Experten-Rat

Tücken der betrieblichen Altervorsorge

11.08.2008
Rechtsanwalt Peter Krebühl rät zur Vorsicht bei Vorsicht bei sogenannten gezillmerten Versicherungstarifen.

Entgeltumwandlungsvereinbarungen können unwirksam sein, mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch wieder auf lebt.

In vielen Fällen vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einem Gehaltsumwandlungsvertrag zur betrieblichen Altersversorgung, dass ein Teilbetrag des monatlichen Grundgehalts direkt als monatliche Versicherungsprämie in eine Versorgungs- oder Pensionskasse eingezahlt wird. Diese bei Arbeitnehmern wegen der steuerlichen Vorteile beliebte Form der Altersvorsorge hat ihre Tücken.

Häufig wird bei dieser Form der betrieblichen Altersvorsorge ein sogenannter gezillmerter Versicherungstarif gewählt. Dabei werden mit den eingezahlten Beiträgen gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit alle Abschluss- und Vertriebskosten getilgt. Probleme tauchen dann auf, wenn bei vorzeitiger Auflösung des Versicherungsvertrages, beispielsweise wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der Rückkaufswert - zum Teil erheblich - unter der Summe der einbezahlten Beiträge liegt.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht stellt sich dann die Frage, inwiefern der Arbeitnehmer im Vorfeld über mögliche Verluste aufgeklärt werden muss. Und ob der Arbeitgeber von seiner vertraglich geschuldeten Vergütungspflicht frei werden kann, wenn der Arbeitnehmer anstelle des geschuldeten Entgelts kein gleichwertiges Äquivalent erhält.

Arbeitsgericht schafft Klarheit

Das Landesarbeitsgericht München1 hat mit seiner Entscheidung vom März 2007 hier, zumindest vorerst, Klarheit geschaffen: Eine Arbeitnehmerin vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber, dass von ihrem Bruttogehalt monatlich jeweils € 178,00 abgezogen und als Versicherungsprämie an eine Versorgungskasse weitergeleitet werden. Als Gegenleistung bekam die Arbeitnehmerin von der Versorgungskasse eine Versorgungszusage als Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Die Versorgungskasse schloss sodann auf die Arbeitnehmerin eine (gezillmerte) Rückdeckungsversicherung in Form einer Lebensversicherung über eine Altersversorgung ab.

Nachdem 35 monatliche Prämien in Höhe von insgesamt 6.230,00 Euro einbezahlt wurden, endete das Arbeitsverhältnis. Eine Fortführung des Versicherungsvertrages kam für die Arbeitnehmerin nicht in Betracht.

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte die Lebensversicherung einen Rückkaufswert von 639,00 Euro. Die Differenz zwischen den vom monatlichen Arbeitsentgelt abgezogenen Prämien und dem Rückkaufswert in Höhe von 5.591,00 Euro konnte die Arbeitnehmerin nach Auffassung des LAG München von ihrem Arbeitgeber ersetzt verlangen. In dieser Höhe wurde ihr Arbeitgeber nicht von seiner vertraglich geschuldeten Vergütungspflicht frei.

Begründet hat das LAG München seine Entscheidung zum einen damit, dass § 1 Abs. 2 Ziffer 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) verlange, dass eine im Wege der Gehaltsumwandlung begründete Versorgungsanwartschaft dem umgewandelten Arbeitsentgelt objektiv wertgleich sei. Davon könne in diesem Fall - bei einem Verlust von ca. 90 Prozent - "nicht ansatzweise die Rede sein".

Zum anderen scheitert die Entgeltumwandlungsvereinbarung zumeist an der Inhaltskontrolle des § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Ziffer 1 BGB. Eine Benachteiligung des Arbeitnehmers, die entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen ist, liegt vor, wenn der Arbeitgeber - wie hier - formularmäßige Gehaltsumwandlungsverträge nutzt, in denen er nicht deutlich auf die möglichen finanziellen Verluste bei kurzer Vertragslaufzeit hinweist. Darüber hinaus unterlaufe die Zillmerung einer solchen Versicherung, die die Höhe der Versorgungszusage bestimme und im Ergebnis wesentlich minimiere, den Grundgedanken der Portabilität der Betriebsrentenansprüche gemäß § 4 BetrAVG. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung seiner Anwartschaft beziehe sich nämlich jeweils auf den aktuellen Übertragungswert. Dies habe zur Folge, dass der Arbeitnehmer bei gezillmerten Versicherungstarifen bei jedem Arbeitsplatzwechsel und neuem Entgeltumwandlungsvertrag praktisch immer wieder bei Null anfangen müsse.

Zuletzt sei auch ein Verstoß gegen die Grundsätze der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs2 und des Bundesverfassungsgerichts3 erkennbar, wonach auch bei einer vorzeitigen Beendigung von gezillmerten (Lebens-)Versicherungstarifen gewährleistet sein muss, dass die in Abzug zu bringenden Abschluss- und Vertriebskosten im Verhältnis zu den vom Versicherer erbrachten Leistungen angemessen sind.

Fazit: Der Arbeitgeber geht ein erhebliches Risiko ein, wenn er mit seinen Arbeitnehmern im Rahmen von Entgeltumwandlungsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung gezillmerte Versicherungstarife abschließt. Er muss damit rechnen, dem Arbeitnehmer die "umgewandelten" Gehaltsanteile zurückerstatten zu müssen. Es bleibt abzuwarten, wie die Versicherer mit dieser Thematik umgehen werden. Die Problematik ist der Branche durchaus bewusst und es ist eine zunehmende Bereitschaft erkennbar, den Arbeitgebern zur Entlastung den Rückkaufswert aufzustocken.

Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Kontakt und weitere Informationen: Rechtsanwalt Peter Krebühl, Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Kaiserstrasse 44, 60329 Frankfurt am Main, Tel. 069/ 24 26 89-0, Fax: 069/ 242689-11, E-Mail info@k44.de www.k44.de (mf)