Verpackungskosten

Streit wegen zehn Euro – Händler ist der Dumme

20.08.2010
Wer einen Verbraucher bei einer Rücksendung bittet, die Ware zu verpacken, muss die Kosten dafür selber tragen. Die Analyse eines Urteils.
Vorsicht beim Formulieren: Eine Bitte in einer E-Mail kann auch als Auftrag verstanden werden – auch wenn es nur um das Verpacken geht.
Foto: Ronald Wiltscheck

Dass sowohl die Gesetzgebung wie auch die Rechtsprechung bei Verkäufen im Internet mehr als verbraucherfreundlich ist, dürfte jeder Internethändler am eigenen Leib erfahren haben. Nicht nur die sehr weitreichenden Widerrufs- oder Rückgaberechte des Kunden (klick), Probleme beim Wertersatz, wenn die Ware dann benutzt wurde (klick), oder der Umstand, dass der gewerbliche Internetverkäufer verpflichtet ist, sogar unfreie Rücksendungen anzunehmen (klick), sprechen hier eine klare Sprache.

Der bunte Strauß der Folterinstrumente für Internethändler ist jetzt um eine Facette reicher: Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 18.03.2010, Az.: 57 S 111/09 entschieden, dass der Internethändler die Verpackungskosten zu tragen hat, wenn er im Falle der Rücksendung den Verbraucher um eine Verpackung bittet.

Was auf ersten Blick widersinnig klingt, ist letztlich das Ergebnis einer gründlichen rechtlichen Prüfung und im weitesten Sinne von juristischen Taschenspieler-Tricks.

Der Hintergrund

Ein Verbraucher hatte einen Wäschetrockner bestellt. Die Schutzfolie war nach dem Auspacken nicht mehr verwendbar. Später widerrief sie den Vertrag. Da es sich bei dem Wäschetrockner um eine Ware handelt, die nicht paketversandfähig ist, war der Händler verpflichtet, den Wäschetrockner bei dem Kunden abzuholen. In diesem Zusammenhang bat der Händler die Kundin per Email darum, den Wäschetrockner "... vor der Abholung zu verpacken, eventuell mit einer Folie etc, dass das Gerät halbwegs verpackt ist."

Diese Aufforderung kam die Kundin auch nach.
So weit, so gut, könnte man meinen. Die Kundin verlangte jedoch für die Verpackung einen Aufwendungsersatz in Höhe von 8,95 Euro sowie 1,40 Euro Porto und Schreibkosten, alles natürlich zzgl. Zinsen.

Hartnäckiger Käufer – wegen zehn Euro durch zwei Instanzen

In der Regel fragt man sich, warum ein Betrag von ca. 10,00 Euro bei Gericht eingeklagt wird. Die Anwalts- und Gerichtskosten eines derartigen Verfahrens betragen ein Vielfaches dieses Betrages und blockieren des Weiteren die Gerichte. Unabhängig davon gibt es (leider) keine gesetzlichen Regelungen, die auch die gerichtliche Geltendmachung von Kleinstbeträgen unterbinden.

Wir können nur vermuten, dass – wie in so vielen anderen Fällen auch – der Umstand, dass der Käufer rechtsschutzversichert war, hier entscheidend dafür war, den Gerichtsweg zu beschreiten. Dass die Angelegenheit in der ersten Instanz nicht geklärt werden konnte sondern sogar in die zweite Instanz ging, kann man nur als Prinzipientreue des Käufers werten.

Vorsicht, wenn Sie um etwas bitten!

Im Rahmen eines sozialadäquaten Verhaltens würde jeder Internethändler die Bitte, ein Produkt vor Abholung zu verpacken, als schlichtweg praxisnahe Information für die Abwicklung verstehen, ohne dass sich hieraus weitere Rechtsfolgen ergeben.

Weit gefehlt! Die E-Mail des Verkäufers, die Ware bitte zu verpacken, wurde als Auftrag im Sinne des § 662 BGB angesehen. Dass dieser – rechtlich gesehen – Auftrag als Bitte formuliert war, sah das Landgericht als unerheblich an. Eine Verpflichtung des Käufers, den Händler darauf hinzuweisen, dass dieser anschließend die Kosten für die Verpackung zu tragen habe, war ebenfalls nicht erforderlich.

Folge eines Auftrages ist, dass gemäß § 670 BGB ein Aufwendungsersatz verlangt werden kann, somit der Betrag von 8,95 Euro für die Verpackungsaufwendung und 1,40 Euro für Porto und Schreibkosten.

Was tun?

Wir können das Kopfschütteln unserer Leser quasi bildlich vor uns sehen. Rechtlich zu beanstanden ist das Urteil jedoch wohl nicht. Gerade bei einer Abholung von nicht paketversandfähiger Ware besteht für den Händler immer das Problem, dass er nicht nur – wie üblich – das Versandrisiko trägt. Dies hat zur Folge, dass er für einen Verlust oder die Beschädigung der Ware während des Transportes haftet. Oftmals ist es auch so, dass ein einmal ausgepacktes Gerät nicht wieder versandsicher verpackt werden kann.

Letztlich ist daher eine ordnungsgemäße Verpackung, selbst wenn der Händler hierfür einen Aufwendungsersatz zu zahlen hat, nicht nur rechtlich sondern auch tatsächlich in seinem Interesse. Ein Betrag von etwa 10,00 Euro für eine halbwegs ordnungsgemäße Verpackung dürfte immer noch preiswerter sein als bspw. ein beschädigtes oder zerkratztes Gerät, das auf dem Transport schlecht behandelt wurde.

Wer künftig seinen Kunden um etwas bittet, sollte durchaus im Hinterkopf behalten, dass dies mit Kosten verbunden sein kann. (oe)

Der Autor Johannes Richard arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er hat sich auf die Bereiche Internet- und Online-Recht sowie Wettbewerbsrecht spezialisiert und ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.
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