Kaufargumente finden

Warum sollten Kunden ausgerechnet bei uns kaufen?

06.11.2013 von Bernhard Kuntz
Vor dieser Frage stehen Marketingmanager regelmäßig, wenn sie Werbebriefe oder Prospekte konzipieren. Die Antwort hierauf fällt ihnen oft schwer – weil sie kein Alleinstellungsmerkmal ihres Unternehmens oder Produkts finden.
Verkäufer brauchen überzeugende Argumente, warum Kunden gerade ihr Unternehmen um ein Angebot bitten oder ihm einen Auftrag erteilen sollten.
Foto: MEV Verlag

Händler, Dienstleister und Berater stehen bei ihrer Arbeit regelmäßig vor der Frage: Wie überzeugen wir unsere potenziellen Kunden davon, dass sie gerade unser Unternehmen kontaktieren sollten? Oder unser Produkt kaufen sollten – und nicht das der Mitbewerber?

Denn ganz gleich in welcher Branche ihr Unternehmen aktiv ist: Es hat stets Mitbewerber, die ebenfalls um lukrative Aufträge buhlen – Mitbewerber zudem, die häufig sogar etablierter, günstiger oder innovativer sind. Also brauchen die Marketiers überzeugende Argumente, warum die Zielkunden gerade ihr Unternehmen um ein Angebot bitten oder ihm einen Auftrag erteilen sollten. Sonst können sie weder Werbebriefe verfassen noch Broschüren konzipieren, die die gewünschte Wirkung erzielen. Und auch in Verkaufsgesprächen kommt man ohne überzeugende Kaufargumente nicht weit.

Das Formulieren solcher Kaufargumente fällt Marketingmenschen oft schwer. Denn je länger sie hierüber nachdenken, umso bewusster wird ihnen in der Regel: Unsere Mitbewerber sind auch nicht schlecht. Ihre Produkte sind gut. Auch ihr Service ist passabel. Und ihre Preise sind sogar noch etwas niedriger als unsere. Deshalb fragen sie sich zuweilen selbst: Warum sollten sich unsere Kunden gerade für unser Unternehmen und seine Produkte begeistern?

Das Alleinstellungsmerkmal gibt es zumeist nicht

Eine Ursache hierfür ist: Viele Marketiers suchen oft, wenn es um das Formulieren der Kaufargumente geht (auch verführt durch sogenannte "Marketingpäpste"), nach dem USP (von Englisch "Unique Selling Proposition") – also dem einen Merkmal, das ihr Unternehmen oder Produkt von allen Mitbewerbern beziehungsweise Konkurrenzprodukten unterscheidet. Und ernüchtert stellen sie dann fest: Dieses "Alleinstellungsmerkmal" gibt es nicht!

Und wenn doch, dann lässt sich hierauf keine längerfristige Marketingstrategie aufbauen – zum Beispiel, weil die Mitbewerber das aktuelle Alleinstellungsmerkmal im Servicebereich spätestens in einem halben Jahr kopiert haben. Oder weil sie in drei, vier Monaten den Vorsprung im technischen Bereich oder beim Design eingeholt haben.

Ein konkretes Bild entwerfen

Der Versuch, einen USP beziehungsweise ein Alleinstellungsmerkmal zu formulieren, gleicht vielfach dem Versuch, eine Person mit einem Satz zu beschreiben. Es geht nicht! Das sei an einem Beispiel illustriert. Nehmen wir an, ein Bekannter von Ihnen möchte Sie einem Freund beschreiben. Sagt er zu ihm nur "Der Hans ist 1,80 groß", dann entsteht im Kopf des Gegenübers noch kein konkretes Bild. Denn Männer dieser Größe gibt es viele. Anders ist dies, wenn Ihr Bekannter zudem sagt: "Der Hans hat BWL studiert, ist ein kommunikativer Typ, hat stets ein Lächeln auf den Lippen, ist ein absoluter USA-Fan ..." Dann entsteht allmählich ein Bild.

Ähnlich verhält es sich mit Unternehmen und Produkten. Erst wenn man mehrere Merkmale von ihnen kombiniert, gewinnen sie in der Regel Profil (im Markt) und werden im Idealfall einzigartig und unverwechselbar.

Auf der nächsten Seite geht es u.a. darum, wie man aus Fakten Argumente ableiten kann.

Die wichtigsten Fragen im Kundengespräch
Suggestivfrage
Beispiel: "Sie wollen doch sicherlich auch ...?"

Antwort: Ja! Stark manipulierend, kein Nein zulassend

Nutzen: Bitte äußerst sparsam verwenden.
Geschlossene Frage
Beispiel: "Gefällt Ihnen das Produkt?"

Antwort: Ja oder Nein, wenig Information

Nutzen: Nur zum Herbeiführen von (Teil-)Entscheidungen verwenden.
Alternativfrage
Beispiele: "Wollen Sie lieber ....oder ...?", "Passt es Ihnen besser am ... oder am ...?"
Antwort: bewegt sich innerhalb eines Korridors
Nutzen: beschleunigt Entscheidung bzw. führt diese hierbei, gibt dem Kunden das Gefühl "Ich entscheide ..."
Bestätigungsfrage
Beispiele: "Sehen Sie das genauso?", "Haben Sie sich das so vorgestellt?"
Antwort: Ja oder Nein, Zustimmung oder Ablehnung
Nutzen: führt Teilentscheidungen herbei, ideal um Einwände zu vermeiden
Offene (Informations-)Frage
Beispiele: "Was erwarten Sie von einem guten…"; "Wie meinen Sie das?"
Antwort: (mindestens) ein vollständiger Satz
Nutzen: ideal zum Gewinnen von Informationen, Schaffen von Klarheit, Klären von "Bedenken"
Wer fragt, der führt
Das gilt besonders in Verkaufgesprächen, wenn es darum geht, Klarheit zu schaffen und Entscheidungen herbeizuführen. Verkäufer müssen deswegen in jeder Situation und an jeden Kunden die passenden Fragen stellen. Und diese lassen sich oft ganz einfach formulieren, wie ein paar Beispiele auf den folgenden Seiten zeigen.

Aus Fakten Argumente ableiten

Also lautet die Aufgabe eines Marketingmanagers, die Merkmale zu ermitteln, die in der Kombination ein unverwechselbares Profil ergeben. Doch dies allein genügt nicht. Denn das Profil soll ja nicht nur unverwechselbar, sondern auch attraktiv sein. Dies wird es erst, wenn man aus den einzelnen Merkmalen die Vorteile für den Kunden – also Kaufargumente – ableitet.

Warum dies wichtig ist, sei erneut an einem Beispiel illustriert. Nehmen wir an, Sie sind ein männlicher Single und möchten eine Frau, deren Kontaktanzeige Sie neugierig machte, für ein Date mit Ihnen erwärmen. Dann könnten Sie ihr zum Beispiel aufs Band sprechen: "Ich bin 1,92 m groß". Dies wäre jedoch nur ein Fakt. Zu einem "Kaufargument" wird dieses Fakt erst, wenn Sie daraus ableiten: "Deshalb würde ich als dein Freund, wenn wir auf eine Party oder in einen Club gingen, sofort wahrgenommen." Oder nehmen wir an, Sie sind ein "kommunikativer Typ". Dann könnte das hieraus abgeleitete Kaufargument lauten: "Deshalb wirst du dich mit mir nie langweilen".

Entsprechendes gilt für die Merkmale eines Unternehmens oder Produkts. Deren nüchterne Aufzählung motiviert Kunden in der Regel nicht zum Kauf oder zur Kontaktaufnahme. Anders ist dies, wenn Sie aus den Fakten kundenbezogene Nutzen- oder Kaufargumente ableiten.

Hierfür erneut ein Beispiel. Nehmen wir an, Ihr Unternehmen produziert seit 20 Jahren Kopierer. Dann könnte das abgeleitete Kaufargument lauten: "Entsprechend ausgereift und zuverlässig sind unsere Geräte, weshalb Sie keine Probleme mit der Wartung haben."

Oder nehmen wir an, Ihr Unternehmen hat Niederlassungen in ganz Deutschland. Auch dies wäre zunächst nur ein Fakt. Ein abgeleitetes Kaufargument könnte sein: "Entsprechend schnell sind unsere Servicetechniker bei Ihnen, wenn – wider alle Erwartung – mal Probleme auftauchen".

Tipps für Preisverhandlungen
Zugeständnisse auf Verkäuferseite (II)
- Boni genehmigen
- Leistungen / Service ohne Berechnung zustimmen
- Lieferbedingungen anpassen
- Zahlungsbedingungen anpassen
Zugeständnisse auf Verkäuferseite (I)
- Sonder-Nettopreise anbieten
- Paketpreisen zustimmen
- Naturalrabatte anbieten
Zugeständnisse auf Kundenseite (III)
- Anwenderbericht als Autor / Referent verfassen
- gemeinsame Präsentationen (auf Messen, bei potenziellen Neukunden) durchführen
- aktive Weiterempfehlungen aussprechen
Zugeständnisse auf Kundenseite (II)
- Auditierung / Listung genehmigen
- technischen Alternativen / Sonderanfertigungen zustimmen
- Bestellmengen, -rhythmus verändern
Zugeständnisse auf Kundenseite (I)
- größere Mengen abnehmen
- weitere Produkte abnehmen
- Abrufaufträgen zustimmen
Vorbereitungen im Vorfeld
In Preisverhandlungen können Sie umso flexibler agieren, je mehr Verhandlungsmasse Sie haben. Überlegen Sie deshalb im Vorfeld, welche Zugeständnisse Sie machen könnten und was Ihnen der Kunde im Gegenzug bieten könnte.

Ein paar Beispiele.

Überlegen: Welches Argument passt wo?

Solche Kaufargumente zu entwickeln und diese den Zielkunden einzutrichtern – sei’s mittels Werbebriefen, Anzeigen oder Broschüren – ist eine der Kernaufgaben. Doch dies allein genügt nicht. Alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt müssen die Kaufargumente verinnerlicht haben, damit sie diese in Kundengesprächen locker und gezielt einsetzen können.

Dabei sollten Sie (und Ihre Kollegen im Vertrieb) jedoch bedenken: Nicht jedes Kaufargument zieht bei allen Kunden(-gruppen) gleichermaßen. Also gilt es aus der Sammlung von Kaufargumenten stets die herauszupicken, die für den jeweiligen Kunden oder die jeweilige Kundengruppe relevant sind. Und teilweise müssen aus denselben Produkt- oder Unternehmensmerkmalen sogar unterschiedliche Kaufargumente abgeleitet werden.

Warum? Das sei erneut an einem Alltagsbeispiel illustriert. Nehmen wir an, Sie sind ein kommunikativer Typ. Dann kann die Aussage "Deshalb wird es dir mit mir nie langweilig" zwar durchaus "ziehen", wenn Sie eine Person fürs erste Date gewinnen möchten. Anders wäre dies jedoch in einem Bewerbungsgespräch. Dort sollte das abgeleitete Kaufargument eher lauten: "Deshalb finde ich schnell einen Draht zu Ihren Kunden".

Entsprechendes gilt für die Kaufargumente, die Sie bezogen auf Ihr Unternehmen und seine Produkte formulieren. Sie müssen glaubhaft, das heißt belegbar, sein – also aus realen Merkmalen Ihres Unternehmens oder Produkts abgeleitet sein. Sie sollten sich zudem auf ein konkretes Bedürfnis der anvisierten Zielgruppe beziehen. Sonst erzielen sie nicht die gewünschte Wirkung. (tö)

Der Autor Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt. Er ist u.a. Autor der Marketing- und PR-Ratgeber "Die Katze im Sack verkaufen", "Fette Beute für Trainer und Berater" sowie "Warum kennt den jeder?" (Telefon: 06151/896 59-0; E-Mail: info@die-profilberater.de; Internet: www.die-profilberater.de).