Test: AMD/ATI R600: Radeon HD2900XT

14.05.2007 von Christian Helmiss
ATI hat die neuen Grafikkarten-Chips der Reihe Radeon HD 2000 vorgestellt. Wir hatten das aktuelle High-End-Modell bereits im Testcenter und haben es gründlich in die Mangel genommen. Wir informieren Sie über die technischen Details und sagen Ihnen, was Sie von der neuen Chipfamilie erwarten können - und was nicht.

ATI hat die neuen Grafikkarten-Chips der Reihe Radeon HD 2000 vorgestellt. Wir hatten das aktuelle High-End-Modell bereits im Testcenter und haben es gründlich in die Mangel genommen. Wir informieren Sie über die technischen Details und sagen Ihnen, was Sie von der neuen Chipfamilie erwarten können - und was nicht.

von Christian Helmiss, PC-Welt

Testbericht

Die ersten Grafikchips, die ATI nach der Übernahme durch AMD auf den Markt bringt, heißen Radeon HD2000. Somit verabschiedet sich ATI vom jahrelang mitgeführten „X“ und ersetzt es durch ein „HD“. HD steht für High Definition und soll anzeigen, dass die Modelle der neuen Chipfamilie für hochauflösende Videos und Spiele gedacht sind.

Auf den folgenden Seiten finden Sie viele Infos zur neuen Architektur und der Produktpalette. Wir hatten bereits eine von ATIs High-End-Grafikkarten im Testcenter - deshalb können wir Ihnen erste Leistungswerte präsentieren. Außerdem zeigen wir Ihnen die HD2000 in einer umfangreiche Bildergalerie am Schluss dieses Textes.

Drei Chip-Typen: Einsteiger-, Mittel- und High-End-Klasse

Die neuen Modelle aus der ATI-Radeon-HD-2000-Serie wird es in drei Ausführungen geben: Neu sind die Chips Radeon HD 2400, Radeon HD 2600 und Radeon HD 2900. Der Radeon HD2400 ist für Einsteiger gedacht, die gelegentlich spielen und HD-Videos genießen wollen. Da diese Karte nicht allzu viel Watt verbrät, wird sie vor allem als passiv gekühlte Version erhältlich sein. Der voraussichtliche Verkaufspreis von Grafikkarten mit Radeon-HD2400PRO- und Radeon-HD2400XT-Chip soll laut ATI unter 100 Euro liegen.

Die Mittelklasse bedienen Grafikkarten mit dem Chip ATI Radeon HD 2600. Sie lohnt für Spieler, die sich in Sachen Auflösung und Bildqualität auf ihren 17- und 19-Zoll-TFTs nicht einschränken wollen. Preislich soll es hier Modelle zwischen 100 (Radeon HD2600PRO) und 200 Euro (Radeon HD2600XT) geben.

Und für Liebhaber von hohen Auflösungen in Verbindung mit Tempo und höchster Bildqualität ist der neue High-End-Grafikchip Radeon HD2900XT gedacht. Grafikkarten, die auf diesem Chip basieren, sind für 390 Euro zu haben.

Kompatibilität: Zukunftssichere Technik

Eine echte Neuerung in der Chipserie ist der integrierte 5.1-Mehrkanalton. Während bei Konkurrenzmodellen der Ton über ein externes Soundmodul zugeführt werden muss, ist er bei der neuen 2000er-Familie serienmäßig mit dabei. Der Ton wird per HDMI an der DVI-Schnittstelle ausgegeben: Dies funktioniert aber nur über einen speziellen DVI-HDMI-Adapter, der wohl standardmäßig dem Lieferumfang der HD-Karten beiliegen wird – normale Adapter schleifen den Ton nicht mit durch. Unterstützt werden 32-, 44,1- und 48 kHz-PCM-Stereo-Signale sowie Dolby Digital, AC3 (5.1) und DTS.

Natürlich sind die Karten HD-Ready - sie unterstützen also die Wiedergabe von Videomaterial von HD-DVD- und Blu-Ray-Medien. Der Grafikchip entlastet beim Dekomprimieren von HD-Videos im MPEG-2-, VC-1- sowie H.264/AVC- Format den Prozessor - so soll selbst beim Einstiegsmodell das Genießen von 1080p-Videomaterial mit Single-Core-CPUs möglich sein.

Nicht zuletzt sei noch die DirectX-10-Kompatibiltität genannt. Diese wird aber erst dann interessant, wenn sich Windows Vista einen größeren Marktanteil erobert hat und dann auch DirectX-10-Spiele auf den Markt kommen.

Die Chiparchitektur der 2000er-Serie

Grafikchip (Desktop)

ATI Radeon HD 2400

ATI Radeon HD 2600

ATI Radeon HD 2900

Unified Shader-Prozessoren

40

120

320

Transistoren

180 Mio.

390 Mio.

700 Mio.

Chiptakt

525 - 700 MHz

600 - 800 MHz

740 MHz

Leistungsaufnahme

etwa 25 Watt

etwa 45 Watt

etwa 215 Watt

Speicherbus

64 Bit

128 Bit

512 Bit

Speicherausstattung

128 oder 256 MB

256 MB

512 MB

Speichertyp

DDR2 oder GDDR3

DDR2, GDDR3 oder GDDR4

GDDR3

Speichertakt

400 - 800 MHz

400 - 1.100 MHz

825 MHz

Speichertakt effektiv

800 - 1.600 MHz

800 - 2.200 MHz

1.650 MHz

Preis der Grafikkarten

unter 100 Euro

zwischen 100 und 200 Euro

390 Euro

Die neue Chipfamilie mit dem Code-Namen R600 hat ATI erstmals in 65-Nanometer-Technik (Außnahmen sind der Radeon HD 2900XT (80-Nanometer) und der Radeon HD 2300 90-Nanometer) gefertigt. Das wirkt sich laut Hersteller unter anderem in einem niedrigeren Stromverbrauch der Einsteiger- und Mittelklasse-Karten im Leerlauf aus.

Auf dem Radeon HD 2900XT-Chip bringt ATI 700 Millionen Transistoren unter, die mit flotten 740 MHz laufen. 320 Stream-Prozessoren arbeiten wahlweise als Pixel- oder Vertex-Shader. Der beim High-End-Modell Radeon HD 2900 verbaute GDDR3-Speicher arbeitet mit 825 MHz (1650 MHz effektiv). Angebunden ist er über einen 512 Bit breiten Speicherbus – die Speicherbandbreite liegt somit bei sehr hohen 106 GB/s. Summa summarum erreicht die Rohleistung des Spitzenmodells laut ATI 475 GigaFLOPS – ein wahnsinnig hoher Wert. Theoretisch müsste der Chip leistungsmäßig durch die Decke gehen. Von der Architektur her scheint er sogar vor dem Geforce 8800 GTX zu liegen.

Wie stark die Benchmarks und schließlich die Praxistests davon profitieren, erfahren Sie auf den nächsten Seiten. Die technischen Daten der drei Chipmodelle Radeon HD 2400, Radeon HD 2600 und Radeon HD 2900 (Herstellerangaben) finden Sie in dieser Tabelle gegenübergestellt.

Hohe Werte im 3D-Mark 06 lassen hoffen

Den ersten Eindruck und den stabilen Leistungswert einer Grafikkarte erhält man schnell über einen synthetischen Benchmark, der automatisch und immer gleich abläuft. Wir verwenden hier den 3D-Mark in der Version 06.

In diesem Test erreichte ATIs Spitzenmodell Radeon HD 2900 superhohe Werte, die sogar an das Niveau von Nvidias leistungsfähigsten High-End-Modell Geforce 8800 GTX heranreichen. Bei hohen Auflösungen siegt hier Nvidia vor ATI deutlich. Würde man sich auf das Testen dieses Benchmarks beschränken, würden wir ATI ganz klar den Vorzug und den Testsieg geben. Denn schließlich ist die ATI-Karte für 390 Euro erhältlich und ein Spitzenmodell mit Nvidia-Chip für kostet deutlich über 500 Euro. Bisher steht es also 1:0 für ATI. Viel entscheidender ist aber die Geschwindigkeit in verschiedenen 3D-Titeln – siehe nächste Seite.

Enttäuschende Leistung im Praxistest

Eines vorneweg: Die Treiber für diese Karte stehen noch am Anfang - das ist klar und dafür haben wir Verständnis. Alle Werte, die wir im Folgenden nennen, können sich mit aktuelleren Treibern als den vom 11.05.2007 noch nach oben korrigieren.
Enttäuschend: Die Radeon HD 2900XT erreichte in unseren Praxistests oft nicht einmal die Leistung, die eine Grafikkarte mit Nvidia Geforce 8800 GTS und 320 MB Speicher bietet. Obwohl diese schon für 280 Euro und nicht - wie das ATI-Modell - für 390 Euro zu haben ist.
Im Diagramm sehen Sie, dass Nvidias Vorsprung bei grafisch anspruchsvollen 3D-Titeln geringer ist als bei vergleichsweise einfachen Spielen. Im Test des Schleich- und Meuchelspiels Splinter Cell 3 konnte ATIs neues Spitzenmodell sogar einen Sieg verbuchen. Somit steht es 1:1 – der Stromverbrauch (nächste Seite) bringt die Entscheidung.

Strom- und Schallmessung: Der neue Chip ist ein lauter Stromfresser

Im Ruhemodus verbrauchen die Spitzenklassechips von ATI und Nvidia in etwa gleich viel Strom. Die Leistungsaufnahme unseres Test-PCs (Intel Core-2-Duo-CPU Extreme X 6800, 2 GB Speicher und zwei 10.000-UPM-Festplatten) lag im Ruhemodus bei rund 170 Watt – die Grafikkarten besitzen hierbei einen Anteil von schätzungsweise 80 Watt.

Unter Last waren die Nvidia-Grafikchips aber deutlich sparsamer, sie benötigten zwischen 30 und 70 Watt weniger Leistung. Somit gewinnt auch diesen Test Nvidia.

Der Lüfter der Grafikkarte arbeitet temperaturgesteuert. Im Leerlauf ist er kaum zu hören. Unter Last fährt der Lüfter jedoch lautstark auf 51,2 dB (A) respektive 7,3 Sone hoch - das hört sich an, wie wenn ein optisches Laufwerk auf Maximaldrehzahl beschleunigt. Nvidias 8800er-Serie arbeitet hingegen meist flüsterleise bei unter 30 dB(A) und ist mit weniger als 1,0 Sone kaum hörbar.

Fazit: Noch ist Nvidia die bessere Wahl

ATIs Grafikkarten besitzen zumindest auf dem Papier die modernere Architektur und die leistungsfähigeren Chips. Allerdings müssen die 3D-Anwendungen davon Gebrauch machen, damit Sie daraus in der Praxis einen Nutzen ziehen können – und das tun derzeitige 3D-Spiele meist nicht. Bei den aktuellen Top-Titeln arbeiten Nvidia-Karten effektiver.

Daran wird sich wohl auch nicht viel ändern, wenn DirectX-10-Spiele auf den Markt kommen. Somit sind die Nvidia-Modelle, die bis zu 110 Euro günstiger sind, derzeit die bessere Wahl. Auch der Stromverbrauch ist um bis zu 70 Watt geringer, und die Nvidia-Karten sind im Gegensatz zum ATI Radeon HD 2900 unter hoher Last kaum zu hören. Mit dem neuen High-End-Chip wird sich ATI respektive AMD unserer Einschätzung nach kaum neue Freunde machen, sondern eher weitere Marktanteile an Nvidia verlieren.

(pc-welt/bb)