Technik & Know-how: Wireless USB im Detail

02.01.2008 von Bernhard Haluschak
"Wireless USB" soll die herkömmliche USB-Schnittstelle ersetzen. Die neue Funktechnologie liegt irgendwo zwischen Bluetooth und WLAN.

Für die Entwicklung des Standards Wireless USB (WUSB) ist das USB Implementers Forum (USB IF) verantwortlich. Erst im Oktober 2007 stellte das USB IF mit dem Update der Wireless-USB-1.0-Spezifikationen die nächste Entwicklungsstufe der künftigen Wireless-Technologie für Multimedia-Anwendungen vor.

Wireless USB basiert auf der drahtgebundenen USB-Technologie – mit der Ausnahme, dass bei gleicher Geschwindigkeit und Handhabung die Datenkommunikation drahtlos erfolgt. Dies ermöglicht der integrierte Funkstandard Ultrawideband (UWB). Im Gegensatz zu WLAN mit seinem relativ engen 2,4-GHz-Frequenzband kann Wireless USB einen sehr breiten Bereich von 3,1 bis 10,6 GHz nutzen.

Wireless USB: Alle Geräte, die erfolgreich den Zertifizierungsprozess absolviert haben, erhalten ein entsprechendes offizielles Logo vom USB Implementers Forum.

Die Funktechnologie erlaubt eine Übertragungsgeschwindigkeit von 480 Mbit/s, was ebenso schnell ist wie herkömmliches USB 2.0. Allerdings ist die Datenrate durch die Entfernung begrenzt. Ab drei Metern Abstand funkt drahtloses USB nur mit 110 Mbit/s. Dagegen erreichen der Bluetooth-Standard eine maximale Datenrate von 1 Mbit/s und WLAN bis zu 54 Mbit/s beziehungsweise "WLAN nach Draft n" von bis zu 300 Mbit/s.

Die Wireless-USB-Funktechnologie ist fertig und wird längst in den USA eingesetzt beziehungsweise verkauft. Zahlreiche Hersteller wie Lenovo, Dell, Iogears, D-Link oder Belkin haben bereits entsprechende Produkte vorgestellt. Anders in Europa: Hier ist die Wireless-USB-Technologie infolge von Restriktionen bei der Zulassung des Funkstandards noch nicht verfügbar. Wie Wireless USB technisch funktioniert und welchen praktischen Nutzen diese neue Wireless-Technologie mit sich bringt, erläutern wir in diesem Grundlagenreport.

Einsatzgebiete von Wireless USB

Die Anwendungsgebiete für Wireless USB sind im Allgemeinen dieselben wie für das kabelgebundene USB. Mit einer Ausnahme: Eine direkte Stromversorgung der Peripheriegeräte über den PC ist bei WUSB nicht möglich. Um die Abwärtskompatibilität bei einer Nachrüstung vorhandener USB-Geräte zu gewährleisten, muss dies ein entsprechender WUSB-Hub übernehmen.

Wireless USB eignet sich auch als Wi-Fi-Ersatz, insbesondere in Räumen, in denen sich verschiedene WLAN-Netze überlagern und damit gegenseitig behindern. Aber auch in anderen Bereichen kann die Nahfunktechnik ihre Trümpfe ausspielen. So gehen Marktforscher davon aus, dass in einem nächsten Schritt Wireless-USB-Chips in Camcordern und Digitalkameras integriert werden, was eine unkomplizierte Datenübertragung von Bildern und Videos auf einen PC erlaubt. Bei Mobilfunkgeräten, die besonders stark von der Drahtlostechnik profitieren könnten, werde die Implementierung etwas später stattfinden. Schuld daran seien die derzeitigen Anforderungen hinsichtlich Akku-Laufzeit und physikalischem Platz.

Premiere: Zu den ersten WUSB-Geräten gehören Hubs und Dongles, die mit entsprechenden drahtgebundenen USB-Devices zusammenarbeiten, bis die ersten nativen Lösungen auf dem Markt verfügbar sind.

Aktuell bieten nur einige wenige Hersteller Produkte mit Wireless-USB-Technologie an, und das ausschließlich in den USA. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Notebook-Modelle von Dell (Baureihe "Inspiron 1720") und Lenovo (Baureihe "ThinkPad T61" und "T62p"). D-Link und IOgears bieten entsprechend zertifizierte Wireless-USB-Hubs und Dongles an. Unter anderem hat Samsung bereits ein LCD-Display mit Wireless USB demonstriert, das nur noch einen Stromanschluss benötigt. Der Austausch der Bilddaten erfolgt ausschließlich über WUSB. Auch Peripheriegeräte wie Drucker, Scannern oder externen Festplatten sollen künftig mit dieser Funktechnologie arbeiten.

Bis die Technik hierzulande auf den Markt kommt, müssen sich die Anwender allerdings noch ein wenig gedulden, da die Regulierungsbehörde die WUSB-Funktechnologie noch nicht endgültig freigegeben hat.

Topologie

In der Praxis unterscheidet sich die Wireless-USB-Technologie nur marginal vom kabelgebundenen USB-Standard. Der wichtigste Unterschied besteht darin, das Wireless USB Host-fähig ist. Das heißt, ein Host steuert direkt bis zu 127 Geräte über eine Peer-to-Peer-Verbindung – ein Hub wird nicht benötigt. Alle Transaktionen der einzelnen Geräte übernimmt der Host.

WUSB-Topologie: Ein WUSB-Host kann bis zu 127 Geräte verwalten.

Bei Wireless USB kann ein Gerät nicht nur als Client fungieren, sondern darf auch Host-Funktionalität besitzen. So lässt sich eine Art Cluster-Struktur aufbauen, in der die einzelnen Geräte über einen Host auf einen anderen Host außerhalb der „internen“ Netzwerkstruktur zugreifen.

WUSB-Beispiele: Das Bild zeigt typische Wireless-USB-Szenarien in verschiedenen Arbeitsumgebungen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der WUSB-Technologie ist die Datensicherheit. Diesem wird Rechnung getragen, indem die Wireless-USB-Verbindung via Authentifizierungs- und Autorisierungsmechanismen sicherstellt, dass nur sicherheitskonforme Verbindungen zwischen Host und Peripherie zustandekommen.

WUSB-Kommunikation: Der Datenaustausch zwischen WUSB-Host- und -Gerät erfolgt auf drei Layer-Ebenen.

Technische Details

Wireless USB basiert auf dem Ultrawideband-Standard (UWB) und soll sich als Alternative zu WLAN und Bluetooth etablieren. Während 802.11g das lizenzfreie Frequenzband zwischen 2,400 bis 2,485 GHz nutzt, greift UWB auf ein breites Spektrum zwischen 3,1 und 10,6 GHz zurück. Dagegen beginnt der Arbeitsfrequenzbereich für Bluetooth bei 2,402 GHz und endet bei 2,480 GHz.

Nach derzeitigem Stand sind bei WUSB über eine Distanz von maximal drei Metern Übertragungsraten von bis zu 480 Mbit/s möglich. Das entspricht etwa der Bandbreite von drahtgebundenem USB 2.0. Bei zehn Metern Entfernung soll immerhin noch eine Transferrate von 110 Mbit/s erreicht werden.

Frequenzband: Wireless USB belegt einen weiten Bereich des Frequenzspektrums. Für die einzelnen Länder sind bereits die grün gekennzeichneten Bereiche für die Nutzung von WUSB freigegeben beziehungsweise befinden sich in der Freigabephase.

Möglich wird der hohe Datendurchsatz durch Ausnutzung eines extrem großen Frequenzbereichs. Dieser Bereich ist in fünf Bänder mit jeweils über 500 MHz unterteilt. Mithilfe der Technik für Hochfrequenznahfunk MB-OFDM (Multiband Orthogonal Frequency Division Multiplexing) wird das zur Verfügung stehende Frequenzband in Trägerfrequenzen von jeweils 528 MHz aufgeteilt, über die im kurzen Abstand breitbandige Impulse übertragen werden.

Koexistenz: Wireless USB belegt ein weites Frequenzspektrum, das teilweise auch WLAN und schnurlose Telefone nutzen.

Das verwendete Frequenzspektrum verwenden bereits viele Nutzer wie etwa Mobilfunkanbieter, Rundfunksender und WLANs (802.11a/h / 5,1 GHz), doch durch die extrem geringe Sendeleistung der UWB-Signale sollen störende Interferenzen mit diesen Anwendungen vermieden werden.

Intelligentes Power-Management

Die Entwickler von Wireless USB statteten diese Netzwerktechnologie mit zahlreichen Stromsparkonzepten aus. So speichert der Host die Informationen darüber, wann er ein Device das nächste Mal abfragen wird, und gibt dem Device diesen Zeitpunkt vorab bekannt. Das Device kann sich daraufhin in einen Low-Power-Status versetzen und sich rechtzeitig für den nächsten Datentransfer reaktivieren.

Der hierfür verwendete Mechanismus wird als Micro-scheduled Management Command (MMC) bezeichnet. MMCs enthalten mikrosekundengenaue Zeitmarken, die auf eine verkettete Liste von Transaktionsgruppen verweisen. Transaktionsgruppen bündeln mehrere Schreib- und Lesevorgänge. Auf diese Weise wacht das Device sozusagen zu einer vorher vereinbarten Zeit auf, empfängt Daten vom Host und sendet seine eigenen Daten unmittelbar danach an den Host zurück. Bevor das Device wieder in den Stromsparmodus wechselt, kann es anhand der Zeitmarke im MMC genau feststellen, wann es wieder aufwachen muss.

Mittels dieses Verfahrens gelingt es dem Host, die vollständige Kontrolle über das Bandbreiten- und Link-Management zum Device zu übertragen. Zusätzlich kann der Host die Bitrate und die Sendeleistung entsprechend der jeweiligen Situation festlegen. Darüber hinaus können Devices in einem Lowpower-Status verbleiben, solange sie nicht aktiv an Transfers beteiligt sind, in denen sie nicht auf Signale warten.

Geizen mit Energie: Ein ausgeklügeltes Power-Management der WUSB-Technologie hilft mobilen Geräten beim Stromsparen.

Muss sich ein Device für eine bestimmte Zeitspanne komplett abschalten, kann es beim Host die Erlaubnis zum Wechsel in den Sleep-Modus anfordern. Stimmt der Host zu, versetzt sich das Device in den Sleep-Modus. Aus diesem Zustand erwacht es nur alle paar Sekunden, um zu prüfen, ob Aufgaben zu erledigen sind.

Zukunft der Wireless-USB-Technologie

Im Mai 2005 war die Wireless-USB-1.0-Spezifikation offiziell vorgestellt worden. Im Oktober 2007 stellte das Wireless USB Implementers Forum mit dem 1.1-Update die Neuerungen des WUSB-Standards vor.

Mit WUSB 1.1 soll der Stromverbrauch gegenüber WUSB 1.0 nochmals deutlich reduziert werden. Dies lässt sich laut USB IF durch verbesserte Mechanismen des Idle- und Deep-Sleep-Modus sowie mittels einer ausgeklügelten Wake-up-Funktion erreichen. Zusätzlich soll sich der Datendurchsatz je nach Datenmenge dynamisch anpassen lassen. Darüber hinaus soll WUSB 1.1 den Near-Field-Communication-Standard (NFC) unterstützen und auch für Frequenzen oberhalb des 6-GHz-Bandes nutzbar sein.

Nominell schneller wird Wireless USB 1.1 gegenüber dem Vorgänger nicht. Allerdings will das USB IF die Grundlagen für eine schnelle Datentransferrate von 960 Mbit/s bereits in den neuen Standard implementieren. Erst mit WUSB 2.0 werden die entsprechenden Geräte, die nicht vor 2010 zu erwarten sind, die schnelle Datenübertragung beherrschen. Der Wireless-USB-1.1-Standard soll bis Mitte 2008 in der finalisierten Version vorliegen. Erste serienreife Produkte werden für Anfang 2009 erwartet.

Zukunftsaussichten: Der Wireless-USB-Technologie werden große Wachstumschancen prognostiziert.

Mittlerweile gibt es weltweit rund zwei Milliarden USB-Schnittstellen an unterschiedlichen Geräten. Von diesem Potenzial will die Nahfunktechnik Wireless USB profitieren. Laut aktuellen Prognosen von In-Stat ist die Marktentwicklung von WUSB in den verschiedenen Einsatzbereichen relativ stark. So sollen bis Ende 2010 bereits zirka 300 Millionen Geräte über die Wirelss-USB-Technologie verfügen.

Fazit und Ausblick

Wireless USB will als Funkstandard die Lücke zwischen Bluetooth und WLAN schließen – nach den technischen Spezifikationen hat diese neue Funktechnologie auch das Potenzial dazu. Mit WUSB sollen künftig Geräte aus dem Umfeld der IT und der Unterhaltungselektronik wie PCs, Laptops, Mobiltelefone, Digitalkameras, Displays oder auch Fernsehgeräte über Entfernungen von etwa zehn Metern große Datenmengen drahtlos übertragen.

Die theoretische Datenübertragungsrate von Wireless USB beträgt 480 Mbit/s und entspricht damit exakt der drahtgebundenen USB-Technologie. Allerdings ist dieser Wert in der Praxis unrealistisch. Laut Hersteller von WUSB-Devices liegen die Datenraten bei einer Entfernung von zehn Metern bei nicht mehr als 70 Mbit/s. Dieser Wert reicht aber, um auch HDTV-Inhalte über einer Kurzstrecke zu übertragen, denn diese benötigen eine Bandbreite von etwa 20 bis 25 Mbit/s.

In puncto Power-Management und Übertragungssicherheit bietet WUSB umfangreiche Optionen. Ob diese allerdings in der Praxis die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, bleibt abzuwarten.

Die Hersteller und das USB Implementers Forum unter Federführung seines Präsidenten Jeff Ravencraft erwarteten eine Freigabe von Wireless USB durch die EU-Kommission für die kommenden sechs Monate. Dann werden auch Geräte mit Wireless-USB-Funktechnologie in Europa erhältlich sein. In den USA sind bereits verschiedene Geräte mit WUSB verfügbar. Allerdings sind diese Devices noch mit sogenannten Bridge-Bausteinen ausgestattet. Erst nach und nach werden Lösungen mit nativen Wireless USB folgen. (Bernhard Haluschak, TecChannel.de/tö)