Landgericht München

usedSoft darf mit Microsoft-Software handeln

14.05.2008
Weiterverkauf einzelner Software-Lizenzen aus Microsoft-Volumenlizenzverträgen ist grundsätzlich rechtmäßig

Einzelne Software-Lizenzen aus Microsoft-Volumenlizenzverträgen dürfen "gebraucht" weiterverkauft werden. Dies entschied das Landgericht München I im Rahmen eines Kaufpreiszahlungsprozesses am 4. April 2008 (Aktenzeichen 30 O 8684/07). Das Urteil ist nun rechtskräftig.

Das Landgericht München urteilte, "dass der Verkauf bzw. die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen abgegeben worden waren, auch ohne Zustimmung von Microsoft im Grundsatz wirksam möglich ist" Das heißt konkret: Verkauft Microsoft mehrere Nutzungsrechte in einem Volumen-Paket mit z.B. nur einer Master-CD, erschöpft sich sein Verbreitungsrecht trotzdem in Bezug auf jede einzelne Lizenz. Diese dürfen folglich auch einzeln weiterverkauft werden, und nicht nur in Form des ursprünglichen Pakets. Das Gericht verwarf mit diesem Urteil die Rechtsauffassung von Microsoft, nach welcher der Käufer einer Volumenlizenz keine Einzellizenzen erwirbt, sondern nur ein Vervielfältigungsrecht.

Das Landgericht München nimmt ausdrücklich Bezug auf das Urteil des Landgerichts Hamburg, das bereits im Juni 2006 den Weiterverkauf einzelner Microsoft-Lizenzen aus Volumenlizenzverträgen für zulässig erklärt hatte (Aktenzeichen 315 O 343/06). Das Landgericht München schloss sich dieser Rechtsauffassung an.

"Dieses am Microsoft-Gerichtsstand München verkündete Urteil ist richtungweisend", kommentierte usedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider die Entscheidung. "Von einer Uneinigkeit der Gerichte kann nun keine Rede mehr sein." Die Software-Hersteller hatten in der Vergangenheit die angeblich unsichere Rechtslage im Handel mit Gebraucht-Software immer mit diesem Argument begründet. "Tatsächlich hat eine solche Uneinigkeit nie bestanden", ergänzte Schneider.

Bisher hatte die Firma Microsoft immer wieder versucht, den Handel mit gebrauchter Software "zu kriminalisieren", wie Schneider meint. Dazu hatte sich Microsoft auf den laufenden Rechtsstreit zwischen Oracle und usedSoft berufen. Darin hatte das Landgericht München - in einem noch nicht rechtskräftigen - Urteil entschieden, online übertragene Oracle-Software dürfe nicht weiterverkauft werden. Microsoft hatte seitdem immer wieder behauptet, dieses Urteil gelte auch für Microsoft-Lizenzen. Und dies, obwohl führende Rechtswissenschaftler dieser Argumentation stets massiv widersprochen hatten.

Das Landgericht München wies nun ausdrücklich darauf hin, dass die beiden Fälle nicht vergleichbar seien: "Vorliegend wurde jedoch unstreitig - anders als in dem vom Landgericht München I entschiedenen Fall - keine per Download über das Internet zur Verfügung gestellte Software verkauft. Die Klägerin hat vielmehr an die Beklagte Microsoft-Software verkauft, die von der Firma Microsoft als Volumenlizenz mit Masterkopie zur Verfügung gestellt wurde."

Das Gericht betonte in der Urteilsbegründung zudem, dass Microsoft von der Lizenzübertragung an den beklagten Händler zwar offensichtlich Kenntnis hatte, aber darauf verzichtete, wegen Urheberrechtsverletzung zu klagen. So heißt es auf Seite 9 des Urteils: "Aus dem Vortrag der Beklagten (...) ergibt sich außerdem, dass die Firma Microsoft weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber den Endkunden der Beklagten Verletzungen ihres Urheberrechts geltend macht, obwohl die Beklagte, jedenfalls nach ihrem eigenen Vortrag, mit der Firma Microsoft in Kontakt getreten ist."

"Hier zeigt sich erneut, dass Microsoft insgeheim offenbar selbst davon ausgeht, dass der Software-Gebrauchthandel absolut legal ist", betonte Peter Schneider. "Stattdessen hat sich der Monopolist darauf verlegt, seine Kunden massiv einzuschüchtern. Damit ist aber jetzt endgültig Schluss."

Dem Urteil liegt eine Klage des führenden europäischen Gebrauchtsoftware-Händlers usedSoft gegen ein IT-Unternehmen zugrunde. Das beklagte Unternehmen hatte gebrauchte Microsoft-Lizenzen bei usedSoft erworben, nach Lieferung jedoch die Zahlung verweigert. Als Grund schob das Unternehmen Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit vor, weil die gekaufte Software aus aufgesplitteten Volumenlizenzen stammte. Das Landgericht München hat das beklagte Unternehmen nun dazu verurteilt, den vereinbarten Kaufpreis in voller Höhe zu zahlen. (mf)