Schnelle Netze und Frequenzen

Telekom muss Geld in die Hand nehmen

04.11.2014
Tim Höttges ist in wenigen Wochen ein Jahr im Amt. Der Telekom-Chef hat den Konzern in ruhiges Fahrwasser gefahren. Doch große Herausforderungen stehen auf der Agenda.

Netzausbau und schnelles Internet, ein scharfer Wettbewerb im Inland, Auktionen von Funkfrequenzen im Jahr 2015 und die Zukunft des US-Geschäfts: Auf Telekom-Chef Tim Höttges rollt in den kommenden Monaten eine Menge Arbeit zu. Seit Jahresanfang steht der 52-jährige Manager an der Spitze des Riesen, dessen Finanzen er zuvor mehrere Jahre lang zusammenhielt. Sein Ziel: "Wir wollen führender und wertvollster Telekommunikationsanbieter in Europa werden."

Und dazu gehört vor allem die Infrastruktur. "Wir können Netz besser", ätzte der Manager erst vor wenigen Tagen in der "Süddeutschen Zeitung" gegen den Internetgiganten Google. An dem Unternehmen arbeitet sich Höttges ohnehin immer wieder gerne ab. Ihm missfällt, dass Telekom-Konzerne viel Geld in Netze investieren, andere aber mit ihren Diensten die Infrastruktur nutzen und den großen Reibach machen. Doch eine Alternative zum Netzausbau hat Höttges kaum.

In Deutschland steht die Branche vor der Herausforderung, ihre Zusagen bei der flächendeckenden Versorgung der Haushalte mit einem schnellen Internetanschluss bis 2018 einzuhalten. Allein im kommenden Jahr sollen 8 Milliarden Euro in das schnelle Internet investiert werden. Davon will die Telekom allein die Hälfte tragen. Und dabei bleibt es nicht. Das Management muss auch dafür sorgen, dass Investitionsmittel für die Auslandstöchter der Telekom bereitstehen.

Das gilt vor allem für die Mobilfunktochter in den USA, die Höttges gern verkaufen würde, wenn der Preis stimmt. Doch auch nach mehreren Anläufen bleibt die Zukunft ungewiss. Der drittgrößte Anbieter des Landes, Sprint, ließ seine Ambitionen offenbar fallen, weil er erhebliche wettbewerbsrechtliche Probleme auf sich zukommen sah. Zuvor war schon AT&T mit dem Versuch gescheitert, T-Mobile US zu übernehmen. Die Aufsichtsbehörden stoppten den Deal. Zuletzt präsentierte die wenig bekannte französische Telefon- und Internetfirma Illiad eine Kaufofferte, blitzte damit aber bei der Telekom ab. Derzeit wird als ein Kaufinteressent nur noch der US-Satellitenbetreiber Dish gehandelt.

Dass die Telekom-Tochter mit einem rasanten Kundenwachstum seit einigen Monaten die Branche aufmischt, kommt Höttges nicht ungelegen. Denn das treibt den Kaufpreis hoch. Ohnehin sieht sich der Telekom-Chef in den USA nicht unter Verkaufsdruck und für eine Fusion oder Übernahme gut gerüstet. Allein im dritten Quartal verzeichnete T-Mobile USA 2,3 Millionen Neukunden. Einziger Wermutstropfen: Die aggressive Kundenakquise drückt die Ergebnisse ins Minus.

Auch wenn Kundenzahlen und Umsätze stimmen, für Höttges ist der Fall USA keineswegs ein Zuckerschlecken: 2015 steht eine weitere Auktion von Funkspektren ins Haus, die dem Konzern teuer zu stehen kommen könnte. Bei einem rechtzeitigen Verkauf, würden dem Unternehmen die erwarteten milliardenschweren Ausgaben für den Erwerb von Spektren erspart bleiben.

Die Geschichte der Telekom
Die Geschichte der Telekom
Aufstieg, Krisen und Skandale. Wie sich die Telekom vom verkrusteten Staatsbetrieb zum internationalen ITK-Player entwickelte.
2015
Den Sponsoring-Vertrag mit dem FC Bayern München hat die Telekom bis 2017 verlängert.
Vectoring statt Glasfaser
Den Netzausbau treibt die Telekom nicht, wie viele wünschen, vor allem mit Glasfaser voran, sondern auch mit Vectoring, einer Technologie, die mehr aus den vorhandenen Kupferadern holen soll, aber auch beim Endkunden viel Strom verbraucht.
All-IP und IPTV
Mit dem IPTV-Service Entertain bringt die Telekom eine stetig steigende Programmflut nach überall.
November 2015
Das neue Twin-Core-Rechenzentrum der Telekom in Biere realisiert mit seinem unweit gelegenen Zwilling eine hochsichere Public Cloud.
Connected Car
Die Connected Cars, in deren Entwicklung die Telekom beträchtlich investiert, sind untereinander und stets auch mit einer (Telekom-)Cloud verbunden.
Smart Home
Mit Qivicon lassen sich alle vernetzten Systeme in Haushalten zentral steuern.
Smart City
In der mit Sensor- und M2M-Technik gespickten Smart City werden Autofahrer bei der Parkplatzsuche unterstützt.
Innovationen sollen die ...
... Telekom endlich dauerhaft aus der Defensive bringen. Zuständig dafür: der Leiter des P&I-Bereichs, Thomas Kiessling
Timotheus Höttges, ...
... muss sich unter anderem mit Altlasten aus dem US-Markteinstieg von T-Mobile herumschlagen. Zudem steht ein großer personeller Aderlass an mehreren Standorten bevor.
Neue Frauen für den Telekom-Vorstand:
Ex-McKinsey-Beraterin Claudia Nemat übernimmt den Bereich EMEA, Ex-Hochschulchefin Marion Schick die Personalleitung.
Noch Wüstenei, ...
... bald Deutschlands größtes Rechenzentrum: Bei Magdeburg baut die Telekom neue Ressourcen fürs Cloud-Geschäft
Noch-Telekom-Boss ...
... und der inzwischen verstorbene Apple-CES Steve Jobs feiern zusammen 20 Jahre Mobilfunk, natürlich mit dem iPhone
Mit neuen Anwendungen ...
... wie Smart Meters (siehe Bild) oder Remote-Gesundheitskontrolle versucht die Telekom, noch mehr Verkehr auf die Mobilnetze zu bringen und gleichzeitig neuartige Endgeräte zu verkaufen
Zur Mobile World 2011 ...
... präsentiert die Telekom ihren ersten LTE-Stick.
2008:
Fehltritt mit Folgen – Manfred Balz tritt als erster Vorstand für Datenschutz, Recht und Compliance der Telekom sein Amt an.
Anja Feldmann:
Feldmann leitet seit 2006 den Lehrstuhl für „Intelligent Networks“ und „Management of Distributed Systems“ der Deutsche Telekom Laboratories, einem An-Institut der Technischen Universität Berlin. Sie erhält den Leibnitz-Preis für ihre Konzepte eines Internet 2.
2007:
Friedrichshafens Oberbürgermeister Josef Büchelmeier, Ferdinand Tempel, Leiter T-City Repräsentanz und Bereichvorstand Technik T-Home Friedrich Fuß freuen sich über die Auswahl von Friedrichshafen als T-City.
2006:
Nach Kai-Uwe Ricke soll der ehemalige T-Online-Manager René Obermann Ordnung in das Telekom-Geschäft bringen.
Am 1. Januar 2005 ...
startete die LKW-Maut, an deren Realisierung T-Systems maßgeblich beteiligt war.
Von 2002 bis 2006 ...
steuerte Kai-Uwe Ricke als Telekom-Vorstand die Geschicke des Unternehmens.
2000:
Der schicke Robert T-Online wirbt für den Börsengang des gleichnamigen Telekom-Ablegers. Für die Anleger am Ende eine Pleite. Insofern wäre ein Pleitegeier wohl das bessere Symbol gewesen.
1998:
Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation – heute Bundesnetzagentur – die in diesem Gebäude in der Bonner Tulpenallee residiert, nimmt ihre Arbeit auf und sollte der Telekom noch viel Ärger bereiten.
1996:
28,50-DM-Mann (so hoch war der Aktienpreis für Privatanleger) Ron Sommer zieht als CEO den ersten Börsengang der Telekom durch.
Tim Berners Lee:
Der Erfinder des World Wide Web, das ab Anfang der 90er seinen Siegeszug antrat und auch das Geschäft der Telekom mit DSL-Anschlüssen beflügelte.
Start des D1-Netzes 1992:
Dieser Chip machte es möglich, über D1 zu telefonieren
Erst 1966 ...
wurde die letzte Handvermittlungsstelle auf automatisierten Betrieb umgestellt. Das Fräulein vom Amt starb aus.
1965:
Telefonieren auch in die USA über den Satelliten Early Bird.
1961:
Für heutige Verhältnisse gigantisch mutete das erste Telefon für das A-Netz an, das 1958 startete.
1904 ...
installierte Quante in Berlin die erste Telefonzelle
1877 ...
funktionierte in Berlin das erste Telefon, hergestellt von Siemens.

Auch in Deutschland kommt es im Frühjahr zu einer weiteren Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen. Im zweiten Quartal sollen unter anderem die sogenannten GSM-Frequenzen für D-Netze und E-Netze in den Bändern 900 und 1800 Megahertz sowie möglichst auch das 700 Megahertz-Paket unter den Hammer kommen. Letzteres - auch digitale Dividende II genannt - ist ein wichtiger Baustein in der Digitalen Agenda der Bundesregierung. Ob die Fernsehsender, die diese Bänder noch für DVB-T nutzen, rechtzeitig das 700er-Band räumen werden oder wollen, steht in den Sternen. Diese Frequenzen eignen sich besonders, um das schnelle Internet in entlegene Dörfer zu bringen.

Für Höttges ist indes klar, dass Frequenzauktionen nicht dazu genutzt werden sollten, öffentliche Haushalte zu sanieren. "Je teurer die Auktion, umso später kommt die Infrastruktur, von der der Kunde auch etwas hat", warnt der Telekom-Chef. Und sein Vorstandskollege Niek Jan van Damme forderte unlängst eine stärkere Subventionierung. Eine Überlegung dabei ist, Teile der Einnahmen aus den Auktionen wieder in den Breitbandausbau zu investieren. (dpa/tc)