Self-Service bei Embargos

Unpräzise Sanktionen lähmen Exportunternehmen zusätzlich

02.04.2015 von Marco Lenck
Aufgrund der Sanktionen gegen Russland müssen viele Unternehmen in Deutschland Sondergenehmigungen für die Ausfuhr bestimmter Exportgüter einholen. Und das führt für einige Exportfirmen zu Problemen.

Seit den ersten Wirtschaftssanktionen im Mai 2014 erwies sich das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für viele deutsche Unternehmen als unangenehmer Flaschenhals. Denn dort werden sämtliche Ausnahmeanträge für Russland-Exporte bearbeitet, um Güter trotz Handelsbeschränkungen ausführen zu dürfen.

Bis zu einer Bewilligung der Ausfuhr eines Produktes können sowohl vor- als auch nachgelagerte Produktionsabläufe ins Stocken geraten.
Foto: CC3.0, Vwpolonia75

Dazu muss jedoch proaktiv nachgewiesen werden, dass diese Waren oder Dienstleistungen den Zweck des Embargos nicht erfüllen. Nur dank erhöhtem Personaleinsatz im Bundesamt war der Umfang an Anfragen im angemessenen Tempo zu bewältigen. Mit Inkrafttreten der Sanktionen meldeten sich vergangenes Jahr bis zu 200 Anrufer täglich bei der eigens dafür eingerichteten Hotline. Laut eigenen Angaben entspannte sich die Lage beim BAFA jedoch mit einer Präzisierung von Anhang II des Russland-Embargos Ende 2014.

Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist

Neben den Abläufen, die bei Embargos innerhalb der Wertschöpfungskette neu strukturiert werden müssen, können Unternehmen erst mit offiziellem Inkrafttreten der Restriktionen entsprechende Maßnahmen nach außen ergreifen. Ein großes Problem besteht nun darin, für jedes einzelne Produkt eine eigene Sonderfreigabe anzufordern. Der bürokratische Aufwand, der damit verbunden ist, verlangsamt die Geschäftsprozesse - bis hin zum zeitweisen Stillstand. Dabei könnten Firmen einen Sondergenehmigungsprozess beim BAFA schon frühzeitig anstoßen - womöglich bevor ein Embargo tatsächlich in Kraft tritt - wenn sie über konkrete Inhalte vorab informiert würden. Je flexibler Unternehmen auf neue Umstände reagieren und Prozesse selbst steuern können, desto weniger Abhängigkeiten entstehen.

If-Then-Szenarien: Vorbereitung ist alles

Bis zu einer Bewilligung der Ausfuhr geraten bisher sowohl vor- als auch nachgelagerte Produktionsabläufe ins Stocken. If-Then-Szenarien lassen sich angesichts der eher unpräzisen Verbote bisher nur schwer durchspielen. Deswegen ist für Unternehmen die Frage von Bedeutung, wie sie damit umgehen können, wenn eigene Güter tatsächlich betroffen sind und Prozesse behindert werden. Detaillierte Informationen, wie z.B. zu konkreten Produktgruppen oder ganzen Unternehmen, bilden hier eine wichtige Basis. Allein die Präzisierung, die Ende 2014 deutlich klarer definierte, welche Güter vom Embargo betroffen sind und nur durch eine Sondergenehmigung weiter mit Russland gehandelt werden dürfen, zeigte auch im Bundesamt direkte Wirkung. Seitdem, so bestätigt das BAFA, sind die Zahlen der Ausnahmeanträge rückläufig, wenn auch weiterhin auf hohem Niveau.

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Standards statt Self-Service

Aber nicht nur die Politik ist gefordert. Grundsätzlich sollten in Deutschland Standards geschaffen werden für Sanktionen, Embargos und Regulierungen, um Situationen wie diese zu erleichtern. Die Sanktionen zeigen, dass auch die IT noch nicht ausreichend gerüstet ist. Damit Prozesse problemlos ablaufen, sind flexible Systeme nötig, die sich schnell an veränderte Situationen anpassen lassen, vielleicht sogar ausgestattet mit automatisierten Kommunikationsschnittstellen zu Behörden. Könnten Unternehmen schneller auf derartige Veränderungen reagieren, wäre ein Handlungsspielraum und damit Sicherheit geschaffen, die sie aktuell nicht haben. Die informationstechnischen Voraussetzungen, wie ERP- und CRM-Systeme sowie Vernetzung für eine frühzeitige Reaktion auf sich verändernde Prozesse sind zwar in nahezu allen Unternehmen in Deutschland vorhanden, aber es mangelt noch an definierten Standards. (bw)