"Flash-Hersteller lieben uns"

Warum Seagate keine Angst vor SSDs hat

28.02.2011 von Thomas Hafen
Wenn es um den schon oft vorhergesagten "Tod der Festplatte" geht, gibt sich Bernd Breinbauer, Sales Director Central Europe bei Seagate Technology, tiefenentspannt:

Wenn es um den schon oft vorhergesagten "Tod der Festplatte" geht, gibt sich Bernd Breinbauer, Sales Director Central Europe bei Seagate Technology, tiefenentspannt: "Die Festplatte wird nicht von Flash verdrängt - im Gegenteil: die HDD-Hersteller werden die besten Kunden der Flash-Anbieter werden." Und nicht nur das: Festplatten würden auch wieder teurer, glaubt Breinbauer, denn die Differenz zwischen Nachfrage und Angebot wird immer größer: "Der Kapazitätsbedarf wächst jährlich um 54 Prozent, die Speicherdichte der Festplatten jedoch nur um 36 Prozent."

Für das riesige Datenwachstum fehlten den Flash-Anbietern außerdem die Kapazitäten. Im Jahr 2012 werden die Festplattenhersteller voraussichtlich 700 Exabyte - das sind 700 Millionen Terabyte liefern - Flash-Hersteller gerade einmal 11 Exabyte. Allein um den Notebook-Markt abzudecken, müssten Flash-Anbieter 250 Milliarden Dollar in neue Fertigungsstätten investieren, rechnet Breinbauer vor.

Und noch etwas spricht gegen die schnelle Ablösung der HDD durch die SSD: der Smartphone-Boom. "Im Smartphone-Markt verdienen die Flash-Hersteller richtig Geld", sagt Breinbauer. Flash-Bausteine wandern also viel eher in die kleinen mobilen Endgeräte als in Notebooks und PCs.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Seagate auf Hybrid-Festplatten setzt.

Hybrid hat Zukunft

Der Seagate-Chef glaubt deshalb nicht an den baldigen Siegeszug der SSD - wohl aber an den von Flash als Teil einer Hybrid-Festplatte. Mit der Momentus XT ist Seagate im vergangenen Jahr in diesen Markt eingestiegen. Die ersten Hybrid-Festplatten kamen schon 2007 auf den Markt, doch sie kämpften mit technischen Problemen und erwiesen sich als Ladenhüter.

Nun ist die Zeit reif für die Zwitter-Speicher, glaubt Breinbauer, was die HDD-Hersteller - bei 700 Millionen ausgelieferter HDDs pro Quartal -wie erwähnt zu guten Kunden der Flash-Industrie machen würde.

Noch verkauft sich die Momentus XT allerdings verhalten, wie Breinbauer zugibt: "Wir sehen ein Wachstum im Hybrid-Markt, es könnte aber besser sein." Bei der Vermarktung setzt Seagate auf den Channel: "Eine Hybrid-Festplatte ist ein erklärungsbedürftiges Produkt, dafür brauchen wir den Fachhandel." Mit einem Umsatzanteil von 60 Prozent spielt der indirekte Kanal in Europa im Übrigen eine weit größere Rolle, als dies die weltweiten Zahlen vermuten lassen. Laut Jahresbericht für das Fiskaljahr 2010 sank der Anteil der Distribution am Gesamtumsatz von Seagate im Vergleich zum Vorjahr um sechs Punkte auf 21 Prozent, während das OEM-Geschäft von 64 auf 71 Prozent stieg.

Der Performance-Gewinn von 20 bis 40 Prozent bei der Momentus XT gegenüber herkömmlichen Festplatten rechtfertige den Mehrpreis, so Breinbauer weiter: "Wenn 1.000 Mitarbeiter ihre Rechner in vier statt in sechs Minuten booten können, ist das ein enormer Produktivitätsgewinn."

Unsere Kollegen vom TecChannel kamen bei ihrem Test allerdings zu einem gemischten Ergebnis, was die Boot-Geschwindigkeit der Hybrid-Festplatte betrifft. Bei einem frisch installierten Windows-Betriebssystem konnten weder die Momentus XT noch eine reine SSD-Lösung nennenswerte Vorteile gegenüber einer Magnetplatte erzielen. Die Unterschiede in der Bootzeit lagen im Bereich weniger Sekunden. Nur wenn nach dem eigentlichen Bootvorgang per Autostart noch viele Applikationen gelauncht werden, ist das Hybrid-System deutlich schneller.

Im Sysmark-Test erreichte das Hybrid-Laufwerk eine um 11 Prozent bessere Performance als das Schwestermodell Momentus 7200.4, das ohne Flash-Anteil auskommen muss. Die schnellste SSD war dagegen um 24 Prozent leistungsfähiger. (haf)