Verkaufserfolg, Teil II: Systematische Bewertung von Projekten

24.01.2006
Gestern haben wir aufgezeigt, wie man anhand von 5 Schlüsselfragen Verkaufsprojekte im Anfangsstadium analysieren kann. Heute geht es um ein einfaches Instrument zur Bewertung der im Verkaufstrichter befindlichen Projekte.

Von Ulrich Kramer

Notieren Sie jeden Schritt, nur so behalten Sie das Projekt im Griff. Bild: Photocase
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Das kennen Sie leider nur zu gut: Ein sicher geglaubtes Projekt scheitert, andere verschieben sich, wieder andere sind letztlich von viel geringerem Umfang als in zahllosen Vertriebsbesprechungen prophezeit und beteuert. Die Verkaufsplanung gerät durcheinander, längst einkalkulierte Verkaufserfolge bleiben aus. Eine einfache Methode sich vor solchen Überraschungen zu schützen ist die Einführung und Anwendung eines gewichteten Forecasts, wobei anhand des Projektfortschritts eine kontinuierliche Bewertung des möglichen Umsatzes vorgenommen wird.

Zwei Fragen erleichtern die Entscheidung

Ein Beispiel soll dies veranschaulichen. Im Verkaufstrichter befinden sich zwei Projekte mit einem potentiellen Auftragswert von jeweils einhunderttausend Euro. Während sich das eine in einem sehr frühen Stadium mit noch ungeklärten Anforderungen und Entscheidungskriterien befindet, steht das zweite unmittelbar vor dem vermeintlichen Abschluss. So dann ergeben sich zwei Fragen:

1. Mit welchem Wert sollen die Projekte jeweils in die Planung eingestellt werden?

2. Woraus leitet sich dieser Wert dann ab?

Unter Berücksichtigung, dass auch vermeintlich sicher geglaubte Projekte im letzte Moment noch scheitern können, kann eine Bewertung entlang des Projektfortschrittes erfolgen, die auch Aufschluss über noch durchzuführende Maßnahmen oder auch über offensichtliche Fehleinschätzungen (leider nicht so selten) der Vertriebsmitarbeiter liefert.

Stadium 0 bis 10: Es wird von einer Auftragswahrscheinlichkeit von 0 Prozent (Stadium 0) ausgegangen, wenn der Auftrag anderweitig vergeben wurde oder das Projekt auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

10 Prozent (Stadium 1) stehen für ein frühes Projektstadium, wo wichtige Informationen über Umfang, Anforderungen, Entscheidungsprozesse- und -wege, Zeitplanung, etc. noch nicht vorliegen. Die mögliche Auftragssumme ist in etwa bekannt, muss jedoch noch exakt ermittelt werden. Dieser Wert kann auch eingesetzt werden, wenn ein Projekt sehr wahrscheinlich an einen Mitbewerber vergeben wird, eine diesbezügliche abschließende Entscheidung aber noch nicht kommuniziert wurde.

20 Prozent (Stadium 2): Auftragswahrscheinlichkeit sind gegeben, wenn alle wesentlichen Daten seitens des Kunden geliefert wurden, jedoch noch nicht abgeschätzt werden kann, ob die Anforderungen und Kriterien des Auftraggebers (mit vertretbarem Aufwand) erfüllt werden können. Eine umfassende interne Prüfung und Analyse des Projektes steht noch aus.

30 Prozent (Stadium 3): Sie erfüllen nach intensiver interner Prüfung die wichtigsten Anforderungen des Kunden aus technischer wie kaufmännischer Sicht und stellen dem Kunden die notwendigen Informationen wie Angebote, Dokumentationen, Beantwortung der Pflichten-/Lastenhefte, etc. bereit.

Die Kriterien für eine Bewertung mit 40 Prozent (Stadium 4) könnten wie folgt lauten: Ihr Kunde nimmt eine Sichtung der Angebote vor und begrenzt auf der Basis dieser ersten Informationen den Kreis der Mitbewerber. Es werden nur noch Unternehmen zugelassen, die alle notwendigen Voraussetzungen hinreichend erfüllen. Ihr Unternehmen gehört zu diesem Kreis und wird zu weiteren Maßnahmen aufgefordert.

Die Hälfte ist geschafft

50 Prozent (Stadium 5): Auftragswahrscheinlichkeit könnten gegeben sein, wenn Sie zur Durchführung von Kundengesprächen, Präsentationen, Teststellungen und/oder auch Besuchen von Referenzkunden aufgefordert werden. In diesem Stadium präzisiert sich Ihr Angebot weiter, ergänzende Aspekte kommen hinzu, bestehende Kriterien werden weiter vertieft.

60 Prozent (Stadium 6): Alle den Abschluss vorbereitenden Aktionen wie Durchführung von Testinstallationen, Präsentationen oder Referenzkundenbesuche sind erfolgt/erfolgen in diesem Stadium. Das endgültige Angebot, mit dem Sie in die Abschlussverhandlungen gehen, liegt dem Kunden jetzt vor

Eine Einstellung des Auftragswertes mit 70 Prozent (Stadium 7) sollte vorgenommen werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Ihr Unternehmen befindet sich in der Endauswahl mit guten Möglichkeiten, den Auftrag zu erhalten. Sie erfüllen jetzt auch aus der Sicht des Kunden alle technischen wie kaufmännischen Anforderungen. Das endgültige Angebot liegt dem Kunden vor. Die abschließende Verhandlung hat noch nicht stattgefunden.

Sollte auch die vorherige Hürde genommen worden sein, die finalen Verhandlungen stattgefunden und der Kunde seine Kaufabsichten in direkter oder indirekter Form Ihnen gegenüber geäußert haben, so kann das Projekt auf 80 Prozent (Stadium 8) Auftragswahrscheinlichkeit heraufgestuft werden

90 Prozent (Stadium 9): Der Auftrag wurde mündlich an Sie erteilt. Die schriftliche und verbindliche Bestellung liegt jedoch noch nicht vor.

100 Prozent (Stadium 10) - Glückwunsch, Sie haben das Projekt für sich entschieden.

Die ermittelten und in Prozent angegebenen Abschlusschancen werden mit dem potentiellen Auftragswert multipliziert, das Ergebnis in die Verkaufsplanung eingestellt.

Auf dieser Grundlage verändert sich der Forecast ständig und spiegelt die Abschlussmöglichkeiten und den Verlauf des Projektes sowie die eigene Positionierung im Verkaufsprozess präzise wider. Gleichzeitig zeigt diese Bewertung auch noch vorhandene Lücken und noch durchzuführende Maßnahmen auf. Unter der Internetadresse www.uk-services.de kann auf den Internetseiten des Autors ein Tableau mit der vorstehenden Einteilung zur Berechnung des gewichteten Forecasts heruntergeladen werden.