Private Krankenversicherung - ein teures Vergnügen

Warum Privatpatienten oft nichts zu lachen haben

14.11.2008
Privatpatient zu sein, das bedeutet kürzere Wartezeiten beim Arzt, Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus - aber leider oft auch viel Ärger. Deshalb sollte der Abschluss einer privaten Krankenversicherung gut überlegt sein, raten die Experten der Stiftung Warentest.

Privatpatienten müssen Rechnungen erst mal selber zahlen. Erst danach können sie sich das Geld von den Versicherungen zurückholen. Doch die zeigen sich mitunter zickig und prüfen Arztrechnungen genau: Hier eine angeblich überflüssige Therapie, dort eine zu teure oder medizinisch umstrittene Behandlung - schon werden Posten gestrichen und die Erstattung gekürzt. Oder der Sachbearbeiter findet etwas im Kleingedruckten.

Die Stiftung Warentest nennt hierzu ein Beispiel: Einer jungen Frau wurden vier Weisheitszähne gezogen. Die Vollnarkose zahlte die Versicherung - aber nur als "ambulante Heilbehandlung", nicht als Zahnoperation, weil die Narkose eine ärztliche Leistung sei und daher nach der Gebührenordnung für Ärzte abzurechnen. Schlecht für die Kundin: In ihrem ambulanten Tarif musste sie eine Selbstbeteiligung zahlen, im Zahntarif nicht. Die Frau wandte sich an den Ombudsmann und bekam recht: Es komme auf die Behandlung an, nicht auf die Gebührenordnung.

Unzufriedenheit wächst

"Besonders in den vergangenen zwei Jahren gab es einen extremen Anstieg der Beschwerden", berichtet Rotraud Mahlo von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Die Kunden sitzen dann, so die Expertin, zwischen Baum und Borke: Hier der Arzt, da die Versicherung. Sie können nicht - wie Kassenmitglieder - ohne Gebühren vorm Sozialgericht klagen, sondern müssen zum Zivilgericht. Aber weil es oft nur um kleine Beträge geht, riskieren viele keinen Prozess. "Höchstens fünf Prozent wehren sich", schätzt der Versicherungsmathematiker Peter Schramm. "Da sparen die Unternehmen Millionen."

Oft kann der Ombudsmann für die private Krankenversicherung weiterhelfen: Postfach 06 02 22 in 10052 Berlin, Tel.: 01802 550444 (sechs Cent pro Anruf), Internet: www.pkv-ombudsmann.de. Das Verfahren ist kostenlos, die Entscheidung für die Versicherer bis 5 000 Euro Streitsumme bindend. Arbeit hat der Ombudsmann genug. Im vergangenen Jahr gingen fast 4 000 Beschwerden ein. Wer Schreibkram scheut, kann sich also mit einer privaten Krankenversicherung auf einiges einstellen.

Ein teures Vergnügen

Teuer ist das Ganze außerdem: Zwar werben einige Gesellschaften neue Kunden mit attraktiven Prämien, doch niemand weiß, wie hoch die Beiträge im Alter steigen - sicher ist nur, dass sie steigen werden. Lediglich Beamte fahren bei den Privaten dauerhaft günstiger als in der Krankenkasse. Ansonsten lohnt der Wechsel allenfalls für junge, gut verdienende, gesunde Männer unter 40 Jahren, die keine Familie haben.

Privat versichern können sich Beamte und Selbstständige; Arbeitnehmer dürfen nur wechseln, wenn ihr Einkommen drei Jahre über der Versicherungspflichtgrenze liegt: 2008 waren das 48 150 Euro.

Im Gegensatz zur Krankenkasse können Privatversicherte selbst entscheiden, welche Leistungen sie möchten. Folgendes sollte unbedingt versichert sein:

- Zweibettzimmer mit Chefarztbehandlung im Krankenhaus

- Psychotherapie im Krankenhaus für 20 Behandlungstage im Jahr

- ambulante Psychotherapie für 20 Sitzungen im Jahr

- Krankentransport vom und zum Krankenhaus bis 100 Kilometer

- Arzt- und Zahnarzthonorare bis zum Höchstsatz (3,5-fach) der Gebührenordnungen; Tarife, die noch mehr erstatten, kommen sogar für teure Spezialisten auf

- Zahnersatz und Inlays zu 65 Prozent, Zahnbehandlungen zu 90 Prozent

- Vorsorge wie bei den Krankenkassen

- Heilmittel wie Massage zu 75 Prozent, rezeptpflichtige Arzneimittel, Sehhilfen ab 0,5 Dioptrien, Hilfsmittel zu 75 Prozent, mindestens für Krankenfahrstühle, Prothesen, Stützapparate oder Hörgeräte

Krankentagegeld brauchen Angestellte, falls sie nach der Lohnfortzahlung weiter krank sind. Wie lange die Lohnfortzahlung läuft, erfragen Angestellte bei ihrem Arbeitgeber. Oft sind es 42 Tage. Dagegen sollten Selbstständige Tagegeld schon ab dem 22. Krankheitstag abschließen. Beamte brauchen das nicht, weil ihre Bezüge weiterlaufen.

Tarife ohne Selbstbehalt sind teuer. Arbeitnehmer müssen den Selbstbehalt voll selber zahlen, der Arbeitgeber beteiligt sich daran nicht. Für Beamte lohnt ein Selbstbehalt nicht, der Aufwand steht in keinem Verhältnis zur möglichen Ersparnis. (oe)

Quelle: www.test.de

Interessierte können sich von der Website der Stiftung Warentest einen Fragebogen herunterladen, ausfüllen und sich das für sie beste Angebot ausrechnen lassen. www.test.de//themen/versicherung-vorsorge/meldung/-Private-Krankenversicherung