Überschuldung einer GmbH trotz Gesellschafterdarlehen?

28.04.2006 von Hagen Prühls
Wenn der Geschäftsführer einer GmbH deren Überschuldung feststellt, lässt sich die Insolvenz der Gesellschaft nicht durch Hingabe eines Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens vermeiden.

Wenn der Geschäftsführer einer GmbH deren Überschuldung feststellt, lässt sich die Insolvenz der Gesellschaft nicht durch Hingabe eines Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens vermeiden - es sei denn, der Gesellschafter gibt zusätzlich eine Rangrücktrittserklärung ab.

In einem vom Oberlandesgericht (OLG) Schleswig entschiedenen Fall (Az. 7 U 166/03), hatte der Kläger A gegenüber der X-GmbH Zahlungsforderungen. Nachdem die Gesellschaft insolvent geworden war, nahm A den früheren Geschäftsführer M persönlich in Anspruch, und zwar wegen Insolvenzverschleppung. M war der Auffassung, die GmbH sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht überschuldet gewesen, da er und weitere Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen gegeben hätten.

Das OLG gab der Zahlungsklage des A statt. Das Gericht bejahte eine vor der Auftragserteilung an A bereits bestehende Insolvenzantragspflicht des M wegen Überschuldung der GmbH.

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners (hier: der GmbH) die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Eine solche rechnerische Überschuldung ergibt sich aus einer Überschuldungsbilanz.

Die Überschuldung entfiel nach Ansicht des Gerichts nicht durch die von den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern gewährten Darlehen. Solche Darlehen seien nämlich in der Überschuldungsbilanz zu passivieren, wenn der Gesellschafter keine Rangrücktrittserklärung abgegeben hat. An solchen Rangrücktrittserklärungen habe es im Streitfall gefehlt.

Das OLG bestätigte mithin das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs des A gegen M. Dieser Anspruch sei auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet. Dies bedeutet, dass der A so zu stellen ist, wie er stünde, wenn der Vertrag mit der GmbH nicht abgeschlossen worden wäre. Der Ersatz eines eventuellen Gewinnaufschlags kann daher nicht verlangt werden.

Wollen Gesellschafter ihrer Gesellschaft unter die Arme greifen, müssen sie eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung für ihre Gesellschafterdarlehen abgeben. Nur in einem solchen Fall sind die Darlehen in der Überschuldungsbilanz nicht zu passivieren. Die Formulierung eines Rangrücktritts kann so lauten: "Die Forderung (des Gesellschafters) kann nur aus künftigen Gewinnen, einem etwaigen Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigenden Vermögen beglichen werden."

Steckbrief des Autors + Buchtipp:

Dr. Hagen Prühs ist Autor des GmbH-Ratgebers "GmbH-Geschäftsführer: Rechten und Pflichten". Das in 3. Auflage erschienene Werk im Umfang von 203 Seiten ist für 24,80 Euro beim VSRW-Verlag, 53179 Bonn, oder im Internet unter www.vsrw.de erhältlich. (mf)