Keine Haftung für Suchmaschinenbetrieber

Thumbnails verletzen das Urheberrecht

20.10.2008
Im Internet ist die Verwendung von Bilder oder digitalen Grafiken beliebt, die als bloße Vorschau für größere Version Verwendung finden. Rechtsanwalt Ullrich Schulte geht der Frage nach, ob solche Thumbnails urheberrechtlich geschützt sind.

Der Vorteil von Thumbnails besteht darin, dass die kleineren Bilder kürzere Ladezeiten aufweisen. Da Bilder fast immer den größten Teil der Datenmenge einer Internetseite ausmachen, verbessern sich da-durch die Ladezeiten der jeweiligen Internetseite insgesamt. Will der Besucher die volle Größe betrachten, kann er die größere Version meist durch einen Klick auf das Vorschaubild abrufen. Dann öffnet sich das Bild in voller Größe.

Da inzwischen auch die Speicherkapazitäten von Suchmaschinen und Bildbearbeitungsprogrammen erheblich ausgeweitet wurden, werden die Vorschaubilder bereits in die Darstellung der Suchtreffer eingestellt. Ebenso lesen moderne Be-nutzeroberflächen wie Windows XP, KDE und GNOME Vorschaubilder automatisch aus. Und weil in der Internetsprache gerne mit Anglizismen gearbeitet wird, kriegt das Kind auch gleich einen englischen Namen.

Die Vorschaubilder werden als Thumbnail bezeichnet (englisch für Daumennagel). In einer Reihe von Urheberrechtsprozessen der vergangenen Jahre ging es deshalb um die Frage, ob derjenige, der die Bildrechte innehat, gegen denjenigen, der sie benutzt, Urheber-rechte geltend machen kann.

Sind Thumbnails urheberrechtlich geschützt?

Alle bislang ergangenen Gerichtsurteile gehen davon aus, dass auch kleinere Vorschaubilder als urheberrechtlich geschützte Werke anzusehen sind (etwa Landgericht Halle, Urt. v. 15.03.2007, Az.: 3 O 1108/05, MMR 2007, 393; ebenso Thüringer OLG, Urt. v. 27.02.2008, Az.: 2 U 319/07). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich in der Regel um eine stark verkleinerte Darstellungen handelt (ausdrücklich: Landgericht Hamburg, Urt. v. 05.09.2003, Az.: 308 O 449/03, MMR 2004, 558). Das bedeutet, dass sich die Urheber der Vorschaubilder grundsätzlich auf ihr Urheberrecht berufen können und Dritte von einer Erlaubnis bedürfen, wenn sie diese Bilder verwenden wollen.

Haften Suchmaschinenbetreiber dafür?

Trotz des bestehenden Urheberrechtes konnten sich die Suchmaschinenbetreiber bislang recht erfolgreich gegen die Inanspruchnahme wehren. Allerdings sind die Begründungen sehr unterschiedlich, und eine höchstrichterliche Entscheidung steht gegenwärtig noch aus.

Das Landgericht Halle hatte eine Klage gegen einen Suchmaschinenbetreiber abgewiesen, weil der Eingriff trotz des bestehenden Urheberrechtes aufgrund einer Einwilligung des Urhebers im konkreten Fall nicht widerrechtlich gewesen sei. Das Gericht betonte, dass Suchmaschinen eben auch den Interessen der Urheber dienen, wenn sie eine eigene Internetseite ins Netz stellen. Sie hätten ein Interesse daran, dass ihre Internetseite auch gefunden und aufgerufen werden könne. Eine Suchanzeige in Form von Thumbnails sei etwa bei der Suche nach Kunstwerken sehr viel aussagekräftiger als Worte, die ein Werk nur unzulänglich beschreiben würden. Aufgrund dieser Interes-senlage sei eine wenigstens konkludente Einwilligung des Urhebers zur Nutzung durch Suchmaschinen anzunehmen.

Das Thüringer Oberlandesgericht hat diese Rechtsansicht des Landgerichtes Halle in der Berufungsinstanz jedoch nicht mitgetragen, ohne dass sich aber am Ergebnis etwas ändert. Das Gericht meinte zwar, an eine konkludente Einwilligung des Urhebers seien strenge Anforderungen zu stellen, die nicht bereits dann vorlägen, wenn man Bilder frei und ohne technische Schutzmaßnahmen ins Internet einstellt. Trotzdem wurde die Urheberklage abgewiesen, weil der Urheber im konkreten Fall dem Suchmaschinenbetreiber den Zugriff auf die Internetseite durch eine nachg-wiesene Suchmaschinenoptimierung erleichtert hatte und den "Crawler" deshalb angelockt habe.

Dazu reiche es aus, dass die Internetseite im Quelltext zahlreiche Meta-Elemente enthalten habe, die ständig aktualisiert worden seien. Deshalb sei das Berufen des Urhebers auf eine fehlende Einwilligung zur Verwertung ihrer Bilder durch Suchmaschinen rechtsmissbräuchlich und treuwidrig im Sinne von § 242 BGB (Verstoß gegen Treu und Glauben).

Einen anderen Weg, aber mit gleichem Ergebnis, wählte das Landgericht Bielefeld, das die Rechtsfrage zu beantworten hatte, ob derjenige, der Thumbnails verwende, ohne über eine Urhebernutzungslizenz zu verfügen, dem Urheber Schadensersatz zu leisten habe. Auch das Gericht in Bielefeld bejaht zwar die Urheberrechte an den Vorschaubildern; verneint aber den Schadensersatzanspruch. Das Gericht meint, Schadensersatz gebe es nur, wenn die Zahlung einer Lizenz der Verkehrssitte entsprechen würde. Eine solche Verkehrssitte habe sich bei der Verwendung von Vorschaubildern noch nicht herausgebildet (Urt. v. 08.11.2005, Az.: 20 S 49/05, CR 2006, 350).

Endgültige Klärung steht noch aus

Das letzte Wort ist bei der Verwendung von Thumbnails allerdings noch nicht gesprochen. Das Thüringer Oberlandesgericht hatte die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die zu klärenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung aufwiesen. Somit ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Bundesgerichtshof dieser Rechtsfragen annehmen wird.

Der Autor Ulrich Schulte arbeitet in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte, Kurfürstendamm 42, 10719 Berlin, Tel.: 030 7152067-0, Fax: 030 7152067-8, E-Mail: schulte@schultelaw.de, Internet: www.dr-schulte.de