Vorbereitung ist das A und O

So bringen Sie Großaufträge unter Dach und Fach

25.06.2013
Bei "Big Deals" treffen sich vor dem endgültigen Vertragsabschluss oft die Chefs, um die letzten Details zu verhandeln. Auf diese Abschlussgespräche muss sich der Verkaufsleiter oder Firmeninhaber systematisch vorbereiten.

Der Kunde ist "reif" zum Abschluss. Nun gilt es, den Lieferumfang und die Lieferkonditionen vertraglich zu fixieren. Zu solchen Abschlussgesprächen werden, wenn es um größere Aufträge geht, oft die Verkaufsleiter hinzugezogen. Doch sie waren meist nicht in alle Vorgespräche involviert. Umso wichtiger ist eine gezielte Vorbereitung. Folgende Regeln sollten Sie als Verkaufsleiter beachten.

1. Sich vorab systematisch informieren

Ein Kurz-Briefing während der Fahrt zum Kunden lässt nur ungenügend Zeit für eine kundenorientierte Einstimmung und strategische Überlegungen. Lassen Sie sich vom Kundenverantwortlichen spätestens zwei Tage vor dem Termin schriftlich und (eventuell mittels eines Formblatts) strukturiert informieren über:
- den Kunden (Was machen die? Wovon leben die?)
- die Gesprächspartner (Verantwortungsbereich, informeller Status in der Kundenorganisation, Entscheidungskompetenz, persönliches Interesse in diesem Bedarfsfall)
- die Historie des Kunden und des aktuellen Bedarfs
- das Potenzial (aktueller/künftiger Bedarf?)
- die Chance (Hat der Kunde die Grundsatzentscheidung getroffen? Welche Alternativen hat er? Wie stehen unsere Chancen?)
- die Entscheidungssituation (Wer entscheidet? Was sind die Entscheidungskriterien? Wie läuft der Entscheidungsprozess ab?)
- die Verhandlungspunkte (Welche Punkte des Angebots will der Kunde verhandeln?)
- die Preisfindung (Wie sieht unsere Kalkulation aus?)

2. Alle kundenrelevanten Möglichkeiten für die Preisargumentation nutzen

Stellen Sie sich und Ihre Vertriebsmitarbeiter auf ein offensives Verhandeln ein. Bestätigen Sie dem Kunden Ihren höheren Preis und zeigen Sie ihm die Angemessenheit des Preis-Leistungs-Verhältnisses auf, indem Sie alle kundenrelevanten Leistungen Ihres Unternehmens in die Waagschale werfen. Verdeutlichen Sie ihm den besonderen Nutzen Ihres Angebots aufgrund Ihrer
Produktpolitik
Sortimentspolitik
Servicepolitik
Informations- und Kommunikationspolitik
Preispolitik
Distributionspolitik

Lassen Sie sich vorab die für den Kunden relevanten Argumente schriftlich zusammenstellen.

3. Nach dem Prinzip "Geben und Nehmen" verhandeln

Sie werden im Gespräch Konditionen einräumen müssen – aus sachlichen Gründen (wie Konkurrenzangebote oder Budgetprobleme des Kunden) sowie psychologischen Gründen (etwa das Bedürfnis nach Erfolgserlebnissen Ihrer Gesprächspartner). Dabei sollten Sie jedoch, um seriös und glaubwürdig zu wirken, gemäß folgender Maxime agieren: kein Nachlass ohne Gegenleistung! Überlegen Sie im Vorfeld, welche Gegenleistungen dies sein könnten.

Weitere Regeln gibt es auf der nächsten Seite.

Tipps für Preisverhandlungen
Zugeständnisse auf Verkäuferseite (II)
- Boni genehmigen
- Leistungen / Service ohne Berechnung zustimmen
- Lieferbedingungen anpassen
- Zahlungsbedingungen anpassen
Zugeständnisse auf Verkäuferseite (I)
- Sonder-Nettopreise anbieten
- Paketpreisen zustimmen
- Naturalrabatte anbieten
Zugeständnisse auf Kundenseite (III)
- Anwenderbericht als Autor / Referent verfassen
- gemeinsame Präsentationen (auf Messen, bei potenziellen Neukunden) durchführen
- aktive Weiterempfehlungen aussprechen
Zugeständnisse auf Kundenseite (II)
- Auditierung / Listung genehmigen
- technischen Alternativen / Sonderanfertigungen zustimmen
- Bestellmengen, -rhythmus verändern
Zugeständnisse auf Kundenseite (I)
- größere Mengen abnehmen
- weitere Produkte abnehmen
- Abrufaufträgen zustimmen
Vorbereitungen im Vorfeld
In Preisverhandlungen können Sie umso flexibler agieren, je mehr Verhandlungsmasse Sie haben. Überlegen Sie deshalb im Vorfeld, welche Zugeständnisse Sie machen könnten und was Ihnen der Kunde im Gegenzug bieten könnte.

Ein paar Beispiele.

Auf Glaubwürdigkeit achten

4. Die Preisverhandlung zur Kundenbindung nutzen

Stellen Sie Gegenforderungen, die den Kunden binden – entweder
- vertraglich (Abruf-Auftrag, Service-Vertrag)
- individuell-persönlich (Teilnahme an Schulungen Ihres Hauses, gemeinsame Arbeitskreise)
- technisch (Systemlösungen, Sonderanfertigungen)
- organisatorisch (Bestellabwicklung, Logistikkonzepte) oder
- marketingpolitisch (Anwenderberichte, Referenz)

5. Rational und emotional verhandeln

Lassen Sie sich von Ihrem Mitarbeiter sachliche (Kauf-)Argumente wie Produktvorteile und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen notieren. Argumentieren Sie aber auch emotional. Sprechen Sie über Partnerschaft und längerfristige Zusammenarbeit. Zeigen Sie Freude und Zuversicht, Betroffenheit und Bedauern. Und signalisieren Sie: Ich will den Auftrag nicht um jeden Preis.

6. Mit den Mitarbeitern die taktische Rollenverteilung klären

Übernehmen Sie in der Verhandlung als Verkaufsleiter eher die Rolle des "Bad Guy", überlassen Sie die Rolle des "Good Guy" Ihrem Vertriebsmitarbeiter, denn er muss danach mit dem Kunden zusammenarbeiten. Erstellen Sie einen Gesprächsleitfaden (Welches Ziel wollen wir erreichen? Worüber wollen wir in welcher Reihenfolge sprechen?) und klären Sie die Rollenverteilung (Wer nimmt welche Haltung ein? Wer sagt zu welchem Thema was?). Entwerfen Sie zudem eine Gesprächstaktik (Wenn diese Situation..., dann folgende Vorgehensweise... / Wann unterbrechen wir die Verhandlung taktisch wie?).

7. Sich nochmals die Grundregeln von Preisverhandlungen in Erinnerung rufen

Prüfen Sie vor dem Nennen von Konditionen
- das Wertbewusstsein des Kunden gegenüber Ihrem Haus und Ihrer Lösung ("Entspricht unsere Lösung grundsätzlich Ihren Vorstellungen?")
- das Auftragsvolumen ("Es geht jetzt also gemäß unserem Angebot um folgenden Auftragsumfang ...?") und
- die Entscheidungsbereitschaft ("Das heißt, wenn wir uns über die Konditionen einigen, dann können Sie uns heute den Auftrag zusagen?")

Verhindern Sie ein Rosinen-Picken, indem Sie zuerst alle Verhandlungspunkte sammeln, bevor Sie über einzelne Punkte im Detail verhandeln.

Und: Gewähren Sie keine glatten Nachlässe (nicht fünf Prozent, sondern 4,86 Prozent – nicht 500 Euro, sondern 486 Euro). Denn wenn Sie nicht um jeden Euro und jedes hundertstel Prozent Preisnachlass feilschen, haben Ihre Gesprächspartner das Gefühl: Da ist noch was zu holen. Und sie haben nach dem Gespräch nicht das Gefühl: Wir haben hart und erfolgreich verhandelt. (oe)

Der Autor Peter Schreiber ist Inhaber des auf den Vertrieb von Industriegütern und -dienstleistungen spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld, sowie Autor des Buchs "Das Beuteraster - 7 Strategien für erfolgreiches Verkaufen" (Orell Füssli Verlag).
Kontakt:
Tel.: 07062 9696, E-Mail: zentrale@schreiber-training.de, Internet: www.schreiber-training.de

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Die Katze im Sack verkaufen
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"Veredeln" von IT-Produkten
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"Alte Krücken" als neuwertige Produkte deklarieren
Alte beziehungsweise bereits abgekündigte Produkte werden als "neu" angeboten. Ein Vertriebsmitarbeiter will dem Käufer also ohne dessen Wissen statt eines Neugeräts ein überholtes Produkt "unterjubeln".
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Bei diesem Trick bietet der Verkäufer ein Produkt zu einem höchst attraktiven Preis an. Doch wenn ein Interessent zuschlagen möchte, erfährt er, dass das Sonderangebot bereits ausverkauft sei. Stattdessen könne er ein besseres, allerdings teureres Produkt ordern.