Drucktechnologie

Tinte ist nicht tot zu kriegen

13.08.2010 von Armin Weiler
Monochrome Laserdrucker für unter 50 Euro, Farblaser für unter 100 Euro, ist da die Anschaffung eines Tintenstrahldruckers noch sinnvoll? Lange war der niedrige Einstiegspreis eines der Hauptargumente für Tintenstrahler.
Paul Schalk, Leiter Produktmanagement bei Brother: <b>"Tintengeräte werden zunehmend mit Merkmalen ausgestattet, die bisher den Lasergeräten vorbehalten waren. So werden Tintengeräte zu einer echten Alternative für Business-Anwender."</b>

Monochrome Laserdrucker für unter 50 Euro, Farblaser für unter 100 Euro, ist da die Anschaffung eines Tintenstrahldruckers noch sinnvoll? Lange war der niedrige Einstiegspreis eines der Hauptargumente für Tintenstrahler. Doch die Ink-Geräte werden mit konstanten Absatzzahlen weiterhin verkauft.

Allerdings haftet ihnen das Image des teuren Verbrauchs, der schlechteren Druckqualität im Textbereich und der Gefahr des Eintrocknens an, aber die Geräte sind oft besser als ihr Ruf. "Dies ist ein veraltetes und immer noch weit verbreitetes Images, zumindest im B2B-Segment", glaubt Paul Schalk, Leiter Produktmanagement bei Brother. Die TCO-Bilanz sei in den vergangenen zehn Jahren deutlich besser geworden.

Jens Bichler, Product Manager Imaging Solutions bei Lexmark: <b>"Wir haben einen Segmentwechsel hin zu hochwertigen Produkten erfolgreich vollzogen."</b>

Epson-Marketing-Chef Schahin Elahinija sieht ebenfalls eine "Handvoll veralteter Vorurteile". Dies führt der Manager auf "wenig informierte Anwender" zurück. "Wir stoßen noch immer auf die Einstellung, dass Tintendruck nur für den privaten Einsatz taugt und teurer ist als Laserdruck ", berichtet Reiner Drees, IPG-Vertriebsdirektor bei Hewlett-Packard. Drees glaubt aber, dass durch die Einführung professioneller Tintenstrahler "mehr und mehr Endkunden und Handelspartner" von den "deutlich besseren Leistungswerten in bestimmten Einsatzgebieten" überzeugt werden können.

Ähnlich sieht es Jens Bichler, Product Manager Imaging Solutions bei Lexmark. Der Druckerhersteller aus Kentucky hatte in der Vergangenheit mit im Vergleich zu den Gerätekosten hohen Tintenpreisen sicherlich zum Teuer-Image beigetragen. Doch in Lexington hat man umgedacht: "Wir haben einen Segmentwechsel hin zu hochwertigen Produkten erfolgreich vollzogen", erklärt Bichler.

Vorbehalte beim Fachhandel

Schahin Elahinija, Marketingleiter bei Epson: <b>"Leider setzen sich die Vorteile der Tintenstrahldrucker nur langsam durch, da in den vergangenen Dekaden Business-Druck ein Synonym für Laserdruck war."</b>

Doch allein durch passende Produkte wird sich der Imagewandel nicht vollziehen. Gerade beim Fachhandel müssen noch Vorbehalte ausgeräumt werden. In einer von ChannelPartner veranstalteten Podiumsdiskussion zu Drucktechnologien (siehe CP 43/09, S. 22ff.) im September 2009 beklagte Christian Seidl vom Druckersystemhaus Systa die geringen Verdienstmöglichkeiten beim Tintenstrahldruck. Sein Vorwurf: Druckerhersteller schauen zu sehr auf die Anzahl der verkauften Geräte, aber weniger auf die Anzahl der gedruckten Seiten. "Wir sind das verlängerte Sprachrohr der Hersteller und sollten auch bei der finanziellen Seite berücksichtigt werden", forderte er.

Gerade Herstellern wie Epson oder HP, die im Laserbereich viele Komponenten zukaufen müssen, während sie sich im Tintensegment auf eigene Technologie stützen können, geht die Marktentwicklung noch zu langsam: "Die systemischen Vorteile der Inkjets überzeugen: Anwender wählen unter deutlich mehr Papieren aus, sie senken Druckkosten aufgrund eines geringeren Stromverbrauchs und haben bei Fotos und Grafiken die überlegene Druckqualität.

Leider setzen sich diese Vorteile nur langsam durch, da in den zurückliegenden Dekaden Business-Druck ein Synonym für Laserdruck war", beklagt Epson-Manager Elahinija. Trotzdem sieht er eine steigende Nachfrage nach Business-Inkjets. Laut Aussagen der meisten Hersteller bleibt das Verhältnis Laser zu Tinte in etwa gleich. Bei Brother registriert man allerdings innerhalb des Tintenbereichs "eine leichte Verschiebung vom Consumer- zum Business-Segment". Produkt-Chef Schalk führt das auf A3-Tintenstrahl-Multifunktionsgeräte, bei denen Brother noch ein Alleinstellungsmerkmal hat, und auf die höheren Einstiegspreise bei Consumer-Geräten zurück. Bei den A3-MFGs wird HP allerdings diesen Herbst schon nachziehen.

Multifunktionalität ist Trumpf

Adnan Fakhuri, Produktmanager bei Canon: <b>"Grundsätzlich werden auch in Zukunft MFP- und SFP-Geräte parallel existieren, wenn auch mit einem größeren Anteil zugunsten der MFPs."</b>

Dies unterstützt den allgemeinen Trend zu Multifunktionsgeräten. Lexmark und Brother haben sich bereits vollständig aus dem Segment der Single Function Printer (SFP) zurückgezogen. Auch Kodak bietet nur multifunktionale Geräte an. "Der zentrale Trend der Vorjahre hält an. Multifunktionale Geräte lösen die 'Nur-Drucker' weiter ab", weiß Lexmark-Produktspezialist Bichler. "Der SFP-Markt verliert weiterhin an Größe und schrumpft", bestätigt auch Canon-Produktmanager Adnan Fakhuri. Er hat aber eine seit Jahresbeginn steigende Nachfrage im Segment bis 100 Euro ausgemacht. "Grundsätzlich werden auch in Zukunft MFP- und SFP-Geräte parallel existieren, wenn auch mit einem größeren Anteil zugunsten der MFPs", glaubt er.

Während im Office-Bereich der Tintenstrahldruck um seine Daseinsberechtigung kämpfen muss, ist bei bestimmten Spezialanwendungen wie Foto- oder Großformatdruck Tinte die erste Wahl. So können beispielsweise beim Fotodruck die Laserdrucker den Inkjets nicht das Wasser reichen. "Der Markt für Fotodrucker mit speziellen Tinten stabilisiert sich auf einem hohen Niveau", weiß Epson-Manager Schahin Elahinija.

Martin Wadenpohl, Inkjet Systems Business Manager bei Kodak: <b>"Das Fotodrucken zu Hause hat im Vergleich zu anderen Länder wie beispielsweise Großbritannien noch großes Entwicklungspotenzial."</b>

Er sieht in diesem Marktsegment vor allem professionelle Fotografen, Grafiker und ambitionierte Amateure als Kunden. "Für den Heimbereich und in manchen Geschäftsumgebungen ist die Qualität eines Vier-Farb-Inkjets auch für die Ausgabe von Fotos und Grafiken vielfach ausreichend", meint Elahinija. "Fotodruck ist bei vielen B2C-Kunden immer noch ein wichtiges Verkaufsargument", erklärt Brother-Produkt-Chef Schalk.

Der Markt für reine Fotodrucker sei jedoch rückläufig, da die Gesamtfunktionalität eines Gerätes für den Anwender immer mehr im Vordergrund stehe. Während Schalk davon ausgeht, dass die großen Wachstumsraten beim Fotodruck vorbei sind, sieht Martin Wadenpohl, Inkjet Systems Business Manager bei Kodak, noch Platz nach oben: "Das Fotodrucken zu Hause hat im Vergleich zu anderen Ländern wie beispielsweise Großbritannien noch großes Entwicklungspotenzial", glaubt der Kodak-Manager.

WLAN liegt im Trend

"Cloud Printing ist die Innovation des Jahrzehnts." Reiner Drees, IPG-Vertriebsdirektor bei Hewlett-Packard

In einem Punkt sind sich die Tintenstrahlhersteller einig: Die Technologie wird weiter ihren Platz einnehmen und sogar an Bedeutung gewinnen. Die Industrie forscht weiter. Die "Tinten kontinuierlich verbessern", um damit eine höhere Druckqualität, eine brillantere Farbdarstellung und eine höhere Reichweite zu erzielen, nennt HP-Vertriebsdirektor Drees als Ziel.

Doch nicht nur die Druckqualität steht im Fokus der Produktentwickler. Der Ausstattungsumfang der Geräte steigt. Ein wesentlicher Punkt dabei ist die Konnektivität. So ist bei vielen Geräten Netzwerk- und WLAN-Funktionalität schon Standard. "WLAN und insbesondere WLAN-n wird 2010 und 2011 der Trend in privaten Haushalten sein", prognostiziert Lexmark-Mitarbeiter Bichler. "Wireless, Netzwerkunterstützung, Anbindung an eine bestehende Infrastruktur, eine einfache Bedienung und das Design spielen für Drucker in Büroumgebungen heute eine erheblich größere Rolle als noch vor einigen Jahren", ergänzt Schahin Elahinija von Epson. Er sieht neben "üblichen Verbesserungspotenzialen wie Geschwindigkeit, Druckqualität und viele Papierquellen" noch genug Raum für Fortschritte.

Laut Brother-Produktchef Schalk wird sich der Trend in Richtung B2B fortsetzten: "Tintengeräte werden zunehmend mit Merkmalen ausgestattet, die bisher den Lasergeräten vorbehalten waren. Durch Features wie das A3-Format, eine hohe Papierkapazität und Netzwerkanbindung werden Tintengeräte zu einer echten Alternative für Business-Anwender", glaubt er.

Mit dem steigenden Funktionsumfang wird allerdings auch die Bedienung der Geräte komplexer. Die Herausforderung für die Hersteller liegt darin, neue Features zu implementieren, die Bedienung aber möglichst simpel zu gestalten. "Einfache Handhabung der Basisfunktionen", heißt dies bei Kodak. An "neuen knopflosen Bedienkonzepten mit kontextbezogener, situativer Menünavigation" arbeitet Lexmark.

Ein Weg ist dabei die Bereitstellung bestimmte Applikationen. Der Nutzer implementiert nur die Anwendungen, die er wirklich braucht. Die sogenannten Apps können beispielsweise für einen bestimmten Vorgang verschiedene Arbeitsschritte zusammenfassen und vereinfachen. Auch Cloud Computing geht nicht an der Druckerindustrie vorbei: "Cloud Printing ist die Innovation des Jahrzehnts. Fotos, Präsentationen oder andere Dokumente von überall auf der Welt per E-Mail an einen ausgewählten Drucker zu senden ist eine Weiterentwicklung, die zwar nicht auf Tintenstrahldrucker beschränkt ist, aber das Druckverhalten sicherlich ändern wird", prophezeit HP-Manager Reiner Drees. (awe)