Kundenerlebnis schaffen

Warum Fachverkäufer immer wichtiger werden

20.09.2016 von Ingo Vogel
Der Verkäuferberuf erfuhr durch den Siegeszug des Internet zwar einen Wandel, doch seine Bedeutung – speziell im Fachhandel – ist gestiegen.

Heute können die Kunden fast alle Produkte online kaufen - einfach und bequem sowie häufig günstiger als im Fachhandel. Entsprechend lustlos gehen die Verkaufsmitarbeiter vieler Fachhändler ihrem Job nach. Kaum betritt ein Kunde das Geschäft, unterstellen sie ihm: "Der will sich ohnehin nur informieren und dann im Internet kaufen - denn am Ende zählt für ihn nur der Preis."

Machen Sie als Verkäufer den Einkauf der Kunden zum Erlebnis.
Foto: dotshock - shutterstock.com

Zu einer solchen Einstellung und Haltung besteht kein Anlass. Denn der Verkäuferberuf erfuhr durch den Siegeszug des Internet zwar einen Funktionswandel, doch seine Bedeutung stieg. Denn zweierlei kann der Online-Handel nur bedingt:

1. dafür sorgen, dass der Einkauf für den Kunden ein Erlebnis ist. Und:

2. den Kunden bei seiner Kaufentscheidung begleiten und beraten.

Emotionales Erlebnis: Einkauf

Wenn es darum geht, dass der Einkauf für den Kunden zu einem emotionalen Erlebnis wird, spielt der Mensch Verkäufer die zentrale Rolle. Denn ein Computer-Programm kann einen Kunden zwar auch mit einem "Herzlich willkommen" begrüßen - doch nie so persönlich wie ein Verkäufer, der dem Kunden mit einem strahlenden Lächeln gegenüber tritt. Ein Computer-Programm kann sich zwar auch nach den Bedürfnissen des Kunden erkundigen - doch nie so individuell wie ein Verkäufer, der sich tatsächlich für den Mensch Kunden interessiert. Und ein Computer-Programm kann einen Kunden, wenn er sich zum Beispiel für ein Paar Schuhe oder eine Stereo-Anlage entschied, zwar auch loben "Da haben Sie eine gute Wahl getroffen" - doch diese Worte haben von einem Computer-Programm gesprochen eine viel geringere Wirkung, als wenn dies ein Verkäufer sagt, dem der Kunde vertraut.

Verkäufer und Freund zugleich – wie funktioniert das?
Emotionales Verkaufen
Kunden haben bei Produkten und Dienstleistungen meist die Qual der Wahl. Also müssen die Verkäufer sie für sich und ihr Angebot begeistern. Dies gelingt am einfachsten, wenn sie ihnen wie Freunden begegnen und gleichermaßen Verstand und Herz ansprechen. Zehn Tipps dazu.
1. Authentisch sein
Bringen Sie sich vor Kundengesprächen in eine Top-Stimmung. Denn dann sind Sie automatisch glaubwürdig und echt.
2. Sympathie empfinden
Machen Sie sich von Ihren Kunden ein attraktives Bild im Kopf – das beeinflusst Ihr Denken und Verhalten positiv.
3. Spürbar aufmerksam sein
Freuen Sie sich auf den Kunden, suchen Sie das persönliche Gespräch und schauen Sie ihm in die Augen. Achten Sie auf seine Stimmung. Und wenn diese einmal negativ ist? Dann sprechen Sie dies ruhig an. Sagen Sie dem Kunden auch, dass Sie gerne mit ihm zusammenarbeiten und kommunizieren.
4. Echtes Interesse zeigen
Freunde interessieren sich für einander. Also stellen sie sich Fragen. Fragen Sie Ihren Kunden zum Beispiel, wie es ihm geht, was er erlebt hat, was er plant, was er empfindet – so wie Ihre persönlichen Freunde. Dann brauchen Sie nie wieder "Fragetechnik" zu trainieren.
5. Neugierig auf den Menschen sein
Sehen und beachten Sie den Mensch hinter dem Kunden. Welche Besonderheiten, Eigenschaften, Vorlieben, Interessen hat er? Und sprechen Sie diese Punkte auch mal an. Denn jeder Mensch möchte als Person wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Das ist ein Lebensmotiv, nach dem wir alle streben.
6. Persönliche Mails schreiben
Wie schreiben Sie Ihren Freunden? In Ihren Mails an sie steht sicher nicht "Sehr geehrter ..." und "Mit freundlichen Grüßen". Wählen Sie also auch in den individuellen Mails an Ihre Kunden andere Formulierungen. Und bauen Sie in jede Mail mindestens einen persönlichen Satz oder eine ganz persönliche Aussage oder Frage ein.
7. Emotional telefonieren
Jedes Telefonat mit Ihrem Freund "Kunde" sollte ein Erlebnis für ihn sein, auf das er sich freut. Und jedes Telefonat sollte auch das Ziel haben, mindestens einmal zusammen zu lachen und über ein privates Thema zu reden.
8. Etwas mehr tun
Freunde erweisen sich Freundschaftsdienste. Überlegen Sie: Was kann ich für meinen Kunden tun, was Verkäufer sonst nicht tun? Zum Beispiel ab und zu ein Anruf "einfach so" – ohne unmittelbare Verkaufsabsicht. Oder eine persönliche Email zum Urlaub oder Wochenende. Das wirkt!
9. Ratgeber und Unterstützer sein
Geben Sie Ihrem Kunden auch mal einen Rat oder eine persönliche Hilfestellung – auch wenn Sie hiervon nicht direkt profitieren. Denn das zeigt dem Kunden, dass Sie ein echter Freund sind, der sich für sein Wohl interessiert.
10. Den Kunden empfehlen
Warum Kunden immer nur um Weiterempfehlungen bitten? Sagen Sie Ihrem Kunden auch mal, dass Sie ihn gerne weiterempfehlen. Schließlich sind Sie an seinem Erfolg interessiert. Also sollten Sie ihn als Freund hierbei auch aktiv unterstützen.

Einkaufsberater: Verkäufer

Hinzu kommt: Wenn man heute beispielsweise

  1. sein Geld sicher anlegen,

  2. die Heizung seiner Wohnung modernisieren oder

  3. einen neuen, energiesparenden Kühlschrank kaufen

möchte und die entsprechenden Suchbegriffe bei Google eingibt, dann wird man mit oft widersprüchlichen Infos zu diesen Themen nahezu erschlagen. Deshalb wünschen sich viele Kunden beim Kauf erklärungsbedürftiger Produkte einen Einkaufsberater an ihrer Seite, dem sie vertrauen.

Dieser Berater muss selbstverständlich fachlich fit sein. Doch Hand aufs Herz: Können Sie einschätzen, wie fachlich fit der Arzt Ihres Vertrauens tatsächlich ist? Die meisten Kunden können dies nicht. Was sie jedoch bei ihrem Arzt sehr wohl einschätzen können, ist:

  1. Wie viel Zeit nimmt er sich für mich?

  2. Wie genau erkundigt er sich nach meinem Befinden?

  3. Schaut er mir beim Gespräch in die Augen?

  4. Greift er meine Aussagen auf?

  5. Verstehe ich, was er sagt?

Diese Faktoren vermitteln ihnen letztendlich das Gefühl: Diesem Arzt kann ich vertrauen.

Ebenso verhält es sich beim Verkauf erklärungsbedürftiger Produkte und Dienstleistungen. Wie fachlich fit deren Verkäufer sind, können Kunden meist nur bedingt einschätzen. Dasselbe gilt für die Frage: Hat der Verkäufer beim Beraten primär seine Provision oder meine Bedürfnisse vor Augen? Deshalb unterziehen sie die Verkäufer, wenn sie ihnen erstmals begegnen, einem Glaubwürdigkeitscheck. Das heißt, sie entscheiden anhand ihrer Sinneswahrnehmungen: Kann ich dieser Person vertrauen?

Den Glaubwürdigkeits-Check bestehen

Im Alltag nennen wir das Ergebnis dieses Checks "erster Eindruck". Drei Faktoren werden vom Gehirn des Kunden beim Glaubwürdigkeitscheck des Verkäufers in Sekundenschnelle auf ihre Stimmigkeit hin überprüft:

1. Wie verhält sich der Verkäufer (Körpersprache, Mimik, Gestik)?

2. Wie klingt er (Stimme)? Und:

3. Was sagt er (Sprache, Worte)?

Nur wenn die verbale und non-verbale Ausstrahlung eines Verkäufers den Kunden überzeugen, schaltet er seine Alarmsysteme aus und öffnet sich. Das heißt: Er teilt dem Verkäufer seine Wünsche und Bedürfnisse sowie Ängste und Bedenken mit. Also kann dieser mit dem Kunden auch eine passende Lösung suchen, die diesen sozusagen glücklich macht. Deshalb empfiehlt er das Geschäft nicht nur weiter, er wird auch selbst ein treuer Kunde. Hierfür zu sorgen, das ist die Aufgabe eines Fachverkäufers heute. (OE)

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