Managementmethoden

So schaffen Sie echte Innovationen

06.10.2015 von Renate Oettinger
Führungskräfte und Unternehmen können von Jazzern und anderen Künstlern lernen. Worauf es dabei ankommt und welchen Kreativmethoden en vogue sind, erklärt Dr. Roland Geschwill.

Früher reichte es, gute Produkte zu verkaufen und effizient zu produzieren, um erfolgreich zu sein. Heute jagt eine Innovation die nächste. Junge, kleine Unternehmen verfolgen etablierte Unternehmen, die alten "Platzhirsche", oder lassen sie ganz keck gleich links liegen. Die Newcomer scheren sich nicht um herkömmliche Branchengrenzen, schon gar nicht um Traditionen, und entwickeln sich mitunter in rasanter Geschwindigkeit zu Marktführern.

Diese Situation stellt gänzlich neue Anforderungen an die Entscheider in Unternehmen. Sie müssen heute in der Lage sein, mit unübersichtlichen Situationen umzugehen, für überraschende Problemstellungen schnell Lösungen zu finden und Widersprüche zu überbrücken. Die bekannten Managementmethoden reichen für die komplexen Anforderungen der Gegenwart nicht mehr aus, das Methodenspektrum muss sich erweitern.

Erfolg ist wie ein Lorbeerkranz: eine Auszeichnung für besondere Leistungen. Diese sind meist die Folge von Innovationen.
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Erfolg zu haben bedeutet für Organisationen zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu allererst: kreativ, innovativ und anders zu sein. Künstler können echtes kreatives Denken in Unternehmen auf vielfältige Weise in Gang setzen. Es gibt eine Vielzahl von Geschichten, wie Kunst in all ihren Formen - von der Musik über das Theater bis zur Malerei - Kreativität und Innovationen in der Wirtschaft befördert hat.

Es war der Chorsänger Art Fry, der sich in den 1970er-Jahren darüber ärgerte, dass ihm die Buchmarker während des Singens herausfielen. Er erinnerte sich an das gescheiterte Projekt mit dem schwach haftenden Kleber. So kam ihm die Idee mit den kleinen, gelben Zetteln. Diese Geschichte wird heute noch in dem amerikanischen Konzern 3M erzählt, dem Unternehmen, das mit den Post IT´s , bereits Milliarden US-Dollar verdient hat.

Angesichts der Bedeutung von Innovationen stellt sich für Unternehmen die zentrale Frage: Wie schaffen wir es, kreative Prozesse zu gestalten und Ideen zu echten Innovationen am Markt werden zu lassen?

Kunst kennt wenig Routinen

Üblicherweise versucht das herkömmliche Management Innovationen durch eine strukturierte Vorgehensweise zu erreichen, das kreative Denken wird geplant. Dem gegenüber steht die Art und Weise, wie Künstler vorgehen: eher intuitiv und experimentierend. Pablo Picasso etwa übermalte Bilder mehrmals, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Oder: Wer ein Buch schreibt, schreibt oftmals vier oder fünf Versionen, bis die Endfassung steht. Oder: Wer ein Jazzstück spielt, spielt das Stück mehrmals, aber immer anders. Kunst kennt wenig Routinen.

Das Potenzial, das in den Kopplungen zwischen Kunst und Wirtschaft schlummert, können Unternehmen noch deutlich besser nutzen. Künstlerische Kreativität funktioniert allerdings vielfach völlig anders als mancher erwartet. Echte Kreativität ist harte Arbeit und ohne Rückschläge nicht zu haben. Das kennt jeder erfahrene Projektmanager. Jedes Vorhaben gerät auch in der Wirtschaft ins Stocken und nimmt Wendungen, mit denen im Vorfeld niemand gerechnet hat. Es heißt dann: Improvisieren und nach anderen, ungewöhnlichen Lösungen zu suchen. Projektebeteiligte können hier von Künstlern den Umgang mit Improvisation und Krisen lernen.

Dafür braucht es auch die Bereitschaft von Führungskräften sich in ihrer Persönlichkeit weiterzubilden. Das lohnt sich! Wer zum Beispiel mit dem Pianisten Jens Thomas einmal ein Tagesseminar gemacht haben, wird als Manager nie mehr in seinem Leben langweilig präsentieren. Wer mit einem Kunstmanager-Team einmal sein neuestes Projekt besprochen hat, wird anschließend in dem Projekt anders arbeiten. Der Spaß und der Fortschritt entstehen durch das Aufeinandertreffen und die Konfrontation von Kunst und Management. Wer in einem Managementtraining Spezialisten kennen lernt, die Kunst erfolgreich vermarkten, ist nicht nur beeindruckt, sondern verändert seine Wahrnehmung. Allerdings: Diese Konfrontation ist nur etwas für Führungskräfte, die sich tatsächlich verändern wollen.

Innovationen sichern die Zukunft

Wer seit Längerem als Führungskraft tätig ist, wird vielleicht einwenden, dass es schon immer Kreativitätsseminare gab, in denen die entsprechenden Techniken vermittelt wurden. Viele Kreativitätstechniken stammen aus den 1950er Jahren. Im International Center for Studies in Creativity an der Buffalo State University New York wurden bahnbrechende Kreativitätsmethoden zur Produktion neuer Ideen entwickelt. Beispielsweise kommt da auch das Brainstorming her. Doch wer heute in einem Wirtschaftsunternehmen seinem Team sagt: Jetzt machen wir ein Brainstorming, schaut häufig in leere, wenig begeisterte Gesichter der Anwesenden, zu schlecht sind häufig die Erfahrungen mit dieser und anderen herkömmlichen Kreativitätsmethoden.

Wer Teams und Ideen entwickeln will, sollte mehr bieten als Kreativitätstechniken aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Kunst und Künstler hingegen können Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen auf Ideen bringen, die Menschen begeistern können. Eine bereits bewährte Methode sind Pecha-Kucha-Präsentationen. Kuratoren in der Kunst und Poetry Slams haben sie entwickelt. Pecha-Kucha-Präsentationen ermöglichen echtes kreatives Denken. Der Begriff "Pecha-Kucha" stammt aus dem Japanischen und bedeutet soviel wie "wirres Geplauder, Stimmengewirr". Der wichtigste Aspekt dieser Art der Präsentation ist: die Selbstbeschränkung.

Die Relevanz echten kreativen Denkens liegt angesichts der Bedrohung etablierter Unternehmen durch wendige, innovative Wachstumsunternehmen auf der Hand. Wer die Chancen erkennt und ergreift, die im Zusammenwirken von Kunst und Wirtschaft liegen, steigert die eigene Wettbewerbsfähigkeit und erhöht die Wahrscheinlichkeit, auch in Zukunft gute Geschäfte machen zu können. Die Möglichkeiten zum kreativen Denken sollten daher bei der Qualifikation von Führungskräften und Mitarbeitern, in der Forschung und Entwicklung, im Arbeitsumfeld von Mitarbeitern sowie besonders bei Events und Meetings genutzt werden.

Checkliste: Was Sie beachten sollten, wenn Sie Kreativität im Unternehmen implementieren wollen

Buchtipp:

Roland Geschwill. Der Rhythmus der Innovation. Was Manager und Unternehmen von Jazzern und anderen Künstlern lernen können, Springer Gabler 2015, 230 Seiten, ISBN 978-3-658-08455-4, 39,99 Euro

Dr. Roland Geschwill ist Mitgründer und Geschäftsführer der "Denkwerkstatt für Manager", die über Expertise sowohl in der angloamerikanischen als auch in der deutschen Managementkultur verfügt. Bereits seit 1986 berät der Diplom-Psychologe Führungskräfte. Sein Standardwerk "Employer Branding" (gemeinsam mit Florian Schuhmacher) erschien bei Springer Gabler. Darüber hinaus engagiert sich Roland Geschwill ehrenamtlich als Vorstandssprecher des Fördervereins "Friends" beim renommierten Festival "Enjoy Jazz".

Kontakt: info@denkwerkstatt-manager.de
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