Webbasiertes Management

Warum Microsoft Project 2010 empfehlenswert ist

03.06.2010 von Sven Hausen und Stefan Haffner
Mit SharePoint als Basis und einer Excel-ähnlichen Bedienung lockt Microsoft auf die neue Version "Project 2010". Dabei hat Microsoft gegenüber dem Vorgänger große Fortschritte gemacht, lässt jedoch auch Spielraum für zukünftige Verbesserungen.

Mit SharePoint als Basis und einer Excel-ähnlichen Bedienung lockt Microsoft auf die neue Version "Project 2010". Dabei hat Microsoft gegenüber dem Vorgänger große Fortschritte gemacht, lässt jedoch auch Spielraum für zukünftige Verbesserungen.

Projekt-Management-Experten und Entscheider dürften gespannt auf die Markteinführung von Microsoft Project 2010 im ersten Halbjahr des kommenden Jahres blicken. Wesentliche Neuerungen für Projektleiter sind die weitreichende Flexibilisierung der Projektplanung in Form einer fast schon Excel-artigen Herangehensweise, sowie die vollständige Überarbeitung der Menüführung im Project Client.

Eine starke Verbesserung liegt bei den Funktionen zum Portfolio-Management, wozu zusätzlich die längst überfällige Integration dieser Komponenten in den Project Server erfolgt ist. Auch die neuen Funktionen zur Definition von bereichs- oder abteilungsbezogenen Projekttypen kommen der zunehmenden Projektorientierung in Unternehmen sehr entgegen.

Massiv umgebaut wurde das Berichtswesen - hier setzt Microsoft neuerdings stark auf Web-gestützte Excel-Funktionen (Excel Services), sowie das erweiterte Reporting anhand von BI-Komponenten der PerformancePoint Services. Dies alles basiert immer auf dem SharePoint Server.

Der Project Client - fast eine Revolution

Der Project Client, auch im Stand-alone-Einsatz, wartet mit den umfangreichsten Neuerungen seit der Version Project 98 auf. Am offensichtlichsten ist der Umstieg auf das in Office 2007 eingeführte neue Bedienungskonzept.

Premiere in MS Project: Die neue Ribbon-Benutzeroberfläche.

Es lehnt sich an die so genannte Ribbon-Technik an, die bereits vorher in Excel, Word und Powerpoint eingeführt wurde. Ob die neue Menüführung gegenüber der altbekannten intuitiver und einfacher ist, wird sich in der Praxis noch beweisen müssen. Sicher ist, dass auch erfahrene Anwender sich umgewöhnen und einarbeiten müssen. Der Schulungs- und Qualifizierungsbedarf für den Project Client, oft unterschätzt bei der Einführung, bleibt also ein wichtiges Kriterium. Aber er fällt mit der neuen Oberfläche deutlich geringer aus als früher, besonders für Einsteiger. Konsequent und gelungen ist die einheitliche Anwendung des Bedienungskonzepts für alle Komponenten. Microsoft präsentiert endlich ein durchgängiges Look and Feel, unabhängig davon, ob der Anwender im Project Client oder im Browser mit dem Project Server arbeitet.

Die Timeline-Ansicht: Management-Reporting auf Knopfdruck.

Auch beim Management dürfte Freude aufkommen, denn bislang mussten sich Entscheidungsträger in die Feinheiten von Projektplänen einarbeiten. Für Übersichten und Präsentationen sehr vielversprechend: Die neue "Timeline-View" ermöglicht die Darstellung ausgewählter Vorgänge und Meilensteine auf einem Zeitstrahl. Projektleiter bereiten mit dieser Funktion auf einfache Art aggregierte Übersichten zum Projektverlauf direkt auf - auch bei komplexen oder verschachtelten Projektplänen. Endlich kann der Projektleiter kalkulierte Projektergebnisse wie Projektphasen und Meilensteine Management-gerecht aufbereiten. Die Zeiten, in denen Projektpläne aufwendig in Powerpoint (nach)gezeichnet wurden, sind damit wohl vorbei.

Projektplanung wie in Excel

Anpassungsfähig: Die mit Pinned Tasks eingeführte Flexibilität bei der Planung sprengt die üblichen Praktiken im professionellen Projekt-Management und dürfte so manchen zertifizierten Projekt-Manager einige Nerven kosten.

Ist Excel der größte Freund oder Konkurrent von Microsoft Project? Wie auch immer: Project hat in der neuen Version viele Eigenschaften von Excel übernommen. Die Devise lautet "Vom einfachen Excel-artigen Einstieg zu professionellen Projektplänen". So genannte Pinned Tasks, bildlich gesprochen so etwas wie festgesteckte Vorgänge, ermöglichen die gezielte Deaktivierung der internen Project-Berechnungslogik durch den Anwender. Diese Änderung kommt einer kleinen Revolution gleich, und zertifizierte Projekt-Manager schreien womöglich laut auf, denn dies entspricht nicht den Praktiken des professionellen Projekt-Managements. Die Termin- und Ablaufplanung soll schließlich auf Basis von Zeitdauer und Verknüpfungen sowie anhand der Verfügbarkeit von Ressourcen berechnet werden.

Aber es gibt sicher auch viele gute Gründe, warum eine solche "freie" Planung sinnvoll ist. In der Vergangenheit stellte die automatische Integration von Ablaufmodellierung, Terminrechnung, Aufwandsplanung und Ressourcenzuweisung für einige Anwender eine Hürde dar. Die starke Orientierung der Planungssystematik an einer typischen Excel-Planung reduziert solche Einstiegshindernisse.

Der Project Server - eher Evolution

Auf einen Blick: Business Intelligence und Projekt-Reporting mit Project 2010.

Im Unterschied zur Vorgängerversion basiert Project Server 2010 technisch nicht auf einer kompletten Neuentwicklung. Und das ist auch gut so. Weitreichende Tests bis hin zur Integration mit Drittprodukten wie SAP (CS Connect) zeigen, dass man mit Version 2010 eine deutlich höhere Stabilität und Performance erwarten kann, als dies im ersten Release 2007 der Fall war. Doch auch funktional bietet Project Server 2010 interessante Neuerungen. Die erweiterten Funktionen zur Web-basierenden Projektplanung unterstützen das verteilte Arbeiten an Projektplänen. Planer und Manager auch von größeren Projekten bearbeiten Anpassungen an den Projektplänen nun auch im Browser. In diesem Anwendungsfall entfällt die Nutzung beziehungsweise Installation des Project Client. Das dürfte IT-Controller mit Blick auf Sparpotenziale im Bereich Lizenzkosten und Softwareverteilung erfreuen.

Komplett neu wurde dagegen das Projekt-Reporting im 2010-Release implementiert - Business Intelligence (BI) für Projekte, so könnte man das neue Paradigma nennen. Die alten Office Web Components gibt es nicht mehr. Damit entfällt auch der Bedarf, sie auf jedem Rechner auszurollen. Microsoft bedient sich bei der neuen Version aus den verschiedenen BI-Komponenten des SQL Server und des SharePoint Server. Datenquellen sind die Reporting-Datenbank sowie die verschiedenen OLAP-Cubes des Project Server. Für die Darstellung von Berichten wird auf Excel und Excel-Services als Frontend beziehungsweise auf die PerformancePoint Services sowie die SQL Reporting Services zurückgegriffen. Damit kann auch ein Projektassistent schnell und einfach Berichte erstellen und dem Projektteam zur Verfügung stellen.

Was BI betrifft, hat der Project Server durch die Nutzung von SharePoint Server als Basis viele Vorteile. Allerdings bewirkt der Rückgriff auf den SharePoint Server auch eine Einschränkung: Es wird zwingend notwendig, für Project Server 2010 den SharePoint Server 2010 Enterprise Edition zu verwenden und die dafür erforderlichen Lizenzen zu erwerben. Angesichts der rasanten Ausbreitung von SharePoint dürfte dies kein echtes Hindernis für den Project Server 2010 sein.

Integriertes Portfolio-Management

Mobil: Projektplanung ist jetzt auch im Browser möglich.

Eine der wichtigsten Neuerungen überhaupt ist die schon seit langem geforderte Prozessintegration von Projekt- und Portfolio-Management. Mit der neuen Version werden die entsprechenden Funktionen nun zu einem Produkt verschmolzen - der Portfolio Server verschwindet damit als eigenständiges Tool vom Markt. Über diese Fusion kann Microsoft nun endlich auch die Portfolio-Management-Funktionen in dem haustypischen Look and Feel präsentieren - das Fehlen dieser Möglichkeit war bislang ein wesentlicher Kritikpunkt am Portfolio Server.

Analog zum bisherigen Portfolio Server beginnt das Portfolio-Management mit dem Erfassen von Projektideen. Sowohl diese Sammlung als auch der dahinterliegende Workflow können dabei komplett an individuelle Unternehmensbedürfnisse angepasst werden. Nach der Erfassung von Projektideen kommt die Optimierung, um so auf Grundlage der zuvor eingestellten Nutzenkriterien zu einem möglichst zielführenden Portfolio zu gelangen. Leider ist es bei der Erfassung und Optimierung nicht möglich, Projektkosten oder Projekterträge sehr detailliert zu berücksichtigen. Microsoft bietet immer nur die Erfassung von Gesamtwerten an. Dies wird nicht für alle Anwendungszwecke ausreichen.

Im Anschluss an die Portfolio-Optimierung kann auch geprüft werden, ob für die Projekte genügend Ressourcen vorhanden sind. Diese neuen Funktionen sind gerade in Zeiten knapper Ressourcen wichtig. So wird Project 2010 auch beim Management punkten, das nun besser vorbereitet über die Freigabe und Budgetierung der Projekte entscheiden kann.

Was noch vermisst wird

Trotz aller beachtlichen Neuerungen lässt Project 2010 auch so manchen Wunsch von Projektverantwortlichen offen. So zum Beispiel:

Abzuwarten bleibt, in welchem Ausmaß neue Projekte mit laufenden Projekten und ihre Ressourcen in der Portfolio-Optimierung vollständig abgeglichen werden. Gegebenenfalls müssen hier Kompromisse zwischen einer durchgängigen Top-down- und einer Bottom-up-Planung eingegangen werden.

Fazit

Mit der neuen Version schafft Microsoft einen großen Sprung zwischen Revolution und Evolution. Gerade der Einstieg in das Tool-unterstützte Projekt-Management wird jetzt deutlich leichter. Die Neuerungen im Project Client werden vielen Gelegenheitsprojektleitern den Umstieg von Excel auf Project schmackhaft machen. Profis freuen sich über die Aufwandsreduzierung in der täglichen Arbeit, die viel Zeit sparen und Nerven schonen wird. "Weniger verwalten, mehr projektieren" lautet die Maxime für 2010.

Auch im bereichs- oder unternehmensweiten Einsatz des Project Servers hat sich viel getan. Dabei wird sich noch zeigen, ob die Vielfalt der Funktionen immer benötigt wird. Auf jeden Fall werden alle projektrelevanten Ziel- und Nutzergruppen adäquat eingebunden. Das neue Project ist eine sehr gelungene Antwort auf die Frage nach professioneller Projektunterstützung. Der eigentliche Erfolgsfaktor im Projekt-Management sind aber die richtig motivierten und qualifizierten Mitarbeiter - eine Software kann hier nur bestmöglich unterstützen. (Computerwoche.de) (wl)

(Dieser Artikel beruht auif eienr Publikation unserer Schwesterzeitung Computerwoche. Die Autoren sind Stefan Haffner und Sven Hausen. Sie sind Mitarbeiter des Microsoft-Partners Campana & Schott,)