Tipps für Lizenzen

Unfaire Bedingungen

17.10.2011 von Kolja Kröger
Den IT-Anwendern stinkt so manche Lizenzbedingung der Softwarefirmen. Wir geben Tipps gegen unfaire Verträge.
In Lizenzverhandlungen sollte man auf eigene Forderungen bestehen, sagt Forrester-Analyst Duncan Jones.

Als SAP im Jahr 2008 plötzlich seine Support-Gebühren um 30 Prozent anhob, gingen die Anwender auf die Barrikaden. Der Software-Riese nannte seine neue Dienstleistung "verbesserten Enterprise Support" – ließ den Kunden aber keine Wahl, als ihn zu kaufen.

Aber die Anwender wählten dennoch. Sie überlegten sich zweimal, ob sie bei Rollouts mitmachen oder weitere Module kaufen sollten. Unterstützt wurden sie noch durch die Wirtschaftskrise, so dass SAP im Jahr darauf über weite Strecken nur halb so hohe Erlöse mit seinen Lizenzen erzielte. Das Ergebnis: Der Anbieter ruderte zurück, bot wieder einen günstigeren Standard Support an und ließ den Preis des verbesserten Enterprise Support langsamer steigen.

Diese Episode erzählt Forrester-Analyst Duncan Jones in seinem Report "Buyers Should Reject Unfair Licensing Rules", um eines zu verdeutlichen: Anwender können sich wehren, wenn sie sich von den großen Softwareanbietern wie Oracle, Microsoft, SAP oder IBM über den Tisch gezogen fühlen.

Dass Anwender häufig von Lizenzbedingungen und -veränderungen häufig genervt sind, zeigt eine Erhebung von Forrester in 125 verschiedenen Firmen und Organisationen. Auf den nächsten Seiten erfahren Sie, welche Lizenzbedingungen den Kunden besonders oft aufstoßen.

Was den Anwendern stinkt

a) 89 Prozent der Befragten halten es für unfair, wenn der Softwareanbieter nach Gutdünken seine Spielregeln ändern kann . So sind viele Firmen klammheimlich dazu übergangen, Gebühren nicht nach Prozessoren, sondern nach Kernen zu berechnen – ohne dies im Vertrag festzuhalten. Forrester kann die Unzufriedenheit gut nachvollziehen. "Welchen Sinn hat ein Vertrag, wenn eine der Parteien zentrale Bedingungen jederzeit ändern kann." Sollte man plötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt werden, rät Forrester, sich nicht ohne formale Zustimmung darauf einzulassen.

b) Über Upgrades, die als komplett neues Produkt verkauft werden, regeln sich ebenfalls 89 Prozent auf – wenn man also zusätzlich löhnen muss, um in den kompletten Genuss eines Upgrades zu kommen. Doch dieses Ärgernis sollte bald der Vergangenheit angehören, meint Forrester. Der Trend zu Cloud und SaaS zwinge Anbieter dazu, ihre Produkte ständig zu verbessern – ohne extra dafür zu kassieren. Ansonsten rennen ihnen die Kunden weg.

c) Dass der Support teurer wird, wenn man sich von überflüssigen Lizenzen trennt, sehen 91 Prozent als unfair an. Bisher leiste sich dies nur Oracle, sagt Forrester und beanstandet dies: "Es gibt keine Rechtfertigung dafür, Kunden Support für Software in Rechnung zu stellen, die sie gar nicht nutzen." So manche Firma habe Oracle-Programme nur deswegen in den Regalen, weil sie dem Katalog oft nur schwer entnehmen könnten, welche Lösung für ihre Anforderungen die richtigen sind.

d) 86 Prozent der Befragten stinkt es, wenn sie für alle Prozessoren eines Servers, der partitioniert ist, zahlen müssen. Zwar sei es schon gerecht, sagt Forrester, wenn man den Prozessor als für die Preisgestaltung heranzieht – weil er als sinnvoller Richtwert für den Wert dienen kann, den der Kunde aus der vom Prozessor ermöglichten Leistung ziehen kann. "Aber das Partitionieren mindert diese Leistung – diesen Fakt zu ignorieren zerschlägt demnach die Verbindung zwischen Wert und Leistung."

e) Von Anbietern, die auf den Kauf aller Lizenzen vor der Implementierung bestehen, fühlen sich 90 Prozent über den Tisch gezogen. So haben sich manche Anwenderfirmen Forrester zufolge auf Drei-Jahres-Verträge eingelassen und sitzen nun auf einem Berg voller ungenutzter Lizenzen, weil sie einfach nicht so viele User haben wie gedacht. Auch Forrester sagt: Die Bezahlung sollte sich am bereits gelieferten Wert orientieren. Andernfalls "werden Käufer gedrängt, etwas zu tun, das nicht im besten Sinne ihrer Firma ist – weil Langzeitflexibilität mehr Wert sein kann als kurzfristige Einsparungen."

Zähne zeigen in Lizenzverhandlungen

Ein Licht am Ende des Tunnels dieser Softwarepolitik sieht Forrester aber unter anderem deswegen, weil die ersten Anbieter echte Alternativen bieten – mit Lizenzmodellen ohne die genannten Fallstricke. Außerdem werde durch die Kombination aus Cloud plus Mobilität das alte Server/PC-Konzept bald überflüssig für die Lizenzgestaltung. Bevor es soweit ist, rät Forrester zu entschlossenem Auftreten.

Das heißt: Zähne zeigen in den Lizenzverhandlungen und nicht locker lassen mit den eigenen Forderungen. Wer konkrete Projekte nennen kann, die sich mit den Lizenzvorstellungen des Anbieters beißen, sollte sie in Verhandlungen präsent haben – anstatt über Eventualitäten zu reden. Und im eigenen Haus müssen die Kollegen davon überzeugt werden, dass das Seelenheil nicht von einem einzigen Anbieter allein abhängt. (CIO/tö)