Tech Data Zentraleuropa-Chef im Gespräch

21.12.2006
Tech Data hat sich laut Zentraleuropa-Chef Thomas Huber wieder stabilisiert. Mit ChannelPartner sprach er außerdem darüber, was dem Wettbewerb passieren kann, wenn er Tech Data angreift.

Das Jahr 2006 ist so gut wie zu Ende. Wie war das Jahr für Tech Data?

Huber: Unter dem Strich waren wir in Zenttraleuropa sehr erfolgreich und haben unsere Vorgaben in überwiegendem Maße erreicht. Einige Dinge haben wir aber auch nicht ganz erreicht.

Können Sie diese Aussage etwas präzisieren?

Huber: Polen und Tschechien waren überaus erfolgreich und machen Lust auf mehr. In Österreich sind wir sowohl mit dem Zuwachs des Marktanteils als auch damit, wohin sich der Markt entwickelt, sehr zufrieden. Die Entwicklung in der Schweiz war, wie man im amerkanischen Sprachgebrauch sagt: ok. Hieraus hören Sie bereits, dass wir das eine oder andere hätten besser machen können. Und in Deutschland sind wir mit beiden Vertriebsschienen sowie mit der Logistikumstellung sehr zufrieden.

In den vergangenen drei Monaten mussten Tech Data und einige andere Distributoren aufgrund der Logistikprobleme bei Ingram Micro einiges auffangen. Konnten Sie dieses Mehraufkommen bewerkstelligen?

Huber: Ich verstehe das Wort 'müssen' nicht. Wir haben es natürlich gerne gemacht.

Trotzdem ist dieser Mehraufwand on top zum Jahresendgeschäft relativ überraschend gekommen.

Huber: Das stimmt. In der Massivität waren wir nicht darauf vorbereitet. Wir hatten saisonal bedingt bereits Vorkehrungen getroffen und zusätzlichen Frachtraum angemietet. Natürlich gibt es auch Tage, an denen wir noch das eine oder andere Stündchen anhängen müssen, um innerhalb der zugesagten Frist ausliefern zu können.

Das Tech Data-Highlight in diesem Jahr war wohl der Logistikumzug nach Bor.

Huber: Ja, aber ich würde auch noch gerne ein zweites Highlight nennen. Wir sind im Know-How rund um die Vertriebsmannschaft von Klaus Schlichtherle ein gutes Stück weitergekommen.

Was meinen Sie damit?


Huber: Wir verstehen viel besser, als noch vor einigen Jahren, was die Kunden und auch die Hersteller von uns wollen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Nicht immer können wir das, was man von uns erwartet schon erfüllen, aber wir wissen zumindest, in welche Richtung wir marschieren müssen. Hier hat Klaus Schlichtherle mit seinem Team ein gutes Stück Arbeit geleistet.

Kunden und Hersteller verstehen


Welche Ziele haben Sie sich für 2007 gesetzt?

Huber: Stabilisation und Wachstum. Wir bauen eine stabile, langfristig orientierte Organisation auf, die den Markt so genau kennt. Unser Ziel ist es, ganz nah an Kunden und Herstellern zu sein und dann zu versuchen, die Brücke zwischen Kundenwünschen und Herstelleranforderungen bestmöglich zu schlagen. Prinzipiell wollen wir profitableres Wachstum über dem Markt generieren - nicht unbedingt zweistellig. Dieses Wachstum werden wir vor allem im Mittelstand erreichen.

Heißt das, dass Tech Data jetzt vielleicht bereits vorhandene CRM-Tools mehr nutzt, als bisher?

Huber:Ja, aber wir haben jetzt auch die Zeit und die richtigen Mitarbeiter dafür. Wir sind nun in einem Stadium, mit den Tools, die vielleicht schon seit Jahren existieren, richtig umzugehen.

Gehört zu profitablem Wachstum in der Broadline-Distribtion auch eine Bereinigung des Produktsortiments und dadurch Schwerpunkte zu besetzen?

Huber: Es ist wichtig, dass wir lernen zu verstehen, dass ein Produktsortiment nicht statis ist. Diese lernende Organisation müssen wir zusammen mit Herstellern und Kunden entwickeln.

Wie stellen Sie sich diese lernende Organisation vor?

Huber: Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, dass Tech Data in den vergangenen Jahren mit den vielen Veränderungen nicht die Zeit hatte, diese lernende Organisation zu entwickeln. Wir hatten Programme bereits aufgesetzt, die aber durch den Lagerumzug zwei bis drei Monate überdeckt waren. Jetzt sehen wir das erste Mal positives und greifbares Feedback aus dem Markt. Diesen Weg werden wir fortsetzen.

Tech Data hat sich in der Vergangenheit lange mit sich selbst beschäftigt. Aus Ihren Aussagen hört man heraus, dass sich das wohl geändert hat.

Huber: Ja, wir waren zu stark nach innen orientert. Erst jetzt können wir die Mitarbeiter entsprechend entwickeln. Damit haben wir etwa Mitte dieses Jahres begonnen, unter anderem durch massive Schulungen. Zusätzlich haben wir länderübergreifendes Know-How Management eingeführt, in dem sich die Länder gegenseitig bei gewissen Fragestellungen unterstützen. Ich denke, dadurch können wir uns in der Zukunft von anderen unterscheiden.

Unsere diesjährige Händlerbefgragung Channel Champions ergab, dass Tech Data in fast allen Kriterien bei der Broadline Distribution auf Platz 3 liegt. Tech Data oder auch damals Computer2000 war um die Jahrtausendwende auch schon mal auf Platz 1. Mit Platz 3 werden Sie nicht zufrieden sein?

Huber: Richtig, das ist nicht der Platz, auf dem wir uns ausruhen werden. Solche Analysen sind schmerzhaft aber sie halten uns den Spiegel vor. Nur die Tatsachen, dass wir jetzt stabil sind, der Geschäftsführer und das mittlereManagement über zwei Jahre dabei sind, reicht nicht, um auf Platz zwei oder wieder auf Platz 1 zurück zu kommen.. Wir haben hier noch ein Stück Weg vor uns. Wir müssen auch all die Wunden, die wir den Kunden und Herstellern über die Jahre zugefügt haben, heilen. Heilen heißt in dem Zusammenhang über einen längeren Zeitraum Stabilität zu zeigen.

Tech Data schlägt zurück

Im Segment VAD haben Wettbewerber wie Also und Ingram Iniativen gestartet. Was setzen Sie dem entgegen.

Huber: Für uns war 2006 in diesem Segment wieder eines in einer Reihe von überaus erfolgreichen Jahren. Wir sind hier überaus zufrieden und werden keinen Millimeter dieses Geschäftes abgeben.

Dann erklären Sie uns Ihre Verteidigungsstrategie.

Huber: Was kann man Ihrer Meinung nach dagegensetzen?

Wir sind kein Distributor.

Huber: Also gut, wir können zufriedenstellendere Nähe zu Kunden und Händlern dagegensetzen. Wir werden uns auch durch unmotivierte Preisattaken nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wachstum in diesem Bereich funktioniert nur über Verdrängungswettbewerb. Wenn jemand denkt, dass er mit dem Ziel, nachher besser dazustehen als vorher, in diesem Bereich wachsen will, biete ich ganz offiziell an, einen Scheck auszustellen. Er kann sein Unternehmen verkaufen, steht nachher auch besser da als vorher, und wir alle ersparen uns diesen mühsamen Prozess der nächsten Quartale.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, ausländische Hersteller nach Deutschland zu holen, um im VAD-Segment zu wachsen.

Huber: Das ist eine Möglichkeit, die ich nicht ausschließe. Tatsache ist aber, dass immer der Marktverteidiger verliert und wir sind mit Midrange Marktführer. Aber wir haben ein noch größeres Broadline-Geschäft. Und jeden, der versucht, uns in der TD Midrange anzugreifen, werden wir woanders anzugreifen. Und dort tut es ihm noch mehr wehtun. Wir alle sollten aber die Mitarbeiter nicht vergessen, die in diesem Spiel hin- und hergeschoben werden.

Der neue Tech Data CEO Dutkovsky hat heute Vormittag die deutsche Niederlassung besucht. Welche Botschaft hat er mitgebracht?


Huber: Er sieht, dass wir uns in der Endstufe eines schmerzhaften Prozesses befinden, der in die richtige Richtung geht. Und dass wir stolz und zuversichtlich sein sollen, was unsere Zukunft angeht. Dutkovsky ist in seiner Ausdrucksweise exstrem amerikanisch. Andererseits auch extrem unamerikanisch, da er auch stark im Detail verhaftet ist. Obwohl er erst seit zwei Monaten CEO von Tech Data ist, hat man in seinem heutigen Besuch bereits seine persönliche Handschrift gesehen.

Welche Handschrift hat ein Manager, der bisher noch nie in der Distribution tätig war?

Huber: Die Frage ist, ob jemand in seiner Position 20 Jahre Distributionserfahrung haben muss. Für mich persönlich habe ich mitgenommen, dass er internationale Erfahrung hat und die überwiegende Zeit außerhalb von Amerika verbracht hat. Er ist sich des Wertes der Mitareiter absolut bewusst. Er hat aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass unser A und O trotzdem die tägliche Umsetzung höchster Qualität unserer Dienstleistung ist. Er persönlich sieht eine sehr große Zukunft für die Distribution. Mit wenigen Ausnahmen werden unsere Industrie und das Zusammenspiel zwischen Herstellern und Distributoren in den USA geprägt und Dutkovsky glaubt, dass alle Hersteller mehr oder weniger rasch noch mehr auf die Distribution zukommen werden.

CE ist strategisches Thema

Ein Marktsegment das anfangs von vielen Herstellern und Distributoren als neue Wachstumschance gesehen wurde, ist Consumer Electronics. Tech Data hatte eine spezielle Abteilung gegründet, die anschließend in die Peripherie eingegliedert wurde. Wie wichtig ist Ihnen dieses Thema?

Huber: Consumer Electronics ist eines meiner Schwerpunktthemen. Wir arbeiten in diesem Bereich in allen Ländern in meiner Region mit einem großen CE-Hersteller zusammen.

In diesem Marktsegment gibt es zwei völlig unterschiedliche Kundengruppen. Und meiner Meinung nach ist der Verschmelzungsprozess von den alt eingesessenen Consumer Electronics-Herstellern her getrieben. Denn deren Kunden haben eine ganz andere Beziehung zu den Produkten.

Beziehung?

Huber: Ein einfaches Beispiel: Meine Beziehung zu einem Computer ist eine technisch, fachlich, digitale. Meine Beziehung zum Fernseher ist eine Liebesbeziehung, eine emotionale Beziehung. Hier sehen wir aus der Sicht des Endkunden eine Veränderung in Richtung der Emotion. Deswegen wird die Konvergenz es erst funktionieren, wenn diese Hersteller auch digitale Produkte anbieten können.

Die CE-Hersetller haben jedoch bereits langjährig eingefahrene Vertriebskanäle außerhalb der IT-Distribution.

Huber: Aber durch die Entwicklung, dass CE-Produkte über die IT-Distribution vertrieben werden, haben kleinere, nicht an Einkaufsorganisationen angeschlossene Rundfunk- und Fernsehhändler das erste Mal eine Chance, für sie neue Produkte anzubieten und ihr Geschäft zu stabilisieren.

Sony-Deutschland- Chef Manfred Gerdes ist dagegen gar nicht von der IT-Distribution begeistert. Sie brächte seine Kalkulation durcheinander, wenn Produkte dort günstiger angeboten würden, als er mit den Einkaufskooperationen aufgrund von Abnahmeverpflichtungen vereinbart hätte.

Huber: Pauschal ist es falsch zu sagen, dass die IT-Distribution die Preise verreißt. Ich möchte aber auch nicht ausschließen, dass das passiert ist. Es kann vorkommen, wenn Produkte für die Distribution nicht verkäuflich sind oder falsch bestellt wurden. Bevor sie ganz abgewertet sind, werden sie zu einem niedrigeren Preis verkauft. Hier müssen beide Seiten Regeln definieren, an die sich dann auch alle halten müssen. (bw)