Der Wahnsinn geht weiter

Vorsicht – Abmahnungen jetzt auch per E-Mail möglich!

03.02.2010
Aktuelles Urteil: Das LG Hamburg hat die elektronische Zustellungsform von Abmahnungen für rechtens erklärt.

Abmahnungen sind eine unangenehme Angelegenheit: Niemand erhält sie gern. Bislang erreichte ein solches Anwaltsschreiben die Empfänger vorrangig per Fax und per Post. Inzwischen sind aber erste Fälle bekannt, in denen die Abmahnung per E-Mail zugestellt wurde. Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde, Beuger & Solmecke warnt: Das LG Hamburg hat diese Zustellungsform für rechtens erklärt.

Abmahnungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn ein Unternehmen ein anderes dazu auffordern möchte, ein bestimmtes Verhalten zukünftig zu unterlassen. Vor allem im Wettbewerbs- und im Urheberrecht werden Abmahnungen sehr häufig von den beauftragten Anwälten verschickt - zusammen mit einer Kostennote und einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die unterzeichnet werden soll.

Dazu Solmecke: "Eine Abmahnung erreicht den Empfänger normalerweise per Fax und zur Sicherheit noch einmal mit der normalen Briefpost. So wird sichergestellt, dass der Adressat der Abmahnung das anwaltliche Schreiben auch wirklich erhält. Inzwischen versenden einzelne Kanzleien Abmahnungen auch per Mail. Das LG Hamburg hat dieses Verfahren in einem jetzt veröffentlichten Urteil als rechtsmäßig bezeichnet. Das bedeutet: Abmahnungen sind ab sofort auch per E-Mail möglich."

Abmahnung nur per E-Mail zugegangen, aber von Firewall abgefangen

Der Fall wurde bereits im Juli 2009 vor dem Landgericht Hamburg verhandelt (Urteil vom 07.07.2009, Az.: 312 O 142/09). Dabei ging es um die Frage, ob eine Abmahnung per E-Mail ausgesprochen werden darf und wann diese Mail als zugegangen angesehen werden kann.

Der Sachverhalt des Rechtsstreits war folgender: Der Kläger mahnte ein Internet-Branchenportal wegen der rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Bezeichnung "Fachanwalt für Markenrecht" ab. Die Besonderheit war, dass die Abmahnung einzig und allein per E-Mail an das Branchenportal verschickt wurde. Eine Kopie des Schreibens schickte der Anwalt per Blindkopie an einen Sozietätskollegen. Dort kam die E-Mail auch an. Der Beklagte behauptete allerdings, die E-Mail nicht erhalten zu haben, da sie durch die hausinterne Firewall abgefangen worden sei.

Die Kläger erwirkten eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte. Anschließend stritten die Parteien aber über die Kosten des Verfahrens. Das Landgericht Hamburg entschied, dass die von einer Firewall abgefangene>> E-Mail als "zugegangen" zu beurteilen sei und dass das Risiko, dass eine solche E-Mail verloren gegangen sei, ganz bei dem Abgemahnten läge.

Solmecke: "Dem Gerichtsurteil nach sah das Gericht keine Probleme darin, dass die Abmahnung lediglich per E-Mail versandt worden war. Problematisch in unseren Augen ist, dass das Gericht eine solche Abmahnung auch als zugegangen ansieht, wenn der Empfänger sie aufgrund widriger Umstände gar nicht bewusst wahrgenommen hat. Eine Firewall, ein überaktiver Spamfilter oder ein nicht abgerufener E-Mail-Account reichen da bereits aus, um zu verhindern, dass der Abgemahnte Kenntnis nimmt und Fristen einhalten kann."

Tipp für Geschäftsleute: E-Mail-Post täglich sichten

Die Kanzlei Wilde, Beuger & Solmecke warnt aus diesem Grund vor Abmahnungen, die nur per E-Mail verschickt werden, und rät zumindest allen Geschäftsleuten, ihre E-Mail-Post täglich zu sichten. Das gilt sicherheitshalber auch für den Inhalt des Spamfilters.

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Christian Solmecke, LL.M., ist Rechtsanwalt, Partner in der Kölner Kanzlei Wilde, Beuger & Solmecke und Spezialist für Internetrecht.

Kontakt:

Wilde, Beuger & Solmecke Rechtsanwälte, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672, Köln, Tel.: 0221 951563-23, E-Mail: solmecke@wbs-law.de, Internet: www.wbs-law.de