Finanzielle Engpässe

Steuerschulden? Notfalls weniger Lohn zahlen

29.06.2009
Gericht bestätigt Geschäftsführerhaftung wegen Lohnsteuern bei geduldetem Überziehungskredit.

In Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise geraten immer mehr Unternehmen in finanzielle Engpässe und können die Außenstände nicht fristgerecht begleichen. Kommen Geschäftsführer ihrer Verpflichtung nicht nach, droht Haftung. Ein besonders gefürchteter Gläubiger ist hier das Finanzamt.

Ein Albtraum für jeden Geschäftsführer: Das Finanzamt nimmt ihn in Haftung für nicht ordnungsgemäß abgeführte Lohnsteuer. In München ist er wieder einmal wahr geworden.

Notfalls weniger Lohn zahlen

Die Finanzrichter haben in einem neuen Urteil (FG München, Urteil v. 15.12.2008, 15-K-4118/07) für Geschäftsführer in dieser Konstellation weitreichende Verpflichtungen festgesetzt:

- Der Geschäftsführer hat notfalls die Arbeitslöhne zu kürzen, wenn sich bei Auszahlung der Arbeitslöhne bereits abzeichnet, dass die finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht auch für die Entrichtungssteuerschulden ausreichen.

- In diesen Fällen müssen die vorhandenen Mittel so eingesetzt werden, dass sie sowohl die Nettolöhne als auch die Abzugssteuern abdecken.

Geduldeter Überziehungskredit ist keine solide Fremdfinanzierungsgrundlage

Mit Gottvertrauen sollte der Geschäftsführer nicht agieren: Ein geduldeter Überziehungskredit ist hierbei nach Meinung des Finanzgerichts keine solide Fremdfinanzierungsgrundlage, sondern ist ein jederzeit und ohne ersichtlichen Grund beendbares Entgegenkommen des Kreditinstituts.

Wird die Gesellschaft nach Auszahlung der Nettolöhne, aber vor Abführung der Steuerabzugsbeträge zahlungsunfähig, weil die Bank den Überziehungsbetrag fällig stellt, ist für die Haftung allein die Höhe der infolge der tatsächlichen Lohnauszahlungen entstandenen Abzugsbeträge und nicht deren fiktive Höhe bei Vornahme der pflichtwidrig unterlassenen Kürzung der Nettolöhne maßgeblich.

Kein Lohn ohne Steuern!

Die Begleichung der steuerlichen Abzugsbeträge ist als rechtlich zwingende Folge der vorherigen Auszahlung der Nettolöhne mit der Sorgfalt eines Geschäftsmanns vereinbar und löst deshalb keine Pflichtenkollision aus.

Haftung für Steuerschulden und für Säumniszuschläge

Nach § 69 Satz 1 AO haften gesetzliche Vertreter juristischer Personen im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 AO für deren Steuerschulden, soweit diese infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der den gesetzlichen Vertretern auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Zu diesem Personenkreis zählen insbesondere GmbH-Geschäfsführer.

Maßgeblich ist hierbei allein die nominelle Bestellung zum Geschäftsführer ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsführung auch tatsächlich hat ausgeübt werden können oder sollen.

Den Geschäftsführer einer GmbH trifft nach § 34 Abs. 1 Satz 2 AO insbesondere die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Steuern der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet hat.

Dies gilt u.a. für die Pflicht zur Abführung der im jeweiligen Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltende Lohnsteuer, der Lohnkirchensteuer und der auf die Arbeitslöhne entfallenden Solidaritätszuschläge.

Die Haftung umfasst dabei nicht nur die bezeichneten Entrichtungssteuerschulden, sondern außerdem die für die Steuerschulden entstandenen Säumniszuschläge.

Unternehmen in der Krise treffen hohe Sorgfaltspflichten

GmbH-Geschäftsführer treffen insbesondere in der Krise des Unternehmens hohe Sorgfaltspflichten. Bezahlt er die Steuerschulden der GmbH aus deren Vermögen nicht oder nicht rechtzeitig, verletzt er dadurch seine Entrichtungspflicht. Er kann sich i.d.R. auch nicht auf das die Haftung begrenzende Gebot der anteiligen Tilgung von Steuerschulden berufen.

Es gilt zwar der Grundsatz, dass der gesetzliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft deren Steuerschulden bei nicht ausreichender Liquidität lediglich in dem quotalen Verhältnis zu bezahlen braucht, in der die Gesellschaft auch fällige Forderungen anderer Gesellschaftsgläubiger zu bedienen vermag. Ist die Kapitalgesellschaft bereits illiquid, entfällt deshalb im Regelfall die Steuerentrichtungspflicht.

Dieser Grundsatz ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung aber nicht ohne Weiteres auf die Pflicht zur Abführung von Lohnsteuer, Lohnkirchensteuer und Solidaritätszuschlägen anwendbar.

Zeichnet sich bei Auszahlung der Arbeitslöhne bereits ab, dass die finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht auch für die Entrichtungssteuerschulden ausreichen und muss der Geschäftsführer deshalb den Ausfall der steuerlichen Abzugsbeträge befürchten, hat der Geschäftsführer die Arbeitslöhne entsprechend zu kürzen, sodass die vorhandenen Mittel sowohl die Nettolöhne als auch die Abzugssteuern abdecken. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, haftet er persönlich für die nicht entrichteten Steuern der GmbH. Da dies für den Geschäftsführer mithin den finanziellen Ruin bedeuten kann, ist den gesetzlichen Vertretern dringend anzuraten, sich über ihre Pflichten zu informieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. (oe)

Quelle: www.haufe.de/recht