Sprache und Soundeffekte in eine E-Mail mischen

22.11.2001
Sprache per E-Mail zu versenden ist ja nun nicht gerade der letzte Schrei internetgestützter Kommunikation. Dennoch mag sich der eine oder andere PC-Besitzer mit ein paar Mark zu viel in der Tasche aufgrund der bunten Verpackung und des geringen Preises zum Kauf der Software "Voice Mail" entschließen. Was ihn erwartet, hat ComputerPartner untersucht.

Ein seriöses Produkt ist das Programm Voice Mail von Matchware nicht. Es handelt sich vielmehr um ein Gimmick in Reinkultur. Als solches muss es zu nichts taugen, nur Spaß sollte es machen. Und bei dem geringen Preis (39,95 Mark) des Produkts taucht nicht einmal die Forderung nach langer Haltbarkeit auf.

Das beiliegende, ganz aus Plastik gefertigte Headset - als einziger Hardwarebestandteil des Lieferumfangs - dürfte nicht übertrieben lange Schläfe und Ohr seines Trägers traktieren. Es besteht aus einem Einohr-Kopfhörer, einem schwenkbaren Mikrofon und einem etwa zwei Meter langen Kabel mit zwei Klinkenbuchsen für den Anschluss an die Soundkarte. Das Headset lässt sich in der Größe mittels Raststufen an die Kopfform anpassen - und darin erschöpft sich bereits sein ganzer Komfort. Schon nach geringer Nutzung scheuert die Schaumstoffbespannung der Hörmuschel durch.

Der Klang ist dürftig, und das Mikrofon sollte der Anwender so nahe wie möglich an den Mund heranführen, um eine einigermaßen hörbare Aufnahme zu erhalten. Dieses Teil ist derartig windig, dass es auch aus einer Wundertüte vom Kiosk nebenan stammen könnte.

Gespart hat der Hersteller auch bei der Bedienungsanleitung. Nirgends findet der Nutzer einen Hinweis, wo er die beiden Klinkenstecker des Headsets anschließen soll. Die meisten verwendeten Soundkarten (ob onboard oder in einem Steckplatz) bieten drei Anschlüsse, also darf der unerfahrene PC-Besitzer zwischen einer und sechs Möglichkeiten ausprobieren. Was spricht gegen eine kleine erklärende Zeichnung zu dieser Thematik?

In Sekundenschnelle installiert

Die Installation der Software von der mitgelieferten CD-ROM geschieht in Sekundenschnelle und problemlos. Im Büchlein in der CD-Hülle ist ihr Gebrauch ausführlich beschrieben. Dafür gebührt Matchware Lob, und anerkennenswert ist auch, dass die übersichtliche Programmoberfläche kaum einer Erklärung bedarf. Die Bedienung erschließt sich intuitiv, da die Oberfläche wie ein peppiger Kassettenrekorder mit den bekannten Funktionsknöpfen gestaltet wurde: Stopp, Pause, Spielen, Gehe-zum-Ende und Aufnahme. Es macht Spaß, durch Ausprobieren einfach loszulegen, ohne lange Erklärungen lesen zu müssen. Der Fun-Faktor des Produkts ist insofern durchaus gegeben.

Wer das Programm aufruft, muss zunächst die gewünschte Audioqualität unter vier verschiedenen Stufen auswählen. Die Skala beginnt bei 38 und endet bei 120 Kilobit pro Minute. Dazwischen liegen die Stufen "Mittel" (49 KB/ min) und "Hoch" (64 KB/min). Die Stimmfarbe des Sprechenden kommt auch mit der niedrigsten Audioqualität noch passabel rüber. Hier wird das Resultat der Verwendung modernster Kompressionstechniken - auf der Verpackung als eines der Hauptmerkmale von Voice Mail angeführt - deutlich hörbar.

Soundeffekte einbinden

Neben seiner eigenen Stimme kann der Nutzer acht verschiedene Soundeffekte in die Tonaufnahme mischen. Er aktiviert sie durch Mausklick auf einen Knopf unter der Kontrollanzeige. Zur Auswahl stehen etwa Beifall, Weckerklingeln, eine knarrende Tür oder ein Gong. Die eigene Stimme wird davon allerdings völlig übertönt. Auch eigene Soundeffekte lassen sich hinzufügen - durch Wahrung des Audioformats (PCM, 16 Kilohertz, 16 Bit, mono) und Umbenennen in die zugehörige Soundeffekt-Datei. Wie das funktioniert, wird allerdings nirgends beschrieben.

Das Display der Bedienoberfläche besteht aus einem Schieberegler, um zur gewünschten Stelle der Tonaufzeichnung zu gelangen, sowie aus einer blauen Linie, welche die Stärke des anliegenden Signals wiedergibt. Ein haarfeiner, senkrechter Balken darauf zeigt die aktuelle Position. Auch mit ihm kann der User in der Signalspur "navigieren". So lässt sich die aktuelle Aufnahme von einem bestimmten Punkt an überschreiben. Passt dem Benutzer die Soundqualität nicht, klickt er auf den Knopf "Neue Aufnahme" und stellt einen anderen Wert ein. Weitere Buttons sind, neben den bekannten Kassettenrekorder-Tasten, "Minimieren", "Schließen", "Hilfe", "Aufnahme speichern" und "Aufnahme senden".

Letztgenannter öffnet das Mailfenster des Haupt-Mailprogramms auf dem PC und hängt die aktuelle Aufnahme an. Wer sich jedoch mit dem Versenden nicht sputet, dem präsentiert Voice Mail nach ungefähr 1,5 Minuten die Fehlermeldung "Keine Antwort, Zeitüberschreitung E-Mail". Offenbar sind die Entwickler davon ausgegangen, dass das verwendete Mail-Programm nicht den Mapi-Standard (Mail Application Programming Interface) unterstützt. (Zur Erklärung: Mapi regelt die Kommunikation unterschiedlicher E-Mail-Programme). Dennoch bleibt der Zweck der Meldung schleierhaft. Warum sollte man dem Anwender nicht alle Zeit der Welt lassen, um noch ein paar Zeilen in die Mail zu schreiben?

Fortgesetztes Mysterium

Doch nicht genug des Mysteriösen: Klickt man in dem Fenster mit der Fehlermeldung auf "Abbrechen" statt auf "OK", geht die automatische E-Mail-Aufruffunktion unwiderruflich verloren. Wann immer man danach auf den E-Mail-Button drückt, landet man in der Hilfedatei. Dort wird erklärt, wie der Anwender die Voice-Datei selber an eine E-Mail anhängen kann. Möchte er den Button wieder in der ursprünglichen Funktion nutzen, bleibt ihm nur der Weg über De- und anschließende Neuinstallation des Programms. Ob das gewollt oder ein Bug ist - es ist schlicht unpraktisch.

Der Empfänger der E-Mail muss über ein Programm wie den Windows Media Player verfügen, um die Mitteilung hören zu können. Matchware empfiehlt Version 7.0, doch im Test funktionierte Version 6.01 ebenso gut. Der Lautstärkeregler sollte in jedem Fall bis zum Anschlag aufgedreht sein - Gehörschäden sind garantiert nicht zu erwarten. (de)

<b>Kurzgefasst</b>

Wer das Programm Voice Mail von Matchware kauft, erhält neben dem Programm zur Sprachaufzeichnung ein Einohr-Headset mit schwenkbarem Mikrofon. Das Headset ist - dem geringen Preis des Produkts entsprechend - von der billigsten Sorte. Die intuitive Bedienbarkeit des Programms sorgt für einen gewissen Spaßfaktor. Das ist aber auch schon alles. Für ernsthaftes Arbeiten ist die Software nicht geeignet. Neben der eigenen Stimme kann der Anwender auch programmierte Soundeffekte einmischen. Sie lassen sich durch Sounddateien des Users überschreiben. Es wird jedoch nicht erklärt, wie das zu machen ist.

Ein weiterer Nachteil ist die zeitliche Begrenzung bei der automatischen E-Mail-Funktion sowie deren nicht wieder aufhebbare Deaktivierung bei Druck auf den falschen Button. Aufgrund dieser Mängel ist das Programm nicht mehr als ein halbwegs lustiges Gimmick. Deshalb Note Vier.

Anbieter:

Matchware Deutschland

Gotenstr. 17

20097 Hamburg

Tel.: 0 40/54 37-64

Fax: 0 40/54 37-89

www.matchware.net

Preis:

39,95 Mark

Wertung:

Gerät/Software: 4-5

Lieferumfang: 3

Handbuch: 4

Ease-of-Use: 4

Händler-Support: 3

CP-TIPP: 4

(Bewertung nach Schulnoten)