Gutes Arbeitsklima in deutschen Unternehmen

Vertrauen ist gut, Kontrolle auch

31.08.2006 von Christiane Pütter
Mag die "Welt am Sonntag" die Deutschen ein "Volk ohne Vertrauen" nennen, mögen internationale Geschäftsleute die "German Angst" bestaunen - das Klima in den deutschen Unternehmen stimmt. 82 Prozent der Befragten geben in einer Studie der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft an, ihren Vorgesetzten zu Vertrauen. Gleichzeitig sagen 78 Prozent der Führungskräfte: Wer Verantwortung übernimmt, muss auch kontrollieren können.

"Wenn Institutionen die Hardware unserer Gesellschaft sind, ist Vertrauen die Software", sinniert der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. Dass diese Software nicht immer einfach zu implementieren ist, zeigt ein genauerer Blick auf die Studie: 98 Prozent der Befragten halten Mitarbeitergespräche für "wichtig bis sehr wichtig", aber nur 83 Prozent der Vorgesetzten führen sie auch durch. 88 Prozent schreiben konkreten Zielvereinbarungen hohe Bedeutung zu. Eingesetzt werden diese jedoch nur in 70 Prozent der Firmen.

82 Prozent der Führungskräfte halten es im Sinne einer vertrauensvollen Firmenkultur außerdem für wichtig, ein Leitbild mit Spielregeln und Unternehmenswerten festzuschreiben. Allerdings existiert ein solches Leitbild nur in 67 Prozent der Firmen.

Jede fünfte Führunskraft hat schlechte Erfahrungen gemacht

295 von 350 Managern sind davon überzeugt, dass der Faktor Vertrauen für Unternehmen immer bedeutender wird. Gleichzeitig gibt jeder Fünfte an, sein Vertrauen sei "schon oft" missbraucht worden. 8,6 Prozent haben wegen solcher oder ähnlicher Probleme schon einmal den Arbeitsplatz gewechselt.

Die Autoren der Studie wollten wissen, welche Punkte Vertrauen schaffen. Ganz oben rangieren Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit. Als wichtig gilt auch, dass Vorgesetzte Fehler eingestehen können.

Führungskräfte äußern in der Befragung Selbstkritik. 93 Prozent gehen davon aus, dass es an ihrer eigenen Unsicherheit liegt, wenn ihnen nicht vertraut wird. Gleichzeitig glauben rund zwei Drittel, Vorgesetzte ihrerseits könnten anderen nicht vertrauen, weil sie Abhängigkeit und Machtverlust befürchten.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Wer sich abfällig über seine Mitarbeiter äußert, setzt das in ihn gesetzte Vertrauen aufs Spiel. Das gilt auch für Vorgesetzte, die unterschiedliche Botschaften verkünden, die Kompetenz ihrer Mitarbeiter in Frage stellen oder zu wenig Interesse an ihren Leistungen zeigt.

Die häufige Kontrolle von Arbeitsprozessen dagegen hemmt Vertrauen vergleichsweise wenig. Mit 78 Prozent sagt denn auch die Mehrheit der Manager, wer Verantwortung übernehme, müsse auch kontrollieren können. Trotzdem warnen 41 Prozent: "Kontrolle hemmt Innovationen."

Kontrolle und Indianer-Ehrenworte

Die Forscher ziehen folgendes Fazit: "Nicht Kontrolle ist der Feind des Vertrauens, sondern mangelnde Kommunikation und Fehler im Führungsverhalten." Nicht zuletzt wollen sie das Bewusstsein dafür schärfen, dass in den Unternehmen Menschen miteinander arbeiten. Und dass die einen guten Umgang zu schätzen wissen, belegen sie mit den Worten eines großen Mannes: "Old Shatterhand und Winnetou mögen hören, was Apanatschka, der Häuptling der Comantschen, ihnen jetzt sagt! Ich bin stolz darauf, dass so berühmte Männer mir vertrauen und an mich glauben, und nie im Leben werde ich es vergessen, dass ihr mich für ohne Trug und Falschheit hieltet." (Karl May, Old Surehand I)

Für die Studie "Auf gut Glück oder alles unter Kontrolle: Wie vertrauen deutsche Manager?" hat die Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft 350 Managerinnen und Manager befragt. (cio/mf)