Telefonwerbung nimmt zu - Schutz ist kaum möglich

06.06.2005
Sie preisen Sonderauslosungen beim Lotto an, wollen Geldanlagen schmackhaft machen oder Wein verkaufen: Unerwünschte Werbeanrufe auf dem privaten Telefonanschluss

Sie preisen Sonderauslosungen beim Lotto an, wollen Geldanlagen schmackhaft machen oder Wein verkaufen: Unerwünschte Werbeanrufe auf dem privaten Telefonanschluss sind meist lästig. Und obwohl sie rechtlich nicht zulässig sind, nimmt ihre Anzahl immer mehr zu.

Dabei ist die Rechtslage eigentlich klar, sagt Niko Härting, Rechtsanwalt in Berlin und Experte für Verbraucherrecht: Der Bundesgerichtshof habe Werbeanrufe bei Verbrauchern verboten. Doch weil viele Betroffene sich scheuen, gegen die so genannten Cold Calls vorzugehen, setzen viele Unternehmen weiterhin auf die verbotene Werbung. Und einen sicheren Schutz davor gibt es nicht, wie unsere Schwesterpublikation TecCHANNEL weiter berichtet.

Zunächst einmal muss unterschieden werden zwischen Spam und "Cold Calls". Spam hat stets einen so genannten Rufnummernbezug: Betroffene erhalten zum Beispiel einen Anruf und werden von einer Tonbandstimme aufgefordert, eine bestimmte kostenpflichtige Rufnummer zu wählen. Diese Rufnummer können Betroffene an die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) in Bonn weiterleiten.

"Es genügt, dazu noch in ein oder zwei Sätzen den Sachverhalt zu schildern. Wir sorgen dann dafür, dass dieser Anrufer nicht noch einmal anruft", sagt Behördensprecher Rudolf Boll. Dies gilt auch für Spam, die per Fax, E-Mail oder SMS kommt.

Rechtslage bei Cold Calls schwieriger

"Cold Calls" haben dagegen nicht immer einen Rufnummernbezug. Sie gelten zwar als wettbewerbswidrig. Doch nur wenn sie auch gegen das Telekommunikationsgesetz verstoßen, ist die RegTP zuständig. Ob das so ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Entscheidend ist zudem, dass durch "Cold Calls" belästigte Verbraucher zuvor nicht ihre Einwilligung gegeben haben, zum Beispiel indem sie bei einer Online- Umfrage Interesse an bestimmten Produktinformationen bekundet haben.

Wer von "Cold Calls" genervt wird, kann sich außerdem an die Verbraucherzentralen wenden. Sie gehen mit Unterlassungsklagen gegen die Anrufer vor. "Dafür benötigen wir jedoch eine Eidesstattliche Versicherung der Betroffenen", sagt Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. Wichtig ist auch ein Beweis dafür, wer angerufen hat. "Dazu muss der Angerufene zum Schein auf das Anliegen des Anrufers eingehen", rät Hörmann. So bekomme man eventuell die Telefonnummer oder gar schriftliche Unterlagen zugeschickt. Sonst könne das Unternehmen später alles abstreiten.

Es sind nicht nur kleine Unternehmen, die auf Telefonwerbung bauen: Die Verbraucherzentrale Hamburg hat Hörmann zufolge erst kürzlich einen großen Internetanbieter verklagt. Dieser habe systematisch Kunden angerufen beziehungsweise von einem Call-Center anrufen lassen, um sie zu einer Umstellung oder Erweiterung ihrer Telefondienstleistungen zu überreden. Das sei nicht erlaubt. Die Liste der Unternehmen, die per Telefon werben oder geworben haben, ist abwechslungsreich: Darauf stehen zum Beispiel eine Weinkellerei, Zeitschriften-Abo-Dienste und Finanzdienstleister. Häufig werden die Werbeanrufe auch als Umfrage oder Spendensammlung getarnt.

Wer sich mit den Telefonwerbern nicht abgeben will, kann natürlich auch einfach auflegen. Doch die Chancen, dass die Unternehmen ihr Treiben auf Grund einer Einstweiligen Verfügung unterlassen, stehen laut Rechtsanwalt Niko Härting gut: "Mit der Einstweiligen Verfügung ist bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld fällig", erklärt der Jurist. So wird zumindest der betreffende Verbraucher nicht weiter belästigt. (cm)