Telekom reagiert auf öffentliche Kritik

T-Systems konkretisiert Clean-Pipe-Pläne

15.11.2013 von Jürgen Hill
Nachdem die Telekom in den Medien für ihre Vorstellungen eines "sicheren deutschen Internets" heftig kritisiert wurde, hat nun zumindest T-Systems seine Clean-Pipe-Pläne für Unternehmenskunden konkretisiert.
Ein Bestandteil der Clean Pipe von T-Systems sind BSI-zertfizierte Router von Lancom.
Foto: Lancom

von Jürgen Hill
Die Diskussionen um die globale Schnüffelei der NSA bereicherte die Telekom mit der Vision eines "sicheren deutschen Internets". Ein besonderer PR-Coup schien dem Konzern dabei mit der Ankündigung einer "Clean Pipe" gelungen zu sein. In den Medien, so auch bei uns, wurde die Telekom für ihre Pläne allerdings scharf kritisiert.
Zumindest T-Systems reagierte mittlerweile auf die Medienschelte und konkretisierte gegenüber der CP-Schwesterpublikation Computerwoche die Clean-Pipe-Pläne. Dabei hat die Clean Pipe laut T-Systems nichts mit den allgemeinen Diskussionen über ein sicheres deutsches Internet zu tun. Vielmehr handele es sich bei Clean Pipe um ein Angebot für mittelständische Unternehmen, dessen Start offiziell zur CeBIT 2014 geplant ist. In Form eines Bundles sollen die Unternehmen so einen sicheren Weg in die Cloud und das Internet erhalten.

PRISM und die Cloud
Wir haben deutsche Service Provider gefragt, inwiefern sie damit rechnen, dass Unternehmen in Deutschland der Nutzung von Cloud-Diensten künftig noch zurückhaltender begegnen.
Dr. Clemens Plieth, Geschäftsführer und Director Service-Delivery bei Pironet NDH:
„Die aktuellen Enthüllungen könnten sicherlich einen Vertrauensverlust der Anwender nach sich ziehen. Dennoch denken wir, dass die Anwender differenzieren: Werden die Daten über gesicherte Anbindungen eines auf B2B-Kunden spezialisierten Providers übertragen, ist dies bei Weitem sicherer als beispielsweise eine Datenübermittlung über das öffentliche Netz an andere Firmenstandorte oder Kunden.“
Thomas Wittbecker, geschäftsführender Gesellschafter der ADACOR Hosting GmbH:
„Wenn ein amerikanisches Unternehmen verpflichtet ist, Daten an die NSA zu liefern, ist es unerheblich, ob eine klassische oder Cloud-Infrastruktur genutzt wird. Da anscheinend der gesamte Internet-Traffic an den Knotenpunkten mitgeschnitten wird, ist es sogar egal, ob man die Infrastruktur selber im eigenen Rechenzentrum betreibt oder sie ausgelagert hat. Unverschlüsselte Kommunikation wird abgefangen. “
Petra-Maria Grohs, Vice President Sales & Marketing bei ProfitBricks GmbH:
„Wir erwarten, dass Unternehmen aus Deutschland künftig noch genauer darauf schauen, ob Cloud Provider mit Ihren Angeboten nachweisbar die deutschen Datenschutzgesetze einhalten. Das ist immer garantiert der Fall, wenn das physikalische Hosting in einem deutschen, zertifizierten Rechenzentrum stattfindet und der Betreiber eine deutsche Firma ist. Initiativen wie Internet made in Germany oder Cloud Services made in Germany weisen in die richtige Richtung.“
Murat Ekinci, Executive Vice President Operations, Freudenberg IT:
„Mit Sicherheit werden Unternehmen in der nächsten Zeit gezielter danach fragen, wie sie ihre Daten vor unbefugten Zugriffen auch durch Behörden oder Geheimdienste abschotten können. Somit ist bei Cloud Computing-Projekten noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, gerade bei mittelständischen Fertigungsbetrieben, die um den Schutz ihrer Daten besorgt sind.“
Joachim Opper, Leiter Cloud-Services, Concat AG:
„Kunden und Interessenten hören so aufmerksam zu, wie noch nie, weil der Bedarf an sicheren Cloud-Lösungen da ist. Mit seinem starken Datenschutzgesetz hat Deutschland jetzt die Chance, für sichere Cloud-Lösungen eine Rolle einzunehmen, wie die Schweiz sie einst für Banken hatte.“
Donald Badoux, Managing Director Savvis Germany:
„Erfahrene IT-Manager in den Unternehmen haben schon immer die richtigen Fragen gestellt. Sie haben die jetzige Diskussion nicht gebraucht, um für Compliance- und Security-Themen sensibilisiert zu werden.“

Ein Bestandteil des Bundles sollen die BSI-zertifizierten Router des deutschen Herstellers Lancom sein, die am Unternehmensstandort deds Kunden aufgestellt werden. Über den CompanyConnect-Dienst (ein Standleitungsangebot) des Carriers sollen die Unternehmen dann an das IP-Backbone der Telekom angebunden werden. Über diese Infrastruktur werde dann ein VPN-Tunnel zum Cloud-Portal der T-Systems aufgebaut.
In diesem Portal könne der Anwender dann Sicherheits-Services per Mausklick buchen, so dass er kein eigenes Equipment oder Security-Know-how vor Ort im eigenen Unternehmen benötige. Eine der Optionen sei dabei etwa, dass T-Systems eingehenden Internet-Verkehr auf Schädlinge etc. prüfe. Bei T-Systems vergleicht man dieses Vorgehen mit einem Wasserfilter, der etwa im Haus installiert wird, um reines Wasser zum Kaffee kochen etc zu erhalten.

Nach derzeitigen Plänen soll Clean Pipe wohl zu einem festen Komplettpreis vermarktet werden, egal welche Security-Services der Kunde im Portal bucht beziehungsweise aktiviert. Laut T-Systems wurde das Produkt bereits von TÜV Rheinland zertifiziert. (rb)