Energie sparen

Smart Grid - was heute schon geht

13.04.2010 von Jürgen Hill
Noch stecken die Smart Grids in den Kinderschuhen, doch stromverbrauchende Geräte lassen sich bereits heute fernsteuern.

Viele Smart-Grid-Aspekte können bereits mit heutiger Technik realisiert werden. Häufig stammt sie aus dem Bereich der Home Automatisation, die in den letzten Jahren zunehmend IP-fähig wurde und so eine Fernsteuerung per LAN und Internet erlaubt. Im Folgenden stellen wir drei Ansätze vor, die einen Eindruck vermitteln, was heute mit überschaubaren Investitionen bereits machbar ist.

Fernschalten per IP-Steckdose

Ein weites Feld zum Fernschalten von elektrischen Geräten, ganz gleich ob zum Beispiel Server, Beleuchtung oder Klimaanlage eröffnen so genannte IP-Steckdosen. Hersteller entsprechender Modelle sind Anel-Elektronik, Gude Analog- und Digitalsysteme GmbH, Infratec AG, Allnet oder Leunig, um nur einige Namen zu nennen. Über ein TCP/IP-Netz (LAN oder Internet) kann der Anwender mit diesen Steckdosen Geräte an- und ausschalten. Die von uns näher betrachtete "Net-PwrCtrl Home" verfügt beispielsweise über einen integrierten Web-Server, über den sich die Stromverbraucher per Browser schalten lassen. Mit drei unabhängig voneinander schaltbaren Steckdosen ist sie das kleinste Modell der Familie, größere Versionen bieten bis zu acht schaltbare Steckdosen.

In den Web-Server der Dose ist eine Mobile-Variante integriert, deren Darstellung auf die kleinen Bildschirme der Smartphones abgestimmt ist. Das aktive Schalten durch den User ist jedoch nur eine der Steuerungsoptionen, die moderne IP-Steckdosen offerieren. Das von uns getestete Modell kann ferner aktionsgesteuerte Schaltvorgänge auslösen, also etwa, wenn der Anwender am PC einen Druckjob startet, den Drucker einschalten oder das Speichersystem beim Aufruf der Backup-Software - hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Ebenso lassen sich Schaltvorgänge wie bei einer Schaltuhr auf wiederkehrende Zeiten einstellen. Und last, but not least informieren die intelligenten Steckdosen den Anwender mittlerweile per E-Mail über Schaltvorgänge oder besondere Ereignisse wie Stromausfälle.

Gesteuert werden die IP-Steckdosen beispielsweise über einen integrierten Web-Server.

Andere Möglichkeiten bieten Funkschalter, wie sie beispielsweise von Intertechno, ELV oder Kop-pla vermarktet werden. Neben klassischen Schaltern oder Dimmern offerieren diese Unternehmen Aktoren zur Rolladen- und Garagentorsteuerung, Kontaktschalter und Bewegungsmelder, um nur einige Beispiele zu nennen. Out of the Box haben diese Komponenten erst einmal wenig mit einer intelligenten Fernsteuerung zu tun, sondern dienen lediglich der Erhöhung des Komforts. Die intelligente Vernetzung wird hier erst ein Thema mit Hilfe von Zusatzboxen beziehungsweise -modulen, wie sie beispielsweise für das "FS20"-System von ELV angeboten werden oder von Jbmedia mit dem "Light Manager Pro". Mit Letzterem lassen sich unter anderem verschiedene Szenarien festlagen: Etwa, dass um acht Uhr in einer Filiale die Rolläden hochfahren und dann im Schaufenster die Videowerbung startet, oder zu Hause werden beim Herunterfahren der Leinwand für den Kinoabend automatisch die Lichter gedimmt oder ausgeschaltet.

Steuern per Funk

Via Funk lassen sich Heizkörper über den PC fernsteuern.

Da das Gerät einen Temperatursensor enthält, sind auch Anwendungen wie der automatische Start der Klimaanlage bei gleichzeitigem Herunterfahren der Sonnenrollos ab einer gewissen Temperatur vorstellbar. Dabei müssen die verschiedenen Szenarien nicht auf eine lokale Bedienung begrenzt bleiben. Ist das Gerät an einen Rechner angeschlossen, können dank der integrierten HTML-Unterstützung auch eigene Web-Seiten programmiert werden. Auf diese Weise ist eine Fernbedienung via Internet möglich, wobei der Nutzer die selbstgebauten Web-Seiten an das jeweilige Endgerät (PC-Browser, Smartphone) anpassen kann.

Per Handy via Bluetooth lassen sich mit Hilfe von BlueID auch Türen und Schranken öffnen.
Foto: BlueID

Einen noch größeren Funktionsumfang eröffnen Systemfamilien wie etwa HomeMatic von ELV. Solche kompletten Systeme zur Gebäudeautomatisierung umfassen in der Regel viele Aktoren, Sensoren sowie Steuerzentralen für Funktionen im Zusammenhang von Heizung, Licht, Wetter, Sicherheit und anderen Themen. So hat der Käufer bei der hier analysierten HomeMatic-Familie die Wahl zwischen vier Steuerzentralen, die als Stand-alone-System oder per PC via LAN zur Steuerung dienen. Im Gegensatz zu den einfacheren Systemen zeichnen sich die Familienlösungen durch eine große Vielfalt an lieferbaren Sensoren aus. Im Falle von HomeMatic sind das neben Temperatur- und Feuchtigkeitsfühlern etwa eine Wetterstation mit Windmesser und Niederschlagsmesser oder Rauchmelder. Ebenso sind Kontaktmelder in unterschiedlichster Bauart sowie Bewegungsmelder lieferbar. Ein weiterer Vorteil der größeren Systemfamilien ist, dass sie neben den üblichen elektrischen Schaltern, Dimmern und Rolladensteuerungen beispielsweise noch mit Ventilantrieben zur Steuerung der Heizkörper aufwarten und so die herkömmlichen Thermostate ersetzen. Zu den Vorzügen der HomeMatic-Lösung zählt ferner der "BlueID Access". Mit seiner Hilfe können Smartphones (derzeit Symbian, Windows Mobile sowie Blackberry und Android in der Alpha-Phase) per Bluetooth zur Steuerung genutzt werden und so etwa Türen oder Einfahrtsschranken öffnen. Die Verwaltung erfolgt dabei über BlueID-Tickets, die als digitale Schlüssel dienen und per WLAN, Internet oder Mobilfunk auf die Endgeräte überspielt werden.

Diese Fragen sollten Sie stellen Glaubt man Bernd Grohmann, Bereichsleiter OEM Hausautomation bei ELV, sind solche Lösungen deutlich günstiger als klassische Verfahren wie KNX: "Während KNX zwischen acht und zwölf Prozent der Bausumme verschlingt, belaufen sich Lösungen wie HomeMatic auf 0,5 bis ein Prozent der Baukosten."

Bei aller Euphorie über das heute schon technisch Machbare sollten einige Fragen nicht vergessen werden:

Werden obige Punkte berücksichtigt, dann sparen Smart-Grid-Teilaspekte schon heute Energie und erhöhen den Komfort.