Chef muss nicht zahlen

Streit um rückständiges Arbeitsentgelt

26.08.2015 von Renate Oettinger
Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs setzt ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis ist für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht tatsächlich durchführbar.

Der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs setzt ein erfüllbares, dh. tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Bei rückwirkender Begründung des Arbeitsverhältnisses liegt ein solches für den vergangenen Zeitraum nicht vor. Darauf verweist der Kölner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore v. Bredow, Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.08.2015 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. 5 AZR 975/13.

Bei Streitigkeiten über die Zahlung von Arbeitsentgelt muss bisweilen ein Gericht entscheiden.
Foto: apops - Fotolia.com

Die Klägerin war bis zum 31. Dezember 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Januar 1987 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf eine neu gegründete Gesellschaft, die C. GmbH, über. Die Beklagte garantierte ihr ein Rückkehrrecht. Über das Vermögen der C. GmbH wurde am 1. Oktober 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet, worauf der Klägerin wegen Betriebsschließung zum 31. Januar 2010 gekündigt wurde. Die Klägerin machte ihr Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten gerichtlich geltend.

Die Beklagte lehnte den Abschluss eines Arbeitsvertrags unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Oktober 2005 (- 7 AZR 32/05 -) in einem nach ihrer Auffassung vergleichbaren Fall ab. Das Landesarbeitsgericht verurteilte die Beklagte rechtskräftig dazu, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab dem 1. Februar 2010 anzunehmen.

Arbeitgeber schuldet keine Vergütung

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage rückständiges Arbeitsentgelt für die Zeit ab 1. Februar 2010. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs besteht nicht. Dieser setzt ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis ist für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht tatsächlich durchführbar. Die Beklagte schuldet die Vergütung auch nicht nach § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB, weil sie die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung für die Vergangenheit nicht zu verantworten hat. Die Beklagte befand sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum.

Von Bredow empfiehlt, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. - www.vdaa.de - verweist.

Kontakt und Infos: Frhr. Fenimore v. Bredow isr Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VDAA-Vizepräsident, c/o Domernicht v. Bredow Wölke, Bismarckstraße 34, 50672 Köln, Tel.: 0221 283040, E-Mail: v.bredow@dvbw-legal.de, Internet: www.dvbw-legal.de

Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 18
Raubkopien mit Dienst-Drucker hergestellt – Rauswurf
Die Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung privater Raubkopien kann zu einer fristlosen Entlassung durch den Arbeitgeber führen.
Gekaufte Bewertungen und unlautere Werbung
Wie ist es rechtlich zu werten, wenn in Bewertungsportalen oder auf Plattformen wie Youtube oder Facebook mit Empfehlungen geworben wird, die tatsächlich gar nicht oder aber nur gegen Vergünstigung abgegeben wurden?
Altersdiskriminierende Kündigung
Kann ein Arbeitgeber keinen ausreichenden Beweis dafür anbieten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ einer Mitarbeiterin zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt, ist eine Entlassung unwirksam.
Urlaubskürzung und Elternzeit
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Das hat Auswirkungen auf die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers.
Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen
Die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen, die grundsätzlich dem Vermieter obliegt, wird in der Regel durch Renovierungsklauseln auf den Mieter abgewälzt. Hierzu sind drei wichtige Urteile ergangen.
Hälftige Haftungsverteilung bei Auffahrunfall
im Einzelfall kann auch ein Betrunkener Anspruch auf Schadenersatz haben, sofern die Alkoholisierung keinen Einfluss auf den Ursachenhergang eines Verkehrsunfalls hatte.
Handelsvertreter oder angestellter Außendienstler?
Erst durch die laufende Informationspflicht wird ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation eines Unternehmens eingebunden. Geht er dabei zu weit, kann das unliebsame Folgen für beide Seiten haben.
Ist eine nachträgliche Befristung wirksam?
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 4.3.2015 (2 Sa 31/14) über eine nachträgliche Befristung eines zuvor unbefristeten Arbeitsverhältnisses entschieden.
Handwerkern Zutritt verweigert
Der Bundesgerichtshof hat zur fristlosen Kündigung des Vermieters wegen verweigerter Instandsetzungsarbeiten entschieden.
Berechnung des Teilurlaubs – weniger Anspruch als gedacht
Ein Zwölftel des Jahresurlaubs wird nur für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erworben. Dies kann zu deutlich geringeren Urlaubsansprüchen führen als angenommen.
Arbeitsvertrag – falsche Tatsachen vorgetäuscht
Wer durch arglistige Täuschung oder eine widerrechtliche Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung gebracht worden ist, kann diese Erklärung anfechten. Stefan Engelhardt nennt ein Beispiel.
Wer arbeitet, hat Anspruch auf Bezahlung
Werden über den Rahmen des Praktikums hinaus Leistungen erbracht, die von der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Art und Weise erheblich abweichen und die nur gegen Zahlung der üblichen Vergütung zu erwarten sind, muss hierfür die übliche angemessene Vergütung gezahlt werden
Kein Rückzahlungsanspruch bei Schwarzarbeit
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das Entgelt für Schwarzarbeit muss auch dann nicht zurückgezahlt werden, wenn die erbrachte Leistung mangelhaft ist.
2 x Arbeitgeber = 2 x Urlaub?
Gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist.