Mehr Business-Funktionen

Unternehmens-Software für iPhone und iPod Touch

25.04.2008 von Peter Müller
Für Business-Anwender war das iPhone ursprünglich nicht gedacht. Der Kritik, man könne das schicke Telefon nicht als Alternative zu Blackberry und Co verwenden, entgegnet Apple mit der iPhone-Software 2.0.

Für Business-Anwender war das iPhone ursprünglich nicht gedacht. Der Kritik, man könne das schicke Telefon nicht als Alternative zu Blackberry und Co verwenden, entgegnet Apple mit der iPhone-Software 2.0., erklären unsere Kollegen der Macwelt. Diese Entwicklung dürfte auch für den Handel durchaus interessant sein:

"Schön ist ja schon, aber kann ich damit auch meine Lotus-Notes-Mails lesen?" - "Ist die virtuelle Tastatur nicht hakliger als die des Blackberry?" - "Was passiert mit meinen vertraulichen Daten, wenn ich das Telefon verliere?": Fragen aus der Unternehmenswelt, von einer Zielgruppe, die Apple mit ersten iPhone wohl eher nicht im Blick hatte. Das schicke, smarte und leicht zu bedienende Apple-Handy fand jedoch von Anfang an Anklang im mittleren und höheren Management.

Alle Bedenken sind noch nicht zerstreut, IBM nennt nach anfänglicher Euphorie noch keinen Termin für einen Notes-Client und an die virtuelle Tastatur muss man sich erst gewöhnen, bevor man halbwegs fehlerfrei tippt. Die Fernlöschung von kritischen Daten wird jedoch eine wesentliche Funktion der neuen iPhone-Software sein, zahlreiche Entwickler haben Software auf SDK-Basis oder als WebApps angekündigt oder bereits in Betrieb.

Mit den Geschäftskunden hat Apple eine ganz neue Klientel mit besonderen Wünschen im Visier. Manager nutzen derzeit noch überwiegend den Blackberry der kanadischen Firma RIM, sind für Anbieter vergleichsweise teurer Smart Phones aber natürlich eine attraktive Zielgruppe: Laut der Marktforscher von Canalys ist das iPhone schon vor Erscheinen der Firmware 2.0 Nummer drei unter den Smartphones.

Ein Business-Handy muss andere Voraussetzungen erfüllen als ein Mobiltelefon, das privat genutzt wird. Zum Beispiel verlangen viele Firmen, dass sich alle Daten auf dem Handy bei Verlust von einem Server aus löschen lassen, Apple erfüllt diese Forderung mit seinem iPhone 2.0. Darüber hinaus gibt es einen besseren Zugriffsschutz anstelle der einfachen PIN und Zugriff auf geschützte WLAN-Verbindungen (WPA2 wird künftig unterstützt).

Auch sind die Möglichkeiten, VPN-Verbindungen aufzubauen und Werkzeuge, mit denen eine Firma erzwingen kann, dass gewisse Sicherheitsmaßnahmen vom iPhone-Besitzer nicht abgeschaltet werden, mit an Bord. Praktisch: Größere Firmen können künftig die entsprechenden Werte von einer zentralen Stelle auf mehreren iPhones einstellen ("remote installation/remote configuration").

Microsoft Exchange statt Lotus Domino

Wichtigster Punkt aber dürfte auch hierzulande die Integration mit Microsoft Exchange Server werden. Das iPhone bekommt von Apple ein Active-Sync-Plug-in (entwickelt mit einer Lizenz von Microsoft), so dass man als iPhone-Besitzer direkt auf den Server zugreifen kann. Ein Push-Mail-Dienst wie Blackberry ist nicht notwendig. Die einseitige Festlegung auf Exchange hat jedoch auch für Kritik gesorgt, SAPs Senior Vice President Mike de la Cruz führt in einem Interview mit der Businessweek aus, dass etwa 20 Prozent der großen Firmen ein anderes Kommunikationssystem verwendeten, etwa Lotus Domino von IBM.

Wie erwähnt, ist ungewiss, wann IBM den Lotus-Notes-Client fertig stellt, ab Juni kann das iPhone via Activesync künftig E- Mails, aber auch Termine, Notizen und Adressdaten direkt von einem Exchange-Server bekommen. Apples Marketingboss Phil Schiller zeigte während des Special Events Anfang März unter anderem, wie ein iPhone-Besitzer einen neuen Kontakt in das Adressbuch einträgt und diese Daten sofort im zentralen Firmenadressbuch von Exchange landen.

Umgekehrt erhält der iPhone-Besitzer eine Änderung der Telefonnummer sofort vom Server zurückgemeldet. Alle diese Dienste lassen sich über die Daten dienste des Mobilfunknetzes praktisch in Echtzeit abwickeln. Großer Pluspunkt ist dabei, so Phil Schiller, dass E-Mails, Kontakte und Termine auf dem iPhone genau dort landen, wo heute schon die manuell eingetragenen Informationen gespeichert werden.

Firmen steuern mit WebApps und nativer Software

Microsoft lizenziert nicht nur Active Sync für das iPhone, sondern ist auch selbst an der Entwicklung nativer Software interessiert. Denn der mobile Zugriff auf Unternehmensdaten ist das eine, einen Office-Client würde sich mancher Manager wünschen, um unterwegs Excel-Sheets oder Powerpoint-Präsentationen zu bearbeiten. Tom Gibbons, Vize-Präsident der Devices and Publications Group Microsofts, hat dem Wirtschaftsmagazin Fortune bereits angekündigt, die Entwicklung eines Office-Client voranzutreiben: ?Wir haben Erfahrung mit der Plattform, das macht uns zuversichtlich, etwas zu machen.?

Erste Erfahrungen mit dem iPhone hat der zweitgrößte Anbieter von Unternehmenssoftware SAP bereits gesammelt. Das Custumer Relationship Management SAP CRM 2007 hat einen Webclient bekommen, mit dem Verkäufer von unterwegs Zugriff auf ihre Kundendaten erhalten. Vor allem modebewusste Außendienstler, die mit ihrem schicken Apple-Handy beim Kunden auffallen wollen, will SAP damit ansprechen. Der Client steht jedoch auch für andere, weniger hippe mobile Plattformen bereit. Trotz Kritik an der Provider-Bindung und dem noch fehlenden Zugang zu Lotus Domino, hält die SAP große Stücke auf das iPhone-SDK und wähnt Apple auf dem richtigen Weg: ?Sie fangen klein an, so wie sie das tun sollten,? meint de la Cruz gegenüber der Businessweek. SAP werde für das iPhone neben dem Web-Client eine native Software entwickeln.

Der Ottobrunner Hersteller von Software für kleinere und mittlere Unternehmen Topix wartet nicht auf das iPhone-SDK. Schon seit letztem Herbst hat Topix einen iPhone-Client für seine Lösung Topix:5 im Angebot. Die WebApp bietet von unterwegs Zugriff auf den gesamten Datenbestand, der in der modularen CRM-Software hinterlegt ist. Adress- und Termindaten lassen sich ohne weiteres mit denen auf dem iPhone abgleichen, Angebote erstellen oder Überblick über die aktuelle Auftragsabwicklung gewinnen.

Killerapplikation Telefon

Dank iPhone-SDK und WebApps - ?gehackte? Software verbietet sich im Unternehmensumfeld von selbst - wird das Apple-Handy zur mobilen Plattform. Doch: ?Was ist die Killer-Applikation für ein Handy?? fragte Steve Jobs bei der Weltpremiere des iPhon vor 15 Monaten rhethorisch und gab die Antwort: ?Telefonie!? Gemeint hatte der Apple-CEO seinerzeit unter anderem die kluge Anbindung der Telefonfunktionen an das Adressbuch, SMS im iChat-Look und Visual Voicemail. Schön - aber für das Unternehmensumfeld nicht genug. Der ITK-Ausrüster Avaya hat eine Software angekündigt, die das iPhone zu einem vollwertigen Endgerät im Firmentelefonnetz zu machen verspricht. Mit Avaya one-X Mobile erhalten Anwender laut Hersteller Zugriff auf alle Funktionen ihres Bürotelefons und können etwa Sprachnachrichten anhören und lesen, Konferenzen schalten, Gespräche zu einem anderen Anschluss umleiten oder verbinden sowie Gesprächspartner per Kurzwahl anrufen. Noch ist die auf der Cebit vorgestellte Software in Entwicklung, in den USA soll sie im zweiten Quartal erscheinen, auch für andere mobile Plattformen.

iPhone im Praxistest

Ob das iPhone in der Praxis hält, was die Theorie verspricht, testet laut Computerworld derzeit eine US-Finanzfirma. Aufgrund von Unternehmensregeln muss der Name der Firma geheim bleiben und die Tester anonym. Insbesondere in der Finanzbranche gelten verschärfte Sicherheitsregeln, welche das Apple-Handy womöglich nicht einhalten könne. Seinen Kunden erlaube die Institution jedoch, auch mit der bisherigen iPhone-Fassung online auf Konten zuzugreifen und Aktiengeschäfte zu tätigen. Man habe ?eine Menge Zugriffe? via iPhone, was die Popularität des Gerätes zeige. Der Praxistest mit dem iPhone im internen Gebrauch solle genau mögliche Mängel des Apple-Handys aufzeigen: ?Wie müssen aus erster Hand erfahren, seine Möglichkeiten verstehen und genau sagen können, was noch fehlt,? erklärt ein Manager die Intention des Experiments. (macwelt/cm)