gemessen. Die Kunden sollen nach Möglichkeit so wenig wie möglich mit der Arbeit des Kundendienstes aufgehalten oder gar "belästigt" werden. Eine Dienstleistung, wie von fleißigen Heinzelmännchen ausgeführt.

Die Kernaufgaben der Vertriebsmitarbeiter hingegen umfassen die regelmäßige Präsenz vor Ort um Neuigkeiten zu erfahren, die Pflege von Geschäftskontakten, Wettbewerbsbeobachtung und selbstverständlich den Vertrieb. Eine Überschneidung dieser Aufgabenbereiche mit denen des Kundendienstes oder gar Aufgabenteilung war oft nicht vorgesehen und fand, wenn überhaupt, eher sporadisch, bedingt durch das individuelle Engagement von Mitarbeitern auf beiden Seiten statt.

Angeregt durch enger werdende Märkte, neue Anbieter und Mitbewerber setzt derzeit ein Umdenken in den Unternehmen ein. Geschäftsführer und vor allem Vertriebsprofis erkennen die Verkaufschancen im Service und führen ihre Servicemitarbeiter an neue Aufgaben und Herausforderungen heran. In der Automobilbranche hat man das längst erkannt: "Das erste Auto verkauft der Verkäufer, das zweite der Kundendienst".

Kundenpotenziale ausbauen

Anhand eines einfachen Beispiels lässt sich deutlich zeigen, wo die Ansätze für Serviceberatung und Serviceverkauf liegen.

Ein Unternehmen fordert zum wiederholten Mal den Servicetechniker für ein Drucksystem an. Es ist gerade Monatsende und zahlreiche Rechnungen und Abrechnungsbelege müssen ausgedruckt werden. Bereits eine Stunde nach der Anforderung ist der freundliche Servicemitarbeiter vor Ort, tauscht die defekten Teile aus und nach kurzer Zeit, ist das Gerät wieder einsatzbereit. Der Kunde ist erleichtert und zufrieden, dass er seine Arbeit so schnell fortsetzen kann. Man verabschiedet sich freundlich - bis zum nächsten Mal.

Drei Wochen später, gleicher Kunde, ähnliches Problem - ein auf die Erkennung und Nutzung vertriebliche Chancen trainierter Serviceberater: Nach der Behebung der Funktionsstörung interessiert sich der Servicemitarbeiter für die Anforderungen, die der Kunde an den Drucker stellt und bemerkt, dass das installierte Gerät an seine Grenzen stößt, was die durchschnittlichen Druckmengen angeht. Im Gespräch erwähnt der Servicefachmann ein neues Druckermodell und vereinbart, den zuständigen Außendienstmitarbeiter zu bitten, den Kunden über das neue Gerät zu informieren. Der Kunde ist zufrieden, dass er seine Arbeit so schnell fortsetzen kann, fühlt sich ausgezeichnet betreut und die Aussicht, das Problem dauerhaft gelöst zu bekommen stärkt sein Vertrauen in die Druckerfirma.

In diesem Beispiel wird klar, welche Schlüsselstellung der Servicemitarbeiter einnimmt. Der Kundendienst umfasst nicht mehr nur wartungstechnische Arbeiten, sondern auch den Dienst am Kunden und Vertriebsaufgaben. Der enge Kundenkontakt und das Auftreten als Berater, nicht als Verkäufer, ermöglicht es dem Servicemitarbeiter Informationen zu sammeln und Interesse an neuen oder zusätzlichen Produkten zu wecken. Als kompetenter Ansprechpartner berät er den Kunden ein Stück weit, bereitet ein Verkaufsgespräch vor und stellt den Kontakt zum Vertrieb her. Die gesammelten Informationen gibt er anschließend direkt an seinen Ansprechpartner in der Vertriebsabteilung weiter und erleichtert diesem damit den Einstieg ins Verkaufsgespräch beim Kunden. Diese verbraucherfreundliche Vorgehensweise festigt die Geschäftsbeziehung und hat den Vorteil, dass der Kunde selbst keine weitere Zeit für die Suche nach einer Lösung - und eventuell einem anderen Lieferanten - aufbringen muss.

Postsales-Prozess: Kundendienstmitarbeiter zum Kundenberater

Kundenansprachen und Kundenbindung nehmen eine zentrale Kompetenzposition im Wettbewerb um Marktanteile ein. Um bestehende Kontakte bei Servicearbeiten und damit verbundene Vertriebschancen zu nutzen, benötigen Kundendienstmitarbeiter im Innen- und Außendienst ergänzend zu bereits vorhandenem Fachwissen ganz klar zusätzliche Kompetenzen. Einfach von den Servicemitarbeitern zu erwarten, ab sofort beratende Tätigkeiten und Vertriebsaufgaben zu übernehmen, funktioniert nicht. Hier ist ein Zwischenschritt notwendig: Qualifizierung und Training.

Die Person zählt: Kommunikation und Verhalten

Eine aufgeschlossene Wesensart und der positive Umgang mit sich und anderen ist Grundvoraussetzung im täglichen Kundenkontakt. Der Einsatz von Sprache und nonverbaler Kommunikation ist ein weiterer, wichtiger Punkt um eine hohe Anerkennung beim Kunden zu erlangen.

Entscheidend für ein erfolgreiches Beratungsgespräch ist eine positive Einstellung.

Kommunikatives Geschick und professionelle Gesprächsführung sind gefordert, um die Wünsche des Kunden zu ermitteln und als kompetenter, kundenorientierter Berater anerkannt zu werden. In Rollenspielen, Einzel- und Gruppenarbeit lässt sich Sprachkompetenz sehr gut trainieren, aufbauen und entwickeln. Je nachdem ob die Mitarbeiter im Innen- oder Außendienst Kontakt zu den Kunden aufnehmen, müssen Besonderheiten berücksichtigt werden. Während bei einem persönlichen Kontakt das Gesamtauftreten und beispielsweise die Körpersprache eine große Rolle spielen, sind beim telefonischen Kontakt die Stimme und der Sprachstil erfolgsentscheidend.

Der Gesprächsablauf selbst, in seiner Struktur vor allem, ist ebenfalls wichtig. Zwar sollen die Mitarbeiter keine vorgefertigten Texte auswendig lernen, doch mit dem passenden Leitfaden behalten sie ihre Gesprächsziele deutlich besser im Auge. Im Idealfall hat der Servicemitarbeiter aufgrund seiner Standardtätigkeiten bei Kunden einen guten Einstiegspunkt für ein Beratungsgespräch, doch gerade Beschwerden und Reklamationen bieten besonders interessante Ansatzpunkte.

Hier sind Verhandlungsgeschick, Nervenstärke und Verständnis erforderlich, dann ist sehr viel erreichbar. Im gezielten Gesprächstraining lernen Servicemitarbeiter den souveränen Umgang mit kritischen und konfliktreichen Situationen. Durch ehrliches Interesse für die Nöte des Kunden, gezieltes Nachfragen und der Bereitschaft, Reklamationen effektiv und verbindlich zu behandeln zeigt der Servicemitarbeiter einen hohen Grad an Professionalität und fördert so die Kundenentwicklung. Die Angaben des Kunden über ihm wichtige Produktmerkmale geben Hinweise, welche Zusatzprodukte oder Dienstleistungen einen echten Nutzen für den Kunden haben. Diese Informationen fließen später in das Beratungs- oder Verkaufsgespräch mit ein. Zukünftige Angebote können mit diesem Wissen noch besser auf den Kunden abgestimmt werden.

Jede Information vom und über den Kunden ist wichtig. Daher speichern viele Unternehmen diese in Datenbanken ab und greifen zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Produkte darauf zurück. So können bereits in der Entwicklungsphase die Interessen der späteren Käufer berücksichtigt werden.

Fähigkeiten fördern

Mit professionellem Training werden wichtige Fähigkeiten gefördert:

- Kontaktbereitschaft: Öffnet Kunden

- Selbstvertrauen: Schafft Sicherheit

- Gutes Auftreten: Gutes Image

- Einfühlungsvermögen: Hilft, die Kundenbelange herauszuarbeiten

- Einsatzbereitschaft: Zeigt Motivation

- Kritik- und Konfliktfähigkeit: Glättet die Wogen

- Gesprächsführung: Spart Zeit, zeigt Kompetenz

- Nutzenargumentation: Gewinnt Kunden

- Fragetechniken: Führung im Gespräch

- Einwandbehandlung: Besserer Umgang mit Kritik und Reklamationen

- Belastbarkeit: Stärkt die Serviceorganisation

Die Kombination macht’s: Service und Verkauf

Sowohl im Service Innen- wie -außendienst steht die aktiv gelebte Kundenorientierung im Mittelpunkt der Arbeit. Kundenorientierung beginnt bereits bei der Entwicklung eines Produkts und setzt sich im ganzen Unternehmen fort. Unternehmensweite Teamorientierung und speziell die abteilungsübergreifende gute Zusammenarbeit von Vertrieb und Service ist notwendig um Vertriebschancen im Kundendienst zu nutzen. Die innerbetrieblichen Zuständigkeiten und Kommunikationswege müssen bekannt sein um einen reibungslosen Informationsfluss zu gewährleisten. Der persönliche Kontakt zwischen Servicemitarbeiter und Verkäufer und eine abgesprochene Vorgehensweise ermöglichen es, schnellstens auf Neuigkeiten zu reagieren.

An Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt werden besondere Ansprüche gestellt. Damit Servicemitarbeiter kundenorientiert handeln, müssen sie genau wie die Verkäufer, die Wünsche und Erwartungen ihrer Kunden kennen und respektieren. Daher sollten sie mit allgemeinen und persönlichen Bedürfnisstrukturen vertraut sein und die aktuelle Marktsituation kennen. Mit diesem Hintergrundwissen können sie im Dialog mit ihren Kunden vertriebliche Chancen (Kundenbedürfnisse) in Erfahrung bringen und nutzen.

Kritisch beleuchtet: Verkaufsaufgaben im Service?

Jeder Qualifizierungsschritt erlaubt den Servicemitarbeitern weit über ihre reinen Kundendienstaufgaben hinaus tätig zu werden. Das bedeutet aber keinesfalls, dass Servicemitarbeiter nun zu Vertriebsmitarbeitern werden sollen. (Komplexe) Verkaufsaufgaben werden weiterhin von den darauf spezialisierten Vertriebsmitarbeitern wahrgenommen. Während aber für Vertriebsmitarbeiter mit Abschluss des Kaufvertrags, spätestens jedoch mit der Auslieferung der Ware, ihre Aufgabe erledigt ist, beginnt für den Kunden die aktive Geschäftsverbindung erst dann.

Genau ab diesem Moment integrieren die Servicemitarbeiter verkaufsfördernde Elemente und verwandeln die bloße Anzahl der Kundenkontakte in eine richtige, feste Kundenbeziehung. Ihre neue Aufgabe besteht also in erster Linie darin, die oft vorhandene Lücke im Kundenkontakt zwischen Vertragsabschluss und neuen Verkaufsgesprächen zu schließen. Bis der Vertrieb wieder den Kontakt zum Kunden aufnimmt um Zusatzgeschäfte oder neue Aufträge zu besprechen, bestärken die Servicemitarbeiter den Kunden nochmals in seiner Kaufentscheidung, verfolgen die Kundenentwicklung und liefern dem Vertrieb wichtige Informationen für Folgeaufträge.

Eine, wie ich meine, ganz hervorragende Möglichkeit, weitere Kundenpotenziale anzugehen. Nutzen Sie diese! Qualifizieren Sie Ihre Servicemitarbeiter auf und verschaffen Sie Ihrem Unternehmen damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Service und Verkauf, eine ganz starke Kombination. (oe)

Der Autor Karl Heinz Lorenz (47) ist Diplom Betriebswirt (DH), Managementtrainer, Dozent und Inhaber von LORENZ-SEMINARE Weidenthal/Pfalz.

Kontakt:

Tel.: 06329 989243, E-Mail: info@lorenz-seminare.de, Internet: www.lorenz-seminare.de