Übergangsfrist läuft am 31.08.2012 ab

Vorsicht bei Telefon-, Fax- und E-Mail-Werbung

29.06.2012
Was sich durch die Datenschutznovelle für die Werbung ändert, sagen Manfred Wagner und Daniela Wagner.
Telefonwerbung mittels Callcentern ist unter bestimmten Umständen unzulässig.

Aufgrund mehrerer Gesetzesnovellen, insbesondere im Wettbewerbs- und Datenschutzrecht bereits im Jahre 2009, wurden einige Werbeformen wie Telefon-, Fax- und E-Mail-Werbung verbraucherfreundlicher gestaltet und den Unternehmen neue rechtliche Verpflichtungen auferlegt.

Die Änderungen, die im Wettbewerbsrecht gesetzlich festgelegt wurden, waren unmittelbar nach der Novelle im Jahre 2009 umzusetzen, woraufhin viele Unternehmen die Werbemaßnahmen neu gestaltet haben und bereits damit vertraut sind. Zur Erinnerung stellen wir die seit 2009 geltenden Änderungen nachfolgend kurz dar.

Änderungen im UWG

Im Wettbewerbsrecht umfassen die neuen Regelungen u. a. einen Anhang zu § 3 Absatz 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) - die sogenannte Schwarze Liste -, nach der sämtliche, dort aufgeführten Handlungen von vorneherein unzulässig und somit wettbewerbswidrig sind, wie z. B. Lockangebote, als Information getarnte Werbung etc.

Auch die Regelungen für verschiedene Werbeformen haben sich gemäß § 7 UWG geändert. Werbetreibenden Unternehmen wurde u. a. auferlegt, für Telefon-, E-mail- und Fax-Werbung die ausdrücklichen Einwilligungen der Verbraucher vor dem ersten Kontakt zu Werbezwecken einzuholen. Geschieht dies nicht, ist die Werbung unlauter.

Briefwerbung, Briefkastenwerbung

Diese Werbeformen dürfen keine unzumutbare Belästigung gem. § 7 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG darstellen. Dies bedeutet, dass die Werbung grundsätzlich erlaubt ist, allerdings bei erkennbar unerwünschter Werbung dem Empfänger ein Widerspruchsrecht zusteht.

Einmalige Werbung ist gemäß § 7 Abs. 1 UWG grundsätzlich zulässig. Sie ist aber unzulässig, wenn erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. Dies gilt für Werbung an Verbraucher und Unternehmer. Der Adressat hat zudem ein Widerspruchsrecht.

Hartnäckige, also wiederholte Werbung ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG unzulässig, wenn der Verbraucher die Werbung erkennbar nicht wünscht. Hier sind Sperrvermerke oder Eintragungen, z. B. in die Robinson-Liste (Deutscher Direktmarketing-Verband), zu beachten.

Sperrvermerk umfassen Werbeprospekte, Postwurfsendungen, jedoch nicht Werbebeilagen in Zeitungen, adressierte Werbebriefe, die durch die Post zugestellt werden, kostenlos verteilte Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt (z. B. OLG Hamm, Urteil vom 14.7.2011, I-4 U 42/11).

Als Privatbrief getarnte Werbebriefe können gem. § 4 Nr. 3 UWG unzulässig sein; sie sind jedoch zulässig, wenn die Werbung klar erkennbar ist und nur einmal versendet wird.

Keine "hartnäckige" Werbung liegt bei sog. "Ausreißern" vor, d. h., wenn die Zustellerunternehmen auf Beachtung der Sperrvermerke unter Androhung von Sanktionen hingewiesen wurden und dies versehentlich nicht beachtet haben.

Telefonwerbung (Cold Calls)

Auch diese Werbeform ist unzulässig gegenüber Verbraucher ohne ausdrückliche Einwilligung, bei Unternehmer ist sie zulässig bei vermuteter Einwilligung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Keine Einwilligung liegt z. B. vor bei der Telefonnummernbekanntgabe im Rahmen eines Gewinnspiels oder in vorformulierte Erklärungen in AGBs.

Ebenfalls unzulässig ist in diesem Zusammenhang auch die Rufnummernunterdrückung gem. § 102 Abs. 2, 3 TKG (Telekommunikationsgesetz).

Werbung per automatischer Anrufmaschine, Fax, elektronischer Post

Auch diese Werbeformen sind gegenüber Verbrauchern und Unternehmern ohne ausdrückliche, vorherige Einwilligung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG unzulässig.

Unter automatischen Anrufmaschinen versteht man die sog. Lock- oder Pinganrufe, die den jeweiligen Angerufenen zum Rückruf einer kostenpflichtigen Telefonnummer veranlassen sollen. Diese Anrufe sind unzulässig.

Die elektronische Post umfasst E-mail-, SMS-, MMS-Werbung und auch Newsletter sowie Werbeemails über Social Media wie z. B. Facebook. Diese Werbeformen sind ebenfalls ohne vorherige Einwilligungen gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG unzulässig. E-mail-Werbung ist auch unzulässig bei "tell-a-friend-Werbung" und E-cards; zulässig ist sie im Rahmen von kostenfreien E-mail- und SMS-Diensten.

Eine Ausnahme ist allerdings gegeben: Es liegt keine unzumutbare Belästigung bei elektronischer Post gem. § 7 Abs. 3 UWG vor, wenn

- Nr. 1: im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware die E-mail-Adresse erlangt wurde UND

- Nr. 2: der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet UND

- Nr. 3: der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat UND

- Nr. 4: und der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich auf Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen wird.

Datenschutz - Änderungen nach der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes

Auch die Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) wurde bereits 2009 gesetzlich verankert. Allerdings wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.08.2012 festgelegt, bis zu der die Änderungen umgesetzt sein müssen.

Daher ist es nunmehr für alle Unternehmen wichtig, ihre Kundendatenbestände eingehend zu prüfen, ob sie den rechtlichen Anforderungen entsprechen.

Allgemeines

Das BDSG regelt die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch u. a. nicht-öffentliche Stellen (Unternehmen).

Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten nur zulässig aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund der Einwilligung des Betroffenen.

Das Gesetz unterscheidet hierbei nach dem Zweck der Verwendung: Bei Erhebung, Speicherung, Verwendung der Daten für eigene geschäftliche Zwecke ist dies nach den Voraussetzungen des BDSG (§§ 28 ff. BDSG) ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig.

Bei Erhebung, Speicherung, Verwendung für eigene Zwecke, die über den Geschäftszweck hinausgehen (Werbung, Gewinnspiel etc.) ist die Einwilligung des Betroffenen erforderlich.

BDSG-Novelle: Gesetzliche Anforderungen

Wichtigste Neuerungen sind eine umfassende Dokumentationspflicht im Datenschutzrecht und das Erfordernis der ausdrücklichen Einwilligung der Kunden in die Speicherung der Daten zu Werbezwecken und den nachfolgenden Kontakt zu Werbezwecken.

Der Unternehmer muss hierbei den Kunden in einer gesonderten Erklärung über die Speicherung zu Werbezwecken, über den geplanten Kontakt zu Werbezwecken, über das Einsichtsrecht des Kunden in seine Daten und die Möglichkeit eines Widerspruches hiergegen nebst erforderlicher Adresse, wohin der Widerspruch gesendet werden kann, hinweisen. Erst, wenn der Kunde nach freier Entscheidung diese Klausel akzeptiert und die Einwilligung durch seine Unterschrift bestätigt, ist die Einwilligung auch wirksam erteilt worden.

Wie erwähnt, endet die Übergangsfrist am 31.8.2012. Bis dahin muss daher dokumentiert sein, dass

- der Betroffene in die Speicherung der Daten zu Werbezwecken schriftlich eingewilligt hat

- und dass er überhaupt zu Werbezwecken kontaktiert werden darf.

Zudem muss die Einwilligung wirksam erteilt worden sein gem. § 4a BDSG: Danach muss sie

- beim Betroffenen selbst

- aufgrund einer freien Entscheidung des Betroffenen

- unter Hinweis auf den Zweck der Erhebung und Nutzung der Daten

- schriftlich erteilt worden sein.

Ausnahme: Listenprivileg

Eine Ausnahme von dem Erfordernis der vorherigen Einwilligung stellt das sog. Listenprivileg gem. § 28 Abs. 3 BDSG dar. Danach ist die Datenerhebung und -nutzung ohne Einwilligung zulässig, wenn es sich um

- listenmäßig zusammengefasste Daten einer Personengruppe handelt

die Nutzung für eigene Werbezwecke erforderlich ist und

- die Daten aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen entnommen wurden.

Allerdings dürfen nur Angaben über Beruf, Name, Titel, akademischen Grad, Anschrift, Geburtsjahr und Angabe über die Zugehörigkeit des Betroffenen zu dieser bestimmten Personengruppe erfasst werden.

Online-Erhebung der Daten

Bei der Erhebung von Daten im Internet ist die Einwilligung am besten durch eine sog. Double-Opt-In-Lösung zu erheben, bei der der Kunde durch Absenden einer E-mail und Anklicken eines Links in einer Bestätigungsemail seine Einwilligung erteilt.

Konsequenzen bei Rechtsverstößen

Seitens der Verletzten drohen Abmahnungen mit Unterlassungsverpflichtungserklärung (30 Jahre gültig), die immer eine Vertragsstrafe und Kostenerstattung vorsehen. Daneben drohen einstweilige Verfügung und Klage.

Ansprüche bestehen in Form von Unterlassungs-, Auskunfts-, Vernichtungs-, Schadensersatz-, Löschungs- und Kostenerstattungsansprüchen.

Nach strafrechtlichen Vorschriften drohen Freiheits- und Geldstrafen.

Seitens der Behörden ist vornehmlich die Bundesnetzagentur zuständig. Bis Ende Juni 2011 verhängte sie Geldbußen in Gesamthöhe von 4.344.500 EUR.

Darüber hinaus drohen die Sperrung von Daten gem. § 20 BDSG, Strafanzeige, Strafverfahren, Bußgeldverfahren (z. B. Ordnungswidrigkeit bei unerlaubter Telefonwerbung gem. § 20 UWG: Geldbuße bis zu 50.000 EUR; § 43 BDSG: Ordnungsgelder bis 50.000 € bei formalen Verstößen, Ordnungsgelder bis 300.000 € bei unbefugter Datenverwendung)

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass folgende Werbeformen nach den folgenden Gesetzen möglich sind:

UWG:

- Briefkastenwerbung, Briefwerbung: ja; nein, wenn Sperrvermerk

- Telefon: Gegenüber Verbrauchern: Nein, nur mit vorheriger Einwilligung; gegenüber Unternehmern: ja, mit vermuteter Einwilligung

- Fax, E-Mail, Newsletter: nein, nur mit vorheriger Einwilligung

- Social Media: E-Mails: nein, nur mit vorheriger Einwilligung

Datenschutz:

Briefkasten-, Briefwerbung, Telefon, Fax, E-Mail, Newsletter: nur bei ausdrücklicher, schriftlicher Einwilligung

Ausnahme bei Briefkasten- und Briefwerbung: Listenprivileg: dort ja

Social Media: E-Mails: nein, nur mit vorheriger Einwilligung

Dies zeigt, dass der Datenschutz strenger als das UWG ist, daher ist immer eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich!

Die einzelnen Gesetzes schreiben auch unterschiedliche Dokumentationen vor: Nach dem BDSG ist eine schriftliche Dokumentation und eine separate Hinweisklausel erforderlich.

Nach dem UWG ist zwar eine ausdrückliche Einwilligung bezüglich einer bestimmten Werbeform, nicht jedoch die Schriftform erforderlich.

Da das Datenschutzrecht strenger ist, sollten daher alle Einwilligungen schriftlich eingeholt werden.

Insgesamt wird den Unternehmen somit die Erhebung von Daten zu Werbezwecken erschwert, aber dennoch nicht unmöglich gemacht. Wichtig ist, dass die Unternehmen ihre Kundendatenbanken schnellstmöglich den gesetzlichen Vorschriften anpassen, da die Übergangsfrist z. B. im Datenschutzrecht am 31.8.2012 endet und ansonsten Abmahnungen und Bußgelder drohen. (oe)

Der Autor Manfred Wagner ist Rechtsanwalt sowie Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (www.mittelstands-anwaelte.de). Die Autorin Daniela Wagner LL.M. ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz.
Kontakt:
Wagner Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de