Verkauf von Online-Gebrauchtsoftware: BGH soll entscheiden

22.11.2007 von Thomas Feil
Darf eine gekaufte Software, die online heruntergeladen wird, weiterverkauft werden? Land- und Oberlandesgericht sind der Auffasung: Nein. Wie wird der BGH urteilen?

Derzeit wird beim Thema online übertragener Gebrauchtsoftware intensiv über die in letzter Zeit ergangenen Urteile der Land- und Oberlandesgerichte diskutiert. Das Landgericht München hatte im vergangenen Jahr in einem Eilverfahren festgestellt, dass ein Weiterverkauf von Software, die sich der Nutzer online heruntergeladen hatte, ohne vom Hersteller eine CD-ROM erhalten zu haben, nicht möglich sein soll (Urteil vom 06.01.2006 – Az. 7 O 23237/05). Das Oberlandesgericht München bestätigte mit Urteil vom 03.08.2006 (Az. 6 U 1818/06) diese Rechtssprechung. Auch in dem Hauptsacheverfahren wich das Landgericht München nicht von seiner Rechtsansicht ab (Az. 7 O 7061/06). Nun wird eine klarstellende Entscheidung des BGH von den Parteien angestrebt. Wie diese Entscheidung aussehen wird, kann nur anhand der bislang vom BGH getroffenen Entscheidungen in diesem Themenbereich spekuliert werden.

Blick in die Vergangenheit

Die erste höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema stammt bereits aus dem Jahre 1989 (Urteil vom 18.10.1989, Az. VIII ZR 325/88). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde eine Software unmittelbar durch Überspielen mittels Kabelverbindung von der Festplatte des Softwareherstellers auf die Festplatte des Kunden übertragen. Fraglich war hier, ob diese Art der Übertragung ohne Zuhilfenahme einer Diskette oder eines anderen Datenträgers dieselben rechtlichen Konsequenzen hatte, wie der Verkauf eines Datenträgers. Der BGH stellte fest, dass der Datenträger allein das Mittel zum Transport des erworbenen Programms vom Verkäufer zum Käufer darstellt und vor allem dazu dient, dass das Programm anschließend durch Überspielen auf die Festplatte im Computer des Käufers installiert werden kann. Erst dadurch würde der Endzweck des Kaufvertrags, nämlich die Nutzbarmachung, erreicht. Im Anschluss an die Installierung dient der Datenträger allein als Sicherungskopie. Der BGH nahm an, dass bei der unmittelbaren Überspielung des gekauften Programms von einer Festplatte des Verkäufers auf eine solche des Käufers lediglich das ‚Zwischenstadium’ der Kopierung des Programms auf Diskette oder andere Datenträger entfallen sei. Der Endzweck des Erwerbs von der Standard-Software, nämlich die Nutzbarmachung des Programms für den Erwerber durch Einspeicherung auf die Festplatte seines Computers, sei in einem wie dem anderen Fall in gleicher Weise erreicht.

Der BGH stellte daher fest:

"Jedenfalls rechtfertigt diese nur auf den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten beruhende und unmittelbare Installierung der gekauften Standard-Software im Computer des Käufers als Endanwender bei gleichem wirtschaftlichem Endzweck des Geschäfts die entsprechende Anwendung der Vorschriften jenes Gesetzes."

Diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann im Rahmen der Bewertung des Verkaufs von online übertragenen gebrauchten Computerprogrammen entscheidend sein. Auch in diesen Fällen fehlt es an einer Verkörperung des Softwareprogramms in Form eines Datenträgers. Das Landgericht München möchte die rechtlichen Konsequenzen im Widerspruch zu dem Urteil des BGH von der Art der Übertragung der Rechte abhängig machen. Es ist der Ansicht, dass der Erschöpfungsgrundsatz gem. § 69 c Nr. 3 UrhG nur dann Anwendung findet, wenn Softwareprogramme auf einem Datenträger erworben werden. Im Falle der Online-Übertragung soll eine Erschöpfung, die zu einem Weiterverkauf berechtigt, nicht stattfinden. Anders sieht dies das Landgericht Hamburg (Urteil vom 29.06.2006 – 315 O 343/06). Es geht mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs konform und stellt fest, dass die unkörperliche Übertragung die Übergabe eines physischen Werkstücks ersetzt und es in diesem Fall auch hinsichtlich des unkörperlichen Werkstücks auch zu einer Erschöpfung führen muss. Nur in diesem Falle wäre das unkörperliche Werkstück auch verkehrsfähig.

Kaufrecht anwendbar

Erst 10 Jahre später musste sich der BGH erneut mit dem Thema Software auseinandersetzen (Urteil vom 22.12.1999 Az. VIII ZR 299/98). Hier stellte er fest, dass bei einem Vertrag über die Lieferung einer Standard-Software nebst dazugehörigen Quellcodes zur dauerhaften Benutzung gegen ein einmaliges Entgelt das BGB-Kaufrecht anwendbar ist. Dies hat zur Konsequenz, dass der Softwarehersteller als Verkäufer der Software verpflichtet ist, die Kardinalpflichten des Kaufvertrages einzuhalten. Vor allem die Eigentumsverschaffung am Kaufgegenstand steht dabei im Mittelpunkt. Von einer Eigentumsverschaffung kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn eine Weiterveräußerung des Kaufgegenstandes nicht möglich ist. Auch aus diesem Grunde kann die Art der Übermittlung des Kaufgegenstandes, z. B. durch Online-Übertragung, den Verkäufer nicht von seinen Kardinalpflichten befreien.

OEM-Entscheidung

In seiner bekannten OEM-Entscheidung (Urteil vom 06.07.2000 – I ZR 244/97) stellte der Bundesgerichtshof die herausragende Bedeutung der Verkehrsfähigkeit von Werkstücken im Sinne des Urhebergesetzes klar. Unter anderem äußerte er sich dazu wie folgt:

"Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert:"

Nichts anderes kann für die Wahl der technischen Übertragung auf den Nutzerrechner gelten. Demnach müssten unter Beachtung der vom Bundesgerichtshof zugemessenen Bedeutung des Warenverkehrs online übertragene Computerprogramme nicht anders zu behandeln sein wie solche, die auf einem Datenträger erworben werden. Ein Verkauf dürfte im Interesse des freien Warenverkehrs nicht auf diese Weise verhindert werden.

Fazit

Die bisher gezeigten Tendenzen des Bundesgerichtshofes weisen darauf hin, dass eine Weiterveräußerung online übertragener Softwareprogramme möglich sein müsste. Es ist im Interesse der Endverbraucher zu hoffen, dass der BGH sich an seine vorangegangene Rechtsprechung gebunden fühlt und so die Weiterveräußerung von online übertragenen Computerprogrammen ermöglicht. Wie der Bundesgerichtshof letztendlich entscheiden wird, wird wohl erst in einigen Jahren zu erfahren sein. Erst dann ist mit einem Urteilsspruch zu rechnen.

Der Autor: Thomas Feil arbeitet seit 1994 als Jurist und ist in Hannover mit den Schwerpunkten EDV-Recht, Internet-Recht und gewerblicher Rechtsschutz tätig. Kontakt und Tel.:0511/544887-31, Email: feil@recht-freundlich.de, Internet: www.recht-freundlich.de