Konsequenzen für den Channel

Sun`s Entlassungen sind für den indirekten Kanal eine Chance

02.04.2009
Mit 1.500 gestrichenen Stellen versucht Sun seine negative Bilanz in den Griff zu bekommen. Die mögliche paradoxe Konsequenz für den indirekten Kanal: Mehr Geschäfte.

Mit 1.500 gestrichenen Stellen versucht Sun seine negative Bilanz in den Griff zu bekommen. Die mögliche paradoxe Konsequenz für den indirekten Kanal: Mehr Geschäfte.

Rund 1.500 Mitarbeiter des Server-, Storage- und Java-Anbieters erhalten diese Woche blaue Briefe. Die Entlassungen folgen dem Restrukturierungsplan, den Sun im November vergangenen Jahres beschlossen hat, erklärte das Unternehmen.

Betroffen sind sowohl Marketing- und Verwaltungsmitarbeiter als auch kundennahe Mitarbeiter wie zum Beispiel Pre-Sales- und Direktverkäufer, Kundenbetreuer und Service-Leute. Insgesamt sei rund ein Viertel der Entlassenen mit direkten Kundenaufgaben beschäftigt gewesen, erklärte der amerikanische Analyst Wedge Partners in einer sogenannten Research-Note. Und er zieht den paradox anmutenden Schluss: Die Entlassungen können Sun`s indirektem Kanal zugute kommen. Denn das Unternehmen sei mehr denn je auf dessen Vertriebs- und Projekt-Aktivitäten angewiesen, um Geschäfte zu machen.

Sun selbst bestritt in einer Erklärung die Angaben des Analysten; es habe im Verkauf und Vertrieb "deutlich weniger" Angestellten gekündigt, sagte das Unternehmen. Genaue Zahlen wollte es aber nicht nennen. Allerdings bestätigte ein anderer amerikanische Analyst, die Stellenstreichungen beträfen viele Mitarbeiter aus dem Vertrieb.

Unabhängig davon berichten in den USA einige Systemhauspartner des Serveranbieters, sie hätten allerhand Bewerbungen von Sun-Mitarbeitern erhalten haben. "Die Hälfte der Anrufer", sagte ein Lösungsanbieter, "waren Mitarbeiter aus dem Vertrieb. Die können wir gut brauchen."

Sun hatte vor fünf Monaten bekannt gegeben, es werde bis zu 6.000 Mitarbeiter entlassen. Damit sollen jährliche Einsparungen bis zu 800 Millionen Dollar erreicht werden.

Bis Januar dieses Jahres war 1.300 Mitarbeiter gekündigt worden.

Im Sommer 2008 hatte ein Manager Suns, Tom Wagner, verantwortlich für die Partner-Organisation in Nordamerika, gegenüber dem IDG-Nachrichtendienst "IDGNews" erklärt, der Server-Anbieter werde mit Ausnahme von 300 Kunden alle Geschäfte über den indirekten Kanal betreiben. Auf diese Weise sollten alle Konflikte mit den Partnern vermieden werden. In Nordamerika macht Sun rund zwei Drittel seiner Geschäfte indirekt. Zum Vergleich: Sun Deutschland erwirtschaftet rund 80 Prozent seiner Umsätze indirekt.

Sun Deutschland und die Partner

Sun-Geschäftsführer Thomas Schröder: "Wir investieren in unsere Partner."

Wer jetzt aber glaubt, der indirekte Kanal müsse von den Entlassungen zwangsläufig profitieren, irrt. Denn Sun hat, anders als HP oder IBM, wenige exklusive Partner. Folglich werden die meisten Partner, wie bisher schon, das verkaufen, was ihre Kunden verlangen.

"Der Unterschied ist: Sun-Mitarbeiter würden alles versuchen, Sun-Produkte zu verkaufen", fasste ein amerikanischer Analyst seine Überlegungen zur neuen Situation zusammen. Zwar sei der Firmenansatz richtig, mehr Geschäft über den indirekten Kanal zu erzielen, doch seien sowohl der gewählte Zeitpunkt denkbar ungünstig als auch die Gerüchte um eine mögliche Übernahme durch IBM.

Für Deutschland gilt, dass Sun Ende letzten Jahres begonnen hatte, in die Ausbildung seiner Partner, insbesondere bei Software und Storage, zu investieren. Des Weiteren sei das Unternehmen dabei, Communities und Netze auszuweiten und Universitäten anzusprechen. Das sagte Sun-Geschäftsführer Thomas Schröder vor drei Monaten im Gespräch mit ChannelPartner.

Tatsächlich ist das Software-Angebot von Sun groß - neben Java und die Datenbank MySQL die Entwicklerplattformen Netbeans, lizensiert als Open Source-Tool, sowie die Applikations-Plattform Glasfish, dazu das Server-Betriebssystem OpenSolaris und nicht zuletzt die Virtualisierungs-Tools "xVM VirtualBox" für Desktops und den Hypervisor "xVM Server".für Server und Datencenter. Schröder nannte sie "Diamanten, die noch geschliffen werden müssen."

Doch ob sie schon so in "großen und mittelständischen Unternehmen angekommen" (Schröder) sind, wie sie es müssten, um Sun-Partnern zu neuen Geschäften und bleibender Loyalität zu verhelfen, ist derzeit - zumal angesichts der Übernahmegerüchte - offener denn je. (wl)