"Teuerland - wir schlagen drauf!" - Protestaktion der IT-Industrie in Berlin

17.01.2007
Die führenden Anbieter von PCs, Prozessoren, Druckern und Multifunktionsgeräten in Deutschland fordern eine schnelle und gerechte Reform des Urheberrechts.

Die führenden PC-, Prozessor-, Drucker-, und Multifunktionsgeräte-Anbieter haben heute in Berlin auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vor den Folgen zu hoher Urheberrechtsabgaben für IT-Geräte gewarnt und eine rasche Reform des Urheberrechtsgesetzes angemahnt. Jede weitere Verzögerung gefährde Arbeitsplätze und Unternehmen in Deutschland.

Die Unternehmen Acer, Brother, Canon, Dell, Epson, Fujitsu Siemens Computers, Hewlett-Packard, Intel, Kyocera Mita, Lenovo, Lexmark, Oki, Sharp und Toshiba wollen gemeinsam in Politik und Öffentlichkeit Aufmerksamkeit schaffen für die Dringlichkeit einer gerechten und zukunftsweisenden Reform des Urheberrechts. Zur Pressekonferenz haben sie daher in den "Teuerland"-Elektronikmarkt im Innenhof des Sony Center in Berlin-Mitte eingeladen, wo sie Politik, Medien und insbesondere die Verbraucher zwei Tage lang über pauschale Geräteabgaben und ihre Folgen informieren.

Der "Teuerland"-Elektronikmarkt ist keine Verkaufsveranstaltung, sondern zeigt anhand konkreter Preisbeispiele, wie sich IT-Geräte durch Abgaben verteuern würden, sollte der Gesetzgeber nicht gegensteuern.

"Gesetzentwurf zur Urheberrechtsreform verbesserungsfähig"

Der Deutsche Bundestag berät derzeit über einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der eine deutliche Begrenzung der Abgabenbelastung der IT-Anbieter, des IT-Handels und der Verbraucher vorsieht. Der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums kam erst nach sehr langen und zähen Verhandlungen mit allen Beteiligten zustande. Die IT-Industrie hat dem Kompromissvorschlag zugestimmt, weil "der vorliegende Gesetzentwurf der Willkür der Verwertungsgesellschaften bei der Abgabenhöhe Grenzen setzt und wieder Rechtssicherheit herstellt", so das gemeinsame Statement. Der Entwurf enthält unter anderen zwei Regelungen, die den Vertretern der Industrie besonders wichtig sind:

- die Begrenzung der Abgabenhöhe auf maximal 5 Prozent des durchschnittlichen so genannten "Straßenverkaufspreises"

- die Begrenzung der Zahl der betroffenen Gerätearten durch Überprüfung der tatsächlichen Nutzung der Geräte

Dazu Henning Ohlsson, Geschäftsführer von Epson Deutschland: "Der Gesetzentwurf ist für die Industrie ein gerade noch erträglicher Kompromiss, der in die richtige Richtung geht. Der Gesetzentwurf hält aber weiterhin am veralteten System der pauschalen, ungerechten Urheberrechtsabgaben. Auch fehlt die Klarstellung, dass Kopien aus dem Internet nicht durch pauschale Abgaben vergütet werden können."

"Unverantwortliche Forderungen der Verwertungsgesellschaften"

Mit pauschalen Geräteabgaben, die beim Kauf eines Kopiergerätes bezahlt werden, erhalten Künstler und Autoren einen finanziellen Ausgleich für das private Kopieren ihrer Werke. Die Geräteanbieter führen die Abgaben an die Verwertungsgesellschaften ab. Auf CD- und DVD-Brenner und Scanner werden diese Abgaben bereits erhoben.

Die Verwertungsgesellschaften GEMA, VG Wort und VG Bild-Kunst fordern allerdings auch pauschale Abgaben für PC, Drucker und Multifunktionsgeräte, die den Kaufpreis der Geräte nach Ansicht der Hersteller teilweise mehr als verdoppeln würden. Das Prozessrisiko für die IT-Geräteanbieter in Deutschland liegt inzwischen bei über zwei Milliarden Euro.

Die meisten Nachbarländer Deutschlands führen keine oder wesentlich niedrigere Geräteabgaben ein. Die IT-Industrie und der IT-Handel befürchten deshalb große Wettbewerbsverzerrungen und Käuferabwanderungen innerhalb der Europäischen Union.

Bernd Bischoff, President und CEO des IT-Herstellers Fujitsu Siemens Computers, sieht den Gesetzgeber in einer besonderen Verantwortung: "Selbstverständlich sind wir dafür, dass Urheber für Ihre Werke angemessen vergütet werden. Der Konflikt zwischen den Verwertungsgesellschaften und den Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke darf allerdings nicht auf dem Rücken der IT-Anbieter gelöst werden. Das künftige Urheberrecht in Deutschland darf die IT-Geräte nicht so verteuern, dass unsere Kunden sie nicht mehr kaufen wollen."

Regine Stachelhaus, Geschäftsführerin von Hewlett-Packard ergänzt: "Die Verwertungsgesellschaften missbrauchen eine veraltete Gesetzeslage und lehnen jede vernünftige Reform ab."

Das derzeit bestehende System der pauschalen Urheberrechtsabgaben wurde 1965 eingeführt und hat im analogen Zeitalter lange Zeit funktioniert, weil die Abgaben im Vergleich zum Gerätepreis sehr niedrig waren. Damals kostete ein Kopierer das 50- bis 100- fache von einem heutigen Kopiergerät. Eine Abgabe von über 500 Mark fiel kaum ins Gewicht. Jetzt fordern die Verwertungsgesellschaften Abgaben in gleicher Höhe für ein Multifunktionsgerät, also eine Kombination aus z.B. Drucker, Scanner und ein Faxgerät. Diese Geräte gibt es schon für weniger als 80 Euro zu kaufen. Die Verwertungsgesellschaften fordern dafür über 100 Euro allein an Abgaben. Zuzüglich Mehrwertsteuer müssten die Verbraucher über 121 Euro mehr bezahlen, so die Warnung auf der heutigen Veranstaltung.

An der Pressekonferenz der Teuerland-Initiative nahmen auch Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.), Willy Fischel, Geschäftsführer des BVT (Bundesverband Technik des Einzelhandels e.V.) und Oliver Haubrich, Geschäftsführer der Einkaufskooperation ElectronicPartner teil.

Dr. Rohleder zeigte auch anhand des enormen Zuwachses erfolgreicher Vertriebsmodelle für digitale Inhalte den Weg zu einer seiner Ansicht nach zeitgemäßen Vergütung auf: "Pauschalabgaben sind in der digitalen Welt nicht mehr angemessen, und müssen durch individuelle Vergütungssysteme wie Digital Rights Management Systeme ersetzt werden. Bei diesen Systemen können die Urheber nach tatsächlicher Nutzung transparent vergütet werden."

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Teuerland-Aktion unter www.teuerland.com (mf)