Nicht alles glauben, was der Computer ausgerechnet hat

Steuerbescheide - so prüfen Sie richtig

12.12.2008
Jedes Jahr verschenken Steuerzahler zu viel gezahlte Steuern, weil sie keinen oder einen unvollständigen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich (Antragsveranlagung) stellen.

Steuergelder in Millionenhöhe gehen aber auch dadurch verloren, dass viele Steuerzahler die Steuerbescheide des Finanzamtes nicht kontrollieren und den Zahlen des Computers ungeprüft Glauben schenken, kritisiert der Bund der Steuerzahler Deutschland (www.steuerzahler.de).

Allgemeines

Bei der Überprüfung der Steuerbescheide geht es neben der Prüfung der formalen Anforderungen an den Bescheid (Name und Anschrift des Steuerzahlers usw.) vor allem darum, festzustellen,

- ob im Bescheid von den Angaben in der Steuererklärung abgewichen wurde,

- worauf diese Abweichungen beruhen,

- ob besondere Anträge berücksichtigt wurden und

- ob gegebenenfalls gegen den Bescheid Einspruch eingelegt werden soll.

Zur Erreichung dieser Ziele müssen die einzelnen Positionen des Steuerbescheids mit der Steuererklärung verglichen und die Erläuterungen und Berechnungen des Finanzamts kontrolliert werden.

Steuerzahler, die sich beraten lassen, müssen daran denken, den Steuerbescheid umgehend ihrem Steuerberater oder dem Lohnsteuerhilfeverein zur Prüfung vorzulegen. Schließlich sollte der Steuerzahler auch die Auskunftsbereitschaft der Finanzverwaltung nutzen und in Zweifelsfragen mit dem Sachbearbeiter sprechen, raten die Experten vom Bund der Steuerzahler.

Die Einkommensteuerbescheide enthalten in der Regel folgende Punkte:

- Finanzamt, Steuernummer und Datum,

- Name und Anschrift des Steuerzahlers (im allgemeinen Steuerschuldner),

- Festsetzung,

- Besteuerungsgrundlagen,

- Erläuterungen,

- Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung und

- Rechtsbehelfsbelehrung.

Die Ausgestaltung dieser Punkte ist in den Bundesländern nicht einheitlich. Besondere Bedeutung für die Prüfung des Bescheids haben die Positionen "Besteuerungsgrundlagen" und "Erläuterungen". Unter den "Erläuterungen" am Ende des Steuerbescheids soll das Finanzamt den Steuerzahler darauf aufmerksam machen, dass von den Angaben der Steuererklärung abgewichen wurde. Diese Position muss daher bei der gesamten Prüfung des Bescheids im Auge behalten werden. Hier werden auch Hinweise zur Vorläufigkeit von Steuerbescheiden gegeben.

Raster

Zur Prüfung des Einkommensteuerbescheides kann folgender Raster dienen:

- Stimmen Namen und Anschrift des Steuerpflichtigen?

- Wurden die Einnahmen und Abzugsbeträge (Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) richtig angesetzt?

- Wurden besondere Freibeträge (z. B. Behindertenfreibetrag) angesetzt?

- Stimmt die Zahl der zu berücksichtigenden Kinder bzw. Kinderfreibeträge?

- Wurde der richtige Steuertarif angewandt (Ehegatten: Splittingtabelle, Ledige: Grundtabelle)?

- Wurden bei der Berechnung der Erstattung/Nachzahlung die Vorauszahlungen/der Solidaritätszuschlag richtig angesetzt?

- Enthält der Steuerbescheid eine Zinsberechnung und ist diese richtig?

Vorläufigkeit

Außerdem ist eine Besonderheit zu beachten: Im Hinblick auf verfassungsrechtlich umstrittene Fragestellungen enthalten die Steuerbescheide sogenannte Vorläufigkeitsvermerke. Sie geben Punkte an, in denen die Vereinbarkeit von Steuergesetzen mit höherrangigem Recht (z. B. Verfassungsrecht) Gegenstand von Verfahren vor dem EuGH, BVerfG oder BFH sind. In den genannten Punkten wird der Steuerbescheid nicht bestandskräftig. Ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich. Die Vorläufigkeitsvermerke decken allerdings nur Verstöße gegen höherrangiges Recht ab.

Die aktuelle Liste des Bundesfinanzministeriums zur vorläufigen Steuerfestsetzung enthält folgende Punkte:

- Festsetzung des Solidaritätszuschlags hinsichtlich Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 2005

- Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG Veranlagungszeiträume vor 2005 bzw. § 10 Abs. 3,4,4a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005)

- Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG

- Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000

- Besteuerung der Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000

- Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003

- Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 geänderten Vorschriften

- Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandspauschale der Bundestagsabgeordneten

- Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004

Wichtig: Die amtliche Vorläufigkeitsliste wird ständig aktualisiert. Achten Sie auf die Tagespresse oder rufen Sie den Fax-Abruf des Bundes der Steuerzahler Seutschland ab (www.steuerzahler.de).

Eine besondere Bedeutung bei der Prüfung von Steuerbescheiden kommt den Erläuterungen am Ende des Steuerbescheids zu. Hier soll das Finanzamt den Steuerzahler darauf aufmerksam machen, dass von den Angaben der Steuererklärung abgewichen wurde. Es ist auch dargelegt, inwieweit Kinderfreibeträge und Kindergeld berücksichtigt wurden beziehungsweise ob Kindergeld oder Kinderfreibetrag günstiger ist. Außerdem werden hier auch Hinweise zur Vorläufigkeit von Steuerbescheiden gegeben.

Einspruch

Wurde im Steuerbescheid von den Angaben der Erklärung abgewichen und ist die Abweichung nach Ansicht des Steuerzahlers nicht berechtigt, so hat er die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe gegen den Steuerbescheid Einspruch einzulegen. Der Einspruch, der kostenfrei ist, ist schriftlich abzufassen und muss begründet werden. Bei offenbaren Unrichtigkeiten wie Schreib- oder Rechenfehlern kann das Finanzamt sogar noch bis zur Verjährung der Steuer - bei der Lohn- und Einkommensteuer vier Jahre - den Bescheid berichtigen.

Tipp

Anstelle des Einspruchs kann innerhalb der Monatsfrist auch eine sogenannte "schlichte Änderung" beantragt werden. In diesem Fall dürfen die Finanzämter nur den kritisierten Fehler beseitigen. Andere Änderungen sind nicht möglich. Es empfiehlt sich, eine schlichte Änderung schriftlich zu beantragen.

Quelle: Bund der Steuerzahler Deutschland - Steuertipps, www.steuerzahler.de