Mittleres Management

So führen Mitarbeiter ihren Chef

14.01.2020 von Christiane Pütter
Mittel-Manager bekommen viele Tipps zum Führen des eigenen Teams - aber nicht zum Führen des eigenen Chefs. Trainer Stefan Häseli weiß Rat.
 
  • Beobachten Mittel-Manager, dass der Top-Manager ihre Idee als die eigene ausgibt, sollten sie ihn konfrontieren
  • Die Generation X war noch dazu erzogen, jedes Verhalten des Chefs hinzunehmen, doch das ändert sich
  • Häselis Appell: "Besser, als sich den idealen Chef zu suchen, ist es, sich mit seinem unvollkommenen Chef auseinanderzusetzen."
Stefan Häseli war selbst Führungskraft und coacht heute Chefs.
Foto: Stefan Häseli

"Die Frage, wie man als Führungskraft mit dem eigenen Vorgesetzten umgehen soll, wird ausgeklammert." Das beobachtet jedenfalls Stefan Häseli, der nach eigener Tätigkeit als Führungskraft heute Manager trainiert. Seiner Erfahrung nach bekommen Führungskräfte aus dem mittleren Management zwar viele Tipps zum Führen ihrer Mitarbeiter - nicht aber zum Umgang mit dem Chef. Ein Versäumnis, findet der Schweizer. Denn: "Um auf Dauer erfolgreich zu sein, hängt von einer guten Arbeitsbeziehung zum Vorgesetzten mindestens genauso viel ab wie von den Resultaten des selbst geführten Verantwortungsbereichs."

Häseli weiß, dass es dabei oft knirscht. Sein Credo: "Wer den Chef nicht erdulden will, muss ihn managen." Dafür hat er einige Tipps parat:

1. Den eigenen Vorgesetzten beobachten

Was für ein Mensch ist er oder sie? Achtet er auf Details oder auf Zusammenfassungen? Sind ihm Zwischenberichte oder Endergebnisse wichtiger? Mailt oder telefoniert er lieber? Führt er mehrere kurze Besprechungen durch oder wenige lange? Wie wichtig sind ihm zwischenmenschliche Beziehungen, um welche Themen kreist er?

2. Erfolge präsentieren

Vorgesetzte brauchen Erfolge und schätzen Mitarbeiter, die ihnen dazu verhelfen. "Es lohnt sich also, herauszufinden, wo die Stärken des Chefs liegen. Denn damit - und nicht mit sicher ebenfalls vorhandenen Schwächen - werden Erfolge erzielt."

Allerdings räumt Häseli ein, dass manche Führungskraft gern die Idee des Mittelmanagers als eigene ausgibt. In diesem Fall sollte der Mittelmanager reagieren, und zwar mit einem klaren, zielgerichteten Feedback direkt an seinen Chef. Der Trainer rät hier zu offenen Worten wie etwa "Chef, ich habe festgestellt, dass du die Idee xx als deine eigene verkaufst. Das hat mich nicht nur gestört, sondern trifft mich auch persönlich." Der Mittelmanager kann fordern, dass die Idee zumindest als Abteilungsleistung dargestellt wird oder eben auch als seine Leistung.

Häseli fügt an, es sei nicht zwingend böse Absicht, wenn ein Chef fremde Ideen als eigene anpreist. "Es ist ihm vielleicht gar nicht bewusst, wie wichtig dem Mittelmanager das ist. Und wie soll er es merken? Indem man ihn darauf anspricht."

3. Sich gut vorbereiten

Ob verständiger Kumpel oder strenger Formalist - eines plagt alle Führungskräfte: Zeitmangel. Umso wichtiger ist gute Vorbereitung, um effektive Gespräche zu führen. Ziele und Zweck des Termins müssen geklärt sein.

4. Den Chef nicht überraschen

Vom unzuverlässigen Lieferanten bis zum säumigen Kunden - der Vorgesetzte muss rechtzeitig informiert werden. Ob er sich um das Problem kümmert oder es dem Mittelmanager überlässt, wird er dann selbst entscheiden.

Dass die Kommunikation zwischen Mittel- und Top-Manager selten thematisiert wird, hält Häseli für eine Generationenfrage. Die Generation X und Ältere seien vermutlich dazu erzogen, das, was vom Vorgesetzten kommt, einfach so hinzunehmen. Doch diese Haltung ändert sich, so Häseli weiter. Nicht selten wechseln motivierte Mitarbeiter frustriert die Stelle, weil sie mit ihrem Vorgesetzten nicht klarkommen. Ein Schritt, der Risiken birgt - auch der neue Chef wird Ecken und Kanten haben.

Fazit des Trainers: "Besser, als sich den idealen Chef zu suchen, ist es, sich mit seinem unvollkommenen Chef auseinanderzusetzen."

Häseli appelliert denn auch an die Eigeninitiative jedes Mittelmanagers. Wer sich vom Vorgesetzten in die Rolle eines nur ausführenden Mitarbeiters gedrängt sieht, muss sich aus eigener Kraft als Mitdenker und Mitgestalter profilieren. "Übrigens", fügt der Trainer an, "ist ein Mitarbeiter, der nicht ab und zu seine Kompetenzen ausreizt, ein schlechter Mitarbeiter!"