Standpunkt

17.12.1998
Die Lage könnte paradoxer nicht sein: Auf der einen Seite ein Heer von Arbeitslosen, auf der anderen Seite Softwarehäuser, Distributoren und IT-Lösungsanbieter, die sich immer schwerer tun, das geeignete Personal zu finden. Unterschiedlichen Quellen zufolge besteht momentan eine nicht gedeckte Nachfrage nach 75.000 bis 120.000 Fachkräften, mit steigender Tendenz. Laut einer IDC-Studie werden im Jahre 2002 in Europa gar 1,6 Millionen Computerspezialisten fehlen (siehe auch ComputerPartner 29/98, Seite 36)."Gleichzeitig sind von 11.000 Informatik-Studienplätzen nur 6.000 bis 7.000 besetzt", klagt etwa Hewlett-Packards Deutschland-Chef Jörg Harms. Ursache dafür dürfte wohl die Flaute auf dem Arbeitsmarkt Anfang der neunziger Jahre sein. Ingenieur- und naturwissenschaftliche Fakultäten an den Universitäten erlebten seitdem einen bis zu 50prozentigen Rückgang an Studienanfängern. Softwareschmieden können nicht wie früher in Fremdrevieren, also bei Ingenieuren oder Physikern, wildern. Diese Absolventen suchen sich heutzutage ihre Jobs in aller Ruhe aus.

Die Lage könnte paradoxer nicht sein: Auf der einen Seite ein Heer von Arbeitslosen, auf der anderen Seite Softwarehäuser, Distributoren und IT-Lösungsanbieter, die sich immer schwerer tun, das geeignete Personal zu finden. Unterschiedlichen Quellen zufolge besteht momentan eine nicht gedeckte Nachfrage nach 75.000 bis 120.000 Fachkräften, mit steigender Tendenz. Laut einer IDC-Studie werden im Jahre 2002 in Europa gar 1,6 Millionen Computerspezialisten fehlen (siehe auch ComputerPartner 29/98, Seite 36)."Gleichzeitig sind von 11.000 Informatik-Studienplätzen nur 6.000 bis 7.000 besetzt", klagt etwa Hewlett-Packards Deutschland-Chef Jörg Harms. Ursache dafür dürfte wohl die Flaute auf dem Arbeitsmarkt Anfang der neunziger Jahre sein. Ingenieur- und naturwissenschaftliche Fakultäten an den Universitäten erlebten seitdem einen bis zu 50prozentigen Rückgang an Studienanfängern. Softwareschmieden können nicht wie früher in Fremdrevieren, also bei Ingenieuren oder Physikern, wildern. Diese Absolventen suchen sich heutzutage ihre Jobs in aller Ruhe aus.

Es mehren sich zwar Offensiven aus Industrie und Politik zur Ausbildung von IT-Fachkräften, beispielsweise vom Bundesvervand Informations- und Kommunikationssysteme, doch bis diese Anstrengungen Früchte tragen, dürften noch einige Jahre vergehen. So lange müssen die Firmen eben improvisieren, das heißt, ihren Nachwuchs selber aufzuziehen. Hauseigene Schulungen sind nun gefragt. Sicherlich, das kostet viel Geld und Zeit, die neuen Leute sind erstmal unproduktiv. Doch bereits nach einigen Monaten zahlt es sich aus: Während der Wettbewerber immer noch fleißig Stellenanzeigen schaltet, schnappt ihm der mutigere Unternehmer einen Auftrag weg. Nur trauen muß er sich, auch Quereinsteiger zu engagieren. Mit entsprechender Menschenführung kann er unter Umständen loyalere und motiviertere Mitarbeiter gewinnen als die größtenteils verwöhnten und anspruchsvollen IT-Spezialisten. Denn diese sind nur mit exorbitant hohen Gehältern und sonstigen Vergünstigungen zu locken. Durch Headhunter verhätschelt neigen sie teilweise zu Selbstüberschätzung.

In dem ganzen Dilemma liegt die Bringschuld sicherlich auch beim Staat. Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland etwa nur einen Mittelplatz ein, was die PC-Dichte an Schulen betrifft. Einen Rechner müssen sich hierzulande gleich 40 Schüler teilen, nur Ungarn, Griechenland und Portugal schneiden noch schlechter ab. Um die Ausstattung der hiesigen Universitäten ist es auch nicht deutlich besser bestellt. So nimmt es nicht Wunder, daß privatwirtschaftlich finanzierte Hochschulen wie Pilze aus dem Boden schießen. Doch dort wird nur die Elite ausgebildet, eine Großzahl der Kopfarbeiter muß weiterhin mit der verknöcherten Staatsuni vorliebnehmen.

Ronald Wiltscheck

rwiltscheck@computerpartner.de