Erfahrungsbericht eines Startups

Vom Kaffeemaschinen-Hersteller gebeutelt

19.05.2016 von Lenz Nölkel
Schon interessant, mit welcher Dreistigkeit mancher Hersteller seine Kunden behandelt. Hier mal der Fall einer Kaffeemaschine mit einer Firma als Opfer.

Es ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Erst recht nicht, wenn man als Unternehmen auf die verheißungsvollen Angebote diverser Hersteller vertraut, das gilt für die IT wie auch für Kaffee, offensichtlich. Und man kann sich echt nicht wehren? Das ist doch unglaublich, was man sich als Hersteller erlauben kann.

Wir, ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern, sind hier offenbar machtlos. Fazit: Drei Wochen lang mussten wir auf Kaffee verzichten und die erneute Bereitstellung unserer jungen Kaffeemaschine teuer und extra zahlen, und das ohne ersichtliche Schuld unsererseits. Die gerade ausgelieferte Maschine war defekt, vom Hersteller keine Einsicht - nein, vom Hersteller pure Arroganz. Wieso darf man sich so etwas in Deutschland erlauben?

Professionelle Maschine für professionellen Gebrauch?

Neues Büro, neues Mobiliar. Und natürlich musste auch eine neue Kaffeemaschine her. Das alte Modell von Nespresso bot drei Jahre in Folge ohne Meckern, Wartung oder technische Mängel gute Dienste. Für das größere Office sollte eine größere Maschine her. Nach ausgiebiger Suche der Mitarbeiter stießen wir auf einen hoch gelobten Kaffeevollautomaten der Marke Melitta.

Überdurchschnittlich gute Bewertungen auf Amazon, optimal ausgelegt in punkto Volumen, Wassertank und Auswahl für den Verbrauch von knapp 20 Mitarbeiter mit verschiedensten Kaffee-Vorlieben. Wir sprechen vom Gerät mit dem Namen Melitta Caffeo Barista T.
Foto: Amazon

Kein Garantiefall - Totalschaden nach kürzester Zeit

Nach nicht einmal zwei Monaten die Pleite. Die Maschine zeigte "Systemfehler", nichts ging mehr. Also schickten wir das Gerät ein, Fazit von Melitta: "Totalschaden", kein Garantiefall.

Im Telefonat fragten wir beim Unternehmen nach: "Wie zum Teufel kann innerhalb von50 Tagen eine 1.000 Euro schwere Maschine als Totalschaden bezeichnet werden. Und warum gab es keine Garantie?"

Keine Einsicht, schließlich würde Melitta nur Maschinen für den Privathaushalt herstellen, für Unternehmen wären die Geräte nicht ausgelegt (Wortlaut im Telefonat). Das wundert, die eigenen Angaben des Herstellers gaben auf Amazons zugehöriger Produktseite darauf keinerlei Hinweise.

Klüger wurden wir, als die Maschine aus der Reparatur kommt, freundlicherweise mit dem Verursacher des Disputs, den vermeintlich defekten Teilen im handlichen Toppits-Beutel.

Garantie, Gewährleistung, Mangel – eine Begriffsklärung
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Die Begriffe "Garantie" und "Gewährleistung" werden immer wieder verwechselt, falsch verstanden oder nicht richtig angewendet. Deshalb fassen wir die Unterschiede zwischen Garantie und Gewährleistung zusammen. <br><br> Grob gesagt: Gewährleistung ist Sache der Händler, Garantie ist Sache der Hersteller.
Gewährleistung (I)
Gewährleistung (= Mängelhaftung, Mängelbürgschaft; engl. warranty) bedeutet, dass der Verkäufer gegenüber dem Käufer dafür einsteht, dass die verkaufte Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. Daher haftet der Verkäufer für alle Mängel, die schon zum Zeitpunkt des Verkaufs bestanden haben – auch für solche Mängel, die erst später bemerkbar werden. <br><br> Die Gewährleistungsfrist beträgt nach § 438 BGB 24 Monate und kann, wenn beide Parteien es wünschen, auf 12 Monate verkürzt werden. Sie kann aber nicht vertraglich ausgeschlossen werden.
Gewährleistung (II)
Zu Gunsten eines Verbrauchers wird in den ersten sechs Monaten nach Übergabe vermutet, dass die Ware schon zum Lieferzeitpunkt mangelhaft war, es sei denn, der Verkäufer kann nachweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung noch nicht bestand. Bemerkt der Kunde später als sechs Monate nach dem Kauf den Mangel, so ändert sich die Beweislast, d.h. nun muss er beweisen, dass der Gegenstand schon bei der Übergabe einen Mangel aufwies.
Garantie (I)
Die Garantie (engl. guarantee) ist eine zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistungspflicht gemachte freiwillige und frei gestaltbare Dienstleistung eines Händlers oder Herstellers gegenüber dem Kunden. Die Garantiezusage bezieht sich zumeist auf die Haltbarkeit oder Funktionsfähigkeit bestimmter Teile (oder des gesamten Geräts) über einen bestimmten Zeitraum. Bei einer Garantie spielt der Zustand der Ware zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kunden keine Rolle, da ja die Funktionsfähigkeit für den Zeitraum garantiert wird.
Garantie (II)
Eine Garantiezusage darf die gesetzliche Gewährleistung (24 Monate) in keinem Fall verringern oder ersetzen, sondern findet immer nur neben der bzw. zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung Anwendung. Viele Verbraucher werfen Garantie und Gewährleistung in einen "Topf". Doch das ist falsch. Grob kann man festhalten, dass Gewährleistung Sache der Händler ist, Garantie Sache der Hersteller. Während Händler zu einer Gewährleistung gesetzlich verpflichtet sind, steht es den Herstellern frei, für ihre Produkte zu garantieren.
Mangel
Einen Mangel hat eine Kaufsache, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder wenn sie nicht die übliche Beschaffenheit aufweist. <br><br> Der Händler haftet für den Mangel dann, wenn er schon bei der Übergabe der Sache vorhanden war. Ob der Mangel zu diesem Zeitpunkt erkennbar war, spielt keine Rolle. <br><br> Am Beispiel einer Kaffeetasse:<br> Ein Mangel liegt vor, <br>wenn die Glasur der Kaffeetasse von Anfang an einen Sprung hat, so dass die Tasse nicht dicht ist (gewöhnliche Verwendung) oder <br>wenn die Kaffeetasse einen Glasursprung aufweist (übliche Beschaffenheit), selbst wenn sie benutzbar ist oder <br>wenn die Kaffeetasse als spülmaschinenfest verkauft wird (vereinbarte Beschaffenheit), aber durch Spülmaschinenwäsche Glasurschäden oder Farbveränderungen erlitten oder <br>wenn die Tasse nicht die auf der Verpackung angegebene Farbe hat (vereinbarte Beschaffenheit).

Melittas Stellungnahme dazu, diesmal per Mail:

"Auf unserem technischen Prüfstand konnte eine starke Verkalkung des Gerätes als Fehlerursache festgestellt werden. Während der Auslesung wurde festgestellt, dass Ihr Gerät zwei Mal entkalkt und drei Mal von Ihnen gereinigt wurde. Laut der von Ihnen getätigten Einstellungen hätte Ihr Gerät drei Mal entkalkt und fünf Mal gereinigt werden müssen."

Wir überlegen. Wegen einmal zu wenig Entkalken ein Totalschaden? Und das, zumal wir sogar den teuren Flüssigentkalker vom Hersteller nutzten?

Wir zum Telefon, aber Melitta lässt nicht mit sich reden:

Im Gegenteil, die Dame wird nun richtig spitz, am Telefon wie schriftlich (in der drauf folgenden Mail):
"Eine kostenfreie Kulanzreparatur können wir Ihnen nicht anbieten. Wir hoffen auf Ihr Verständnis."

Im praktischen Tiefkühlbeutel kamen die defekten Teile zurück.
Foto: Evernine

Das Ergebnis verärgert. Rund 140,00 € sollen für das Auswechseln zweier Schläuche bezahlt werden. Zudem gibt der Kundenservice des Herstellers telefonisch zu verstehen, dass die gesamte Reparatur nun weitere 14 Tage benötigen würde - zum Zeitpunkt der Ablehnung der Garantie liegt man bereits bei zehn Tagen.

Dann die (Kaffee-)Krönung nach 12 Tagen:

"Aktuell befindet sich Ihr Gerät auf dem Weg unseres Servicepartners zu uns nach Minden.

Sobald Ihr Gerät bei uns eingetroffen ist (dies wird Anfang bis Mitte nächster Woche sein) werden wir die Reparatur für 138,00 Euro für Sie durchführen und Ihnen das Gerät auf Rechnung zurücksenden. Ende nächster, Anfang übernächster Woche sollten Sie es daher erhalten."

Sprachrohr für den Mittelstand?

Unser Unternehmen hat Glück. Es verfügt über Fachredakteure und schreibt regelmäßig für Fachmagazine - das Sprachrohr ist hiermit gegeben. Warum wir diesen Beitrag letztendlich wirklich geschrieben haben?

Nachdem die Maschine endlich aus der Reparatur eintraf, die Sehnsucht war bereits groß, gab es neben der Rechnung noch besagten frechen Toppits-Beutel, der die vermeintlich verkalkten Teile enthielt. Bis heute können wir die Teile nicht den Beweisfotos aus der Reparatur des Herstellers zuordnen.

Das Ergebnis verärgert. Rund 140,00 € sollen für das Auswechseln zweier Schläuche bezahlt werden.
Foto: Evernine

Fazit

Spätestens, wenn man sich bei einer Kaffeemaschine betrogen fühlt, sollte jedes Unternehmen an die Öffentlichkeit gehen. Wir kennen schließlich die Geschichten, der Internet-Anbieter liefert nicht die versprochene Internetgeschwindigkeit, der Versanddienstleister verpasst es die georderten Büroartikel fristgerecht zuzustellen.

Doch man ist als mittelständisches Unternehmen eben geduldig. Aber spätestens bei einer Kaffeemaschine ist genug. Irgendwann ist es immer genug. Melitta hat dieses Mal seinen Garantie-Kampf gewonnen, wir haben einen ausführlichen Beitrag auf ChannelPartner - auch ein Gewinn, für uns und für andere betroffene Unternehmen.

Nun wissen wir auch: Eine 1.000,00 € Kaffeemaschine muss nicht besser sein als ein 100,00 € Kapselautomat. (rw)