Interview mit EP-Chef Ehmer

„Verbundgruppen sollten Services gemeinsam vermarkten“

06.03.2013 von Matthias Hell
Eine schlagkräftige Online-Plattform statt viele Insellösungen – im ChannelPartner-Interview fordert ElectronicPartner-Chef Jörg Ehmer Expert und Euronics auf, sich an dem Service-Portal Plusanschluss.de zu beteiligen. Außerdem erklärt der EP-Vorstandssprecher, mit welcher Strategie die Verbundgruppe in diesem Jahr punkten will und warum der Einstieg von EP bei Notebooksbilliger.de nicht mit der Beteiligung von Media-Saturn an Redcoon vergleichbar ist.
Der Verbundgruppen-Chef und sein neuestes "Spielzeug": EP-Vorstandssprecher Jörg Ehmer mit dem "VirtualShelf"

Eine schlagkräftige Online-Plattform statt viele Insellösungen – im ChannelPartner-Interview fordert ElectronicPartner-Chef Jörg Ehmer Expert und Euronics auf, sich an dem Service-Portal Plusanschluss.de zu beteiligen. Außerdem erklärt der EP-Vorstandssprecher, mit welcher Strategie die Verbundgruppe in diesem Jahr punkten will und warum der Einstieg von EP bei Notebooksbilliger.de nicht mit der Beteiligung von Media-Saturn an Redcoon vergleichbar ist.

Mit einem Zuwachs von einem Prozent konnte sich EP im zurückliegenden Jahr zwar vom mit rückläufigen Zahlen kämpfenden Wettbewerber Euronics absetzen, liegt aber ein ganzes Stück hinter dem starken Wachstum von Expert. Wie ist Ihre Einschätzung zum vergangenen Geschäftsjahr?

Jörg Ehmer: Wir sind zufrieden. Von vornherein sind wir pragmatisch in dieses Geschäftsjahr gegangen und hatten mit einem leichten Wachstum – oder auch nur einer „schwarzen“ Null – gerechnet. In diesem Korridor sind wir jetzt geblieben. Und so schwierig, wie sich das zweite Halbjahr dann tatsächlich auch dargestellt hat, kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Der Vergleich mit dem Wettbewerb ist immer schwierig, weil die Geschäftsmodelle differenzieren. Die Kollegen von Expert machen sicher einen guten Job. Der Geschäftsansatz ist vor allem mit unserem Fachmarktkonzept Medimax vergleichbar. Der kleinflächigere Fachhandel als unser überwiegender Absatzweg hat dagegen eher eine inhaltliche Nähe zu Euronics. Auch so gesehen sind wir insgesamt zufrieden.

Während Ihre Wettbewerber zum Teil weiterhin stark auf Neueröffnungen setzen, haben Sie beim Branchentreff auf hochfliegende Ankündigungen verzichtet und stattdessen Detailänderungen wie das neue „VirtualShelf“ präsentiert. Reicht das aus, um die EP-Händler im Kampf gegen die Konkurrenz zu stärken?

Ehmer: Das „VirtualShelf“ ist kein Standalone-Projekt, das sich der Händler einfach so in den Laden hängt. Sie müssen das in Zusammenhang mit unserer Digital-Commerce-Strategie sehen: Der Händler vor Ort kann auf diese Weise auch Produkte zeigen, die er nicht vorrätig hat. Mit dem „VirtualShelf“ kann er somit sein Sortiment intelligent erweitern – und hat eine Präsentationsmöglichkeit, die auch noch schön aussieht. Unabhängig von alledem ergreifen wir zahlreiche andere Maßnahmen und werden auch mit Medimax ein moderates Flächenwachstum haben.

Sie haben den Bereich E-Commerce angesprochen, in dem sich EP in den vergangenen drei Monaten unglaublich weiterentwickelt hat. Vor einem Jahr noch haben Sie von einer Abwartestrategie gesprochen und wollten den Handlungsbedarf im Online-Bereich quartalsweise überprüfen. Man kann also ausgehen, dass das Thema E-Commerce inzwischen auch für EP eine hohe Dringlichkeit erreicht hat?

Ehmer: Es ist nicht so, dass auf einmal etwas Dramatisches passiert wäre, auf das wir nun mit unserer Online-Strategie reagieren müssen. Alles, was wir in dem Bereich in den vergangenen Monaten gestartet haben, ist mit ruhiger Hand entstanden. Wir haben schon letztes Jahr gesagt, dass sich im Online-Bereich derzeit viel bewegt und wir schauen wollen, was für uns der richtige Zeitpunkt ist, um hier einzusteigen. Deshalb haben wir uns technisch so aufgestellt, dass es nicht allzu lange braucht, um beispielsweise für die Marke EP: eine Shop-Funktion in den Online-Auftritt zu integrieren. Wir haben dann Mitte des vergangenen Jahres dazu den Dialog mit unseren Mitgliedern gesucht. Dabei haben wir bewusst auch verschiedene Lösungen diskutiert und uns mit der Frage auseinandergesetzt, ob wir eine zentrale oder eine dezentrale Shop-Lösung wollen.

Bei der Vorstellung der neuen EP-Onlineshops gab es noch recht wenig Details über die technische Umsetzung und den damit verbundenen Zeitplan. Können Sie nun bereits weitere Eckdaten nennen?

Ehmer: Bei der EP-Frühjahrsmesse 2013 konnten die EP-Fachhändler sich bereits ansehen, wie die dezentrale Shop-Lösung aussehen und funktionieren wird. Und auch die Ausschreibung für die technische Umsetzung der Onlineshops befindet sich gerade auf der Zielgeraden. Die Entscheidung fällt dieser Tage. Wir gehen definitiv davon aus, dass die Onlineshop-Lösung gemeinsam mit dem „VirtualShelf“ in diesem Sommer starten wird.

Medimax-Filialnetz soll maßvoll ausgebaut werden

Die neue Shop-Lösung betrifft nur den EP-Fachhandel, nicht aber die Fachmarkt-Kette Medimax, wo es weiterhin keine Online-Verkaufsfunktion geben wird. Sehen Sie in diesem Bereich eine geringere E-Commerce-Relevanz als beim Fachhandel?

Bei der EP-Mitgliederversammlung informierte Verbundgruppen-Chef die Partner über die Strategie für 2013

Ehmer: Wir haben bei Medimax im letzten Jahr mit einer Reihe von Märkten die Möglichkeit einer Online-Reservierung von Waren getestet. Das hat besser funktioniert als wir erwartet haben. Deshalb bauen wir diese Reservierungsfunktion in Kombination mit der Anzeige lokaler Preise nun weiter aus. Danach werden wir schauen, was bei Medimax der nächste Schritt sein wird.

Aber es nicht so, dass für die Marke EP: eine größere Brisanz beim Thema Online besteht. Wir haben uns entschieden, den EP-Händlern die größtmögliche Flexibilität und Freiheit zu geben. Sie können entscheiden, ob sie bei der Shop-Lösung mitmachen oder nicht, ob sie Waren versenden wollen oder diese die Kunden abholen lassen. Bei Medimax setzen wir seit Mitte letzten Jahres dagegen auf die Online-Reservierung und auf möglichst detaillierten und hilfreichen Content. Zudem werden wir die Seite für mobile Endgeräte optimieren. Das sind unterschiedliche Maßnahmen, hinter denen aber keine Wertung steht.

Mit den Medimax-Flächenmärkten sind Sie ja in einem recht schwierigen Umfeld unterwegs, wie nicht zuletzt die anhaltende Krise der Rewe-Tochter Promarkt zeigt, von der Sie im letzten Jahr einige Märkte übernommen haben. Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei Medimax?

Ehmer: Medimax ist 2012 verhalten gewachsen. Auch 2013 werden wir moderat wachsen und eine Handvoll neuer Standorte besetzen. Allerdings immer mit Augenmaß, denn jeder Laden ist eine Investition, die es gut zu prüfen gilt. Es ist richtig, wir haben 2012 zwei ehemalige Promärkte übernommen und prüfen auch weiterhin, alle sich bietenden Gelegenheiten für Standortübernahmen. Wir werden keine gute Gelegenheit auslassen, wollen aber auch nicht um jeden Preis wachsen.

ElectronicPartner-Jahrestagung 2010
ElectronicPartner-Jahrestagung 2010: die Party
Dr. Jörg Ehmer eröffnet die traditionelle ElectronicPartner Party
ElectronicPartner-Jahrestagung 2010: die Party
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ElectronicPartner-Jahrestagung 2010: die Party
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ElectronicPartner-Jahrestagung 2010: die Party
ElectronicPartner-Jahrestagung 2010: die Party
Die ElectronicPartner Fachhändler bei der Mitgliederversammlung
Dr. Jörg Ehmer, Sprecher der Geschäftsführenden Direktoren, präsentiert Konzepte und Strategien für 2010
Karl Trautmann, Europa-Einkaufschef, erläutert Produkte und Dienstleistungen für ElectronicPartner Fachhändler
Mitarbeiter der ElectronicPartner-Europazentrale führen bei der Modenschau die neue EP-Kollektion vor
Herzlich Willkommen zur Mitgliederversammlung auf der ElectronicPartner-Jahrestagung 2010
Der EP:Aufsichtsrat ist im Amt bestätigt: Jacqueline Posner, Christian Schuster, Dieter Fischer, Patric Lauser und Fred Pahl mit Dr. Jörg Ehmer (li) und Karl Trautmann (re)
Medimax wählt ersten Unternehmerbeirat
Vertrieb und Einkauf präsentieren gemeinsam im EP:Musterfachgeschäft die TV-Trends der kommenden Saison
Bernd Koschminski, Bereichsleiter Braune und Weiße Ware, präsentiert das neue Sortiment im Bereich Exklusivgeräte
easyTel - Das ElectronicPartner Mobilfunkkonzept
EP hat sich eingeschossen auf die Fußball WM 2010
Volles Haus auf der ElectronicPartner Jahresveranstaltung in Düsseldorf
Kauflaune auf der ElectronicPartner-Jahresveranstaltung in Düsseldorf
Vernetzung und Digitalisierung waren die Kompetenzthemen auf der EP-Jahrestagung2010

Mit Plusanschluss.de haben Sie als erster CE-Verbund eine Plattform zur Online-Vermarktung von Fachhandels-Services gestartet. Inzwischen planen auch Ihre Wettbewerber – und selbst Onlinehändler wie Cyberport – ähnliche Angebote. Befürchten Sie eine Inflationierung der Service-Portale im Netz?

Ehmer: Wir haben Plusanschluss.de aus der Einsicht heraus gestartet, dass der Fachhandel den Deckungsbetrag aus dem Service-Geschäft braucht – und das auch über das Ladenlokal hinaus. Aus unserer Sicht muss hier nicht jeder Verbund selbst etwas basteln. Es ist sicherlich sinnvoll, wenn es eine schlagkräftige Online-Plattform gibt, die fachhandelsfreundlich ist. Wir haben Plusanschluss.de deshalb bewusst so konzipiert, dass nur die Basispakete online angeboten werden. Das ist nicht nur übersichtlicher, sondern es ermöglicht auch einer möglichst großen Vielzahl von Händlern teilzunehmen. Diese können über Plusanschluss.de Basisleistungen vermarkten und den Rest gemäß ihrem Preis- und Leistungsspektrum individuell anbieten. Denn unsere Erfahrung zeigt, dass ein über Plusanschluss.de generierter qualifizierter Lead oft auch zum Verkauf weiterer Dienstleistungen führt.

Gerade das Beispiel Cyberport zeigt, dass es bei über das Internet vermittelten Services Anbieter gibt, die nicht auf den Fachhandel warten. Wer im Netz nach Dienstleistungen sucht, findet diese. Und deshalb ist es wichtig, dass auch wir als Verbundgruppe online mit einem Angebot für unsere Mitglieder vertreten sind. Und wir haben auch unsere Kollegen bei den CE-Kooperationen eingeladen, mitzumachen. Wir halten das für klüger, als wenn jeder sein eigenes Online-Portal aufmacht.

Trotz Einstieg bei Notebooksbilliger: Stationärer Handel bleibt Priorität

Die dritte große Neuigkeit im Online-Bereich war in den letzten Monaten der Einstieg von EP bei Notebooksbilliger.de. War das auch ein Thema bei Ihrer Frühjahrsmesse und wie haben Ihre Mitglieder darauf reagiert?

Wurde auch bei der Frühjahrsmesse zum Teil kontrovers diskutiert: Der Einstieg von EP bei Notebooksbilliger.de

Ehmer: Wir konnten unseren Partnern bei der EP-Frühjahrsmesse 2013 nun die ersten gemeinsam mit Notebooksbilliger.de realisierten Angebote präsentieren. Bei mehr als 5.000 Mitgliedern in der Verbundgruppe ist es natürlich, dass auch beim Thema Notebooksbilliger.de nicht alle einer Meinung sind. Es gibt hier auch kritische Stimmen. Aber wir gehen mit dem Thema offensiv um und die Mehrzahl unserer Mitglieder versteht das. Arnd von Wedemeyer geht wie alle namhaften Onliner in neue Sortimentsbereiche, egal ob ElectronicPartner dabei der Kooperationspartner ist oder nicht – die meisten Onliner werden übrigens direkt von der Industrie durch Key-Account-Manager betreut. Ware aus selektiven Vertriebsprogrammen werden wir auch weiterhin nur an Mitglieder liefern, die auch die entsprechenden dafür geltenden Kriterien erfüllen.

Spielen Sie mit der Beschränkung auf wechselseitige Einkaufsvorteile die Bedeutung der Beteiligung an Notebooksbilliger nicht etwas herunter? Ist Arnd von Wedemeyer für Sie nicht so etwas wie Redcoon-Chef Reiner Heckel für Media-Saturn: ein interner Tempomacher im Online-Bereich – und auch eine Umsatz-Rückversicherung für eigene E-Commerce-Defizite?

Ehmer: Technisch betrachtet mag das stimmen, da es sich ebenfalls um eine Beteiligung an einem Pure Player handelt, der weiterhin unter eigener Marke unterwegs ist. Im Unterschied zu Media-Saturn ist es aber nicht unsere Strategie, im Online-Bereich das Hauptwachstum zu erzielen. Wir glauben daran, dass es für richtig gut gemachten stationären Handel auch zukünftig ausreichend Erfolgsmöglichkeiten gibt. Wir wollen nicht, dass sich unsere Mitglieder verzetteln. Deshalb sollen sie das Online-Geschäft, das wir im Sommer unter der Marke EP: starten werden, auch nur begleitend betreiben – und nicht als Hauptschwerpunkt. Im stationären Handel lässt sich weiterhin Geld verdienen, der Bereich Heimvernetzung ist hier nur ein Beispiel von vielen.

…dass EP mittelfristig eine Mehrheit an Notebooksbilliger anstrebt – gerüchteweise trägt sich Firmengründer Arnd von Wedemeyer mit Ausstiegsplänen – können Sie ausschließen?

Ehmer: Auch auf die Gefahr hin, dass dies jetzt sofort wieder missverstanden wird, möchte ich nichts ausschließen. Aufgrund der Marktdynamik traue ich mich heute nicht zu sagen, was insoweit in drei, fünf oder zehn Jahren sein wird. Aber meine Einschätzung ist, dass Arnd von Wedemeyer immer noch sehr viel Spaß an Notebooksbilliger.de hat und sich noch lange nicht aufs Altenteil zurückziehen möchte.

Dann ist es auch reiner Zufall, dass der nächste Notebooksbilliger-Store in Düsseldorf eröffnen wird? Die Nähe zur EP-Zentrale könnte zum Beispiel Vorteile beim Thema Selektivware eröffnen…

Ehmer: Nein, auch wenn es anders scheinen mag, ist das reiner Zufall. Bereits vor unserer Beteiligung hat Notebooksbilliger.de begonnen, eine kleine Zahl von Ladenlokalen zu eröffnen – jetzt kommt Düsseldorf dazu. Und ob Notebooksbilliger.de durch seine Stores zum Bezug von selektiver Ware – stationär oder auch für den Onlinehandel - berechtigt ist, muss Notebooksbilliger.de selbst verhandeln. Ich gehe davon aus, dass die Industrie hier richtigerweise konsequent ist.

Wagen wir zum Schluss den Blick in die Zukunft: Gehen Sie mit einer ähnlich vorsichtigen Prognose wie 2012 ins laufende Jahr?

Ehmer: Eine Prognose ist 2013 über alle Formate und Warengruppen schwierig. Wir sind 2012 sehr stark und mit einigen Großereignissen ins erste Halbjahr gestartet. Dagegen zu bestehen, wird dieses Jahr sehr schwierig. Und wie sich das zweite Halbjahr entwickelt – von der Konjunkturentwicklung bis hin zur Bundestagswahl –, müssen wir erst sehen.

Das ist aber auch der Grund für die Vielzahl von Initiativen, die wir auf den Weg gebracht haben – wie unserem Telefontarif easyTel, dem Versicherungsangebot easySchutz, aber auch Partnerschaften mit Maxdome und Kindle: Wir glauben daran, dass wenn Impulse von außen fehlen, Impulse von Innen kommen müssen. (mh)