Ab 30. Juni verschärftes Gesetz?

Steuerbefreiung bei Betriebsübertragungen

02.06.2016 von Renate Oettinger
Unternehmer aufgepasst: Im Bereich der Schenkungs- und Erbschaftsteuer sind große Änderungen geplant. Lexware rät Firmen, bei denen eine Betriebsübertragung ansteht, schnell zu handeln, denn das Bundesverfassungsgericht hat die sogenannten Verschonungsregeln von der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Betriebsübertragungen für verfassungswidrig erklärt.

Ab spätestens 30. Juni 2016 soll ein neues Gesetz mit deutlichen Verschärfungen in Kraft treten. Bis dahin gilt mit einigen Ausnahmen die alte Regelung.

Ende 2014 hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu den Verschonungsregeln der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Übertragung von Betrieben gefällt und diese für verfassungswidrig erklärt. Die gute Nachricht ist, dass Unternehmen die Verschonungsregeln seit diesem Urteil mit einigen Ausnahmen bis zu einer Neuregelung weiter anwenden können.

Die sogenannte Verschonungsregel im Steuerrecht steht in der Kritik.
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Die schlechte Nachricht ist, dass der Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2016 eine Reform auf den Weg bringen muss und die eindeutige Tendenz zu einer deutlichen Verschärfung zu erkennen ist. Diese betrifft nicht nur klassische Großunternehmen, sondern auch viele Familienunternehmen und Mittelständler. Lexware als Spezialist für kaufmännische Software- und Steuerexpertise rät zur Überprüfung bei betroffenen Unternehmen. Denn Schenkungen zu den vorteilhafteren Konditionen lassen sich nur noch in einem kleinen Zeitfenster durchführen.

Grundsätzlich gilt: Wird ein Betrieb gesamt oder teilweise auf einen neuen Eigentümer übertragen (egal ob im Rahmen einer Erbschaft oder einer Schenkung), ist das ein Fall für das Finanzamt. Denn die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen ist erbschafts- bzw. schenkungssteuerpflichtig. Weil es vorkommen kann, dass der Übernehmer des Betriebsvermögens nicht über ausreichend Kapital verfügt, um die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer ohne existenzielle Gefährdung des Unternehmens zahlen zu können, gibt es bei der Übertragung von Betriebsvermögen Verschonungsregelungen. Zurzeit gelten zwei Varianten:

Regelverschonung: Hier bleiben unter bestimmten Voraussetzungen 85 Prozent des geerbten oder geschenkten Betriebsvermögens in Bezug auf die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer steuerfrei.

Optionsverschonung: Wer über einen Zeitraum von sieben Jahren weitere Bedingungen einhält, kann sogar zu 100 Prozent von der Besteuerung der unentgeltlichen Übertragung befreit werden.

Die Karlsruher Verfassungsrichter haben grundlegend Verständnis dafür, dass es bei der Übertragung von Betrieben Verschonungsregeln bei der Ermittlung der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer gibt. Die derzeitigen Verschonungsregeln sind jedoch verfassungswidrig, weil auch Verwaltungsvermögen - dazu gehören Grundstücke oder Wertpapiere im Betrieb - verschont wird, obwohl private Immobilien und Wertpapiere voll erbschafts- bzw. schenkungssteuerpflichtig sind. Außerdem erhalten Übernehmer kleinerer Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern die Verschonungsregeln auch ohne die Auflage, Arbeitsplätze erhalten zu müssen - eine nicht verfassungskonforme Ungleichbehandlung im Vergleich zu Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern.

Voraussetzungen für die derzeitige Verschonungsregelung

Bei der Regelverschonung winkt die 85-Prozent-Freistellung des unentgeltlich übernommenen Betriebs von der Erbschafts- und Schenkungssteuer unter folgenden Voraussetzungen:

  1. In dem übertragenen Betrieb muss das Verwaltungsvermögen weniger als 50 Prozent betragen. Unter Verwaltungsvermögen versteht man Vermögen, das für die Weiterführung des Betriebs nicht unbedingt notwendig ist (vermietete Immobilien, Aktienvermöge).

  2. Der Betrieb muss mindestens über einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Erbschaft bzw. Schenkung fortgeführt werden.

  3. Ausgehend von der durchschnittlichen jährlichen Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor Übergabe muss die durchschnittliche jährliche Lohnsumme während der fünfjährigen Betriebsfortführung mindestens 80 Prozent betragen.

Tipp: Für Betriebe mit höchstens 20 Mitarbeitern gilt die Lohnsummenregelung im Moment noch nicht.

Bei der Optionsverschonung bleibt unter den folgenden Voraussetzungen bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs dieser sogar zu 100 Prozent von der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer verschont:

  1. Das Verwaltungsvermögen im unentgeltlich übernommenen Betrieb darf nicht mehr als zehn Prozent betragen.

  2. Der Betrieb muss sieben Jahre lang fortgeführt werden.

  3. Während der siebenjährigen Betriebsfortführung muss die gezahlte Lohnsumme mindestens 700 Prozent der in den letzten fünf Jahren vor der Übergabe durchschnittlich gezahlten jährlichen Lohnsumme betragen.

Fazit für betroffene Betriebe: Es gilt, möglichst zeitnah zu handeln!

Aufgrund der sich abzeichnenden Tendenz zur Verschärfung bei der Neuregelung ist bei Unternehmen, in denen bereits ein Nachfolger mit an Bord ist, dringender Handlungsbedarf gegeben. Denn der 30.6.2016 ist nur das Ende der Übergangsregelung. Ein Gesetzesentwurf liegt bereits vor, und die Steuerexperten von Lexware sehen die Möglichkeit eines früheren Beginns der gesetzlichen Neuregelungen. Deshalb sollten betroffene Unternehmen nicht abwarten, sondern umgehend Kontakt mit einem Steuerberater aufnehmen, der die Übernahme jetzt noch nach den alten Regeln planen kann. Denn wie auch immer die Neuregelung konkret aussehen wird, die Übertragung von Betrieben wird für Unternehmer steuerlich weniger günstig sein als bisher.

Gerade kleine Betriebe bis zu 20 Mitarbeitern haben mit der alten Regelung noch Vorteile, denn künftig sollen auch sie die Voraussetzung zur Lohnsummenregelungen erfüllen. Das zukünftige Prinzip: Nur wer in den ersten fünf oder sieben Jahren nach Betriebsübernahme Arbeitsplätze sichert, soll bei der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer verschont werden. Prüfung der Relevanz und zügiges Handeln in den nächsten Wochen ist also gefragt!

Quelle:

www.pr-vonharsdorf.de